In den siebziger Jahren sorgten Klimatisierungsanlagen, elektrische Fensterheber und Sitzverstellungen, Alarmsysteme und aufwändige
Audioanlagen ebenso für eine regelrechte „Kabelexplosion“ im Bordnetz wie Antiblockier-, Antischlupf- und Rückhaltesysteme. Es folgten komplexe Motorsteuerungen für die Reduzierung von Abgasemissionen und Kraftstoffverbrauch. Im Jahr 1997, also 70 Jahre nach dem ÖV4, addierte sich der Materialaufwand in einem
Volvo V70 auf rund 1.200 Meter Kabellänge, 54 Sicherungen und 20 Steuergeräte. Gleichzeitig stiegen durch den Einsatz der elektrischen Zusatzfunktionen Gewicht und Platzbedarf, von längeren Einbauzeiten und -kosten ganz abgesehen.
Heute kommunizieren Steuergeräte untereinander in der Computersprache, während sie ihre Bauteile seriell – also in Form von Impulsfolgen – steuern. Diese serielle Kommunikation ermöglicht eine besonders schnelle Übertragung verschiedener Informationen und Steuerbefehle in beide Richtungen. Dies bedeutet mehr Geschwindigkeit und Leistungsfähigkeit gegenüber konventionellen Setuersystemen. Während in konventionellen elektrischen Anlagen für jede einzelne Funktion separate Steuergeräte und – aufgrund der unterschiedlichen Art der Kommunikation und der Datenübermittlung – eigene Kabelverbindungen, Relais und Stromkreise erforderlich sind, besteht das
Volvo Multiplex-System aus einem CAN-Netzwerk (Controller Area Network). Dabei wird die zur Komponentensteuerung notwendige Rechenarbeit auf einzelne Computer verteilt. Voraussetzung für die Kommunikation unter den Prozessoren ist eine gemeinsame Sprache. Beim
Volvo Multiplex-System ist sie binär, entspricht also der aus Nullen und Einsen bestehenden Computersprache.
Beim aktuellen
Volvo V70 zum Beispiel bestehen die Verbindungen innerhalb des Systems dabei nicht aus einem klassischen Netzwerkmuster mit Kreuzungen, sondern aus lediglich zwei Leitungen, die unabhängig von der Zahl der Verbraucher im Prinzip ringförmig durch das Fahrzeug geführt werden. In einem solchen sogenannten Datenbus befinden sich die mikroprozessorbestückten Rechnereinheiten, die Module. Sie teilen die Funktionen konventioneller, fest programmierter Steuergeräte unter sich auf und haben die Fähigkeit, die Eingangssignale von Sensoren in die Computersprache zu übersetzen. Rund zwei Dutzend solcher Module erledigen im
Volvo V70 ein Aufgabenspektrum, für das ein Vielfaches an Steuergeräten herkömmlicher Bauweise notwendig wäre. Außerdem können große Datenmengen mit extrem hoher Geschwindigkeit – quasi in Echtzeit – übertragen werden.
Die Datenbusse operieren mit unterschiedlichen Übertragungsraten. Ein Hochgeschwindigkeitsbus ist zuständig für die zeitsensiblen Regelungsvorgänge in Motor, Getriebe, ABS, EBV und DSTC. Er bewältigt eine Datenmenge von 250 Kilobits pro Sekunde. Der Low-Speed-Bus regelt weniger geschwindigkeitsabhängige Bereiche wie Klimasteuerung oder elektrische Sitzverstellungen. Hier fließen die Datenströme mit 125 Kilobits pro Sekunde. Der
Volvo XC90 ist das erste Modell mit drei Datenbussen und ist somit zukunftsweisend für alle kommenden
Volvo Modelle. Der dritte Datenbus ist der sogenannte MOST (Media Oriented System Transport). Dieser regelt zum Beispiel im
Volvo XC90 das integrierte Telefon und die
Audioanlage. Die Übertragungsrate hier ist 25 Megabit pro Sekunde. Koordinator und Schnittstelle ist das zentrale Elektronikmodul, der Multiplex-Hauptrechner.
Die Vorteile dieser Technologie liegen auf der Hand: eine drastisch verringerte Zahl von Kabelverbindungen, eine deutlich höhere Zuverlässigkeit und die Fähigkeit der Selbstdiagnose. Außerdem lassen sich neue oder zusätzliche Programme problemlos installieren. Auch eine Nachrüstung ist möglich. Wünscht der Zweitbesitzer eines Fahrzeugs ein Extra, mit dem der Wagen in der Erstausrüstung nicht bestückt war, werden beim Händler lediglich die entsprechenden Steckkontakte hergestellt und die dazugehörige Software ins System geladen.
Das aktuelle
Volvo Multiplex-System geht noch einen Schritt weiter. Dank einer neuen Software ist es möglich, zahlreiche Komfortfunktionen des Fahrzeugs den individuellen Vorlieben des Kunden anzupassen. Ist ihm zum Beispiel die erste Stufe der zweistufigen Sitzheizung nicht heiß genug oder die zweite Stufe zu heiß, so lässt sich dies ebenso problemlos programmieren wie die Dauer der Wegbeleuchtung oder der wahlweise helle oder dunkle Hintergrund des RTI-Monitors. In Zukunft werden sich sogar die vom Kunden gewünschten persönlichen Einstellungen wie bevorzugte Radiosender, Sitzmemorystellung, Spiegeleinstellungen oder RTI-Ziele vorprogrammieren bzw. speichern lassen. Damit kann ein Neuwagen dann bereits vor der Auslieferung mit den individuellen Einstellungen des Kunden versehen werden.
Ab 30.570 Euro