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Historie Mythos Silberpfeile vor 80 Jahren begründet

Historie


Mythos Silberpfeile vor 80 Jahren begründet

Manfred von Brauchitsch gewann das Rennen mit einem Mercedes-Benz Formel-Rennwagen W 25Es ist eine Premiere in glitzerndem Silber und sie endet mit glänzendem Gold: Das erste Rennen der völlig neu entwickelten Mercedes-Benz Rennwagen W 25 am 03. Juni 1934 auf dem Nürburgring gewinnt Manfred von Brauchitsch mit einer Durchschnittsgeschwindigkeit von 122,5 km/h – das ist ein neuer Streckenrekord. Fast wird der Sieg jedoch von der Sensation überstrahlt, dass der neue Mercedes-Benz Rennwagen mit silbern glänzender AluMINIumkarosserie statt dem klassischen Rennweiß an den Start geht. Der Legende nach ist die metallisch schimmernde Haut erst in der Nacht vor dem Rennen durch Abschleifen des Lacks freigelegt worden, um das Startgewicht des W 25 in die Grenzen des Reglements zu bringen. Aus dieser Geburtsstunde der Mercedes-Benz Silberpfeile entsteht in den folgenden Jahren eine faszinierende Tradition großer Motorsporterfolge mit Renn- und Rennsportwagen, die bis heute anhält.

Premiere, Sieg und Streckenrekord: Das Internationale Eifelrennen am 03. Juni 1934 steht ganz im Zeichen des neuen Mercedes-Benz W 25. Manfred von Brauchitsch gewinnt auf dem Nürburgring das Debütrennen mit dem ab 1933 entwickelten Rennwagen für die geltende 750-Kilogramm-Formel ab dem Jahr 1934. So beginnt eine einzigartige Erfolgsserie, die der W 25 und die folgenden Mercedes-Benz Silberpfeile bis zum Jahr 1939 aufstellen. Nach dem Zweiten Weltkrieg knüpft Mercedes-Benz an diese glänzenden Erfolge zunächst in der Saison 1952 mit Sportwagenrennen und ab 1954 dann mit zwei Formel-1-Weltmeisterschaften in Folge höchst erfolgreich an.

Ein neuer Stern geht auf

Arbeitslosigkeit und Wirtschaftskrise – das Jahr 1932 ist kein günstiger Hintergrund für Motorsport-Aktivitäten in Deutschland. Selbst die Werksrennabteilung von Mercedes-Benz, deren Kompressor-Tourenwagen der Typen K, S, SS, SSK und SSKL den europäischen Motorsport Ende der 1920er- und Anfang der 1930er-Jahre doMINIert haben, ist geschlossen.

Doch es gibt eine Perspektive für die Zukunft. Denn im Herbst 1932 gibt die Motorsportbehörde AIACR (Association Internationale des Automobile Clubs Reconnus) in Paris eine neue Formel für den Grand-Prix-Rennsport bekannt, die 1934 in Kraft tritt: Die Wagen dürfen ohne Kraftstoff, Öl, Kühlmittel und ohne Reifen maximal 750 Kilogramm schwer sein, darüber hinaus sind den Konstrukteuren keine Grenzen gesetzt. Mercedes-Benz entscheidet 1933, für die neue Formel einen völlig neuen Rennwagens zu entwickeln. Zum Rennteam von 1934 werden Manfred von Brauchitsch, Rudolf Caracciola, Luigi Fagioli, Hanns Geier und Ernst Henne gehören.

Die AIACR will mit der 750-Kilogramm-Formel die Geschwindigkeiten der Rennwagen im Vergleich zur vorherigen Generation begrenzen: Die Regelhüter gehen offenbar davon aus, dass in einem leichten Fahrzeug nur kleine Motoren mit geringer Leistung montiert werden können. Doch die Funktionäre haben den Fortschritt der Technik unterschätzt: Der in Stuttgart für die neue Formel entwickelte W 25 ist ein überaus leistungsfähiger Rennwagen. Und alleine in der Zeit der 750-Kilogramm-Formel bis 1937 wird sich die Motorleistung der Mercedes-Benz Rennwagen durch kontinuierliche Weiterentwicklung fast verdoppeln und bis maximal 475 kW (646 PS) ansteigen.

Ein starker Siegertyp

Der W 25 mit Frontmotor scheint im Vergleich zum Mittelmotorwagen der Auto Union relativ konservativ konzipiert. Doch die Kombination aus einer schlanken Karosserie, mechanisch aufgeladenem 3,4-Liter-Reihenachtzylindermotor, einzeln aufgehängten Rädern und Getriebe direkt auf der Hinterachse ergibt einen absoluten Siegerwagen. Das zeigt sich schon bei den ersten Versuchsfahrten ab Februar 1934 in Monza sowie auf der Autobahn zwischen Mailand und Varese. Hier erreicht der 235 kW (320 PS) starke Wagen (später 260 kW/354 PS mit einem neuen Treibstoffgemisch) Spitzengeschwindigkeiten bis zu 280 km/h.

Mercedes-Benz entscheidet sich beim W 25 erstmals für die Lackierung in der neuen Karosseriefarbe Silber. Wie der Rennwagen zu dieser Farbgebung kommt, aus der später die Gattungsbezeichnung "Silberpfeil" entsteht, ist eine der großen Geschichten aus 120 Jahren Motorsport von Mercedes-Benz: Angeblich, so will es die Legende, wiegen die neuen W 25 vor dem Start genau ein Kilogramm zu viel, um die Bedingungen der 750-Kilogramm-Formel zu erfüllen. Am Abend vor dem Start kommt Rennleiter Alfred Neubauer dann die Erleuchtung: Der weiße Lack muss runter von der Karosserie, das wird die nötige Gewichtseinsparung erbringen. In seinem 1958 erschienenen Erinnerungsband "Männer, Frauen und Motoren" beschreibt Neubauer die nächtliche Szene an der Box: "Die ganze lange Nacht schrubben die Mechaniker den schönen weißen Lack von unseren Silberpfeilen. Und als sie morgens nochmals auf die Waage kommen – da wiegen sie haarscharf 750 Kilo."

Triumph in der Eifel

Das Internationale Eifelrennen auf dem Nürburgring ist eine der großartigsten Motorsportveranstaltungen der Saison 1934. An diesem Junitag wird deutlich, welche Rolle Automobilrennen als Massenphänomen spielen. Manfred von Brauchitsch erinnert sich in seinen 1964 erschienen Memoiren "Ohne Kampf kein Sieg" an den Strom der Zuschauer, die zum Nürburgring pilgern: "Viele Sonderzüge brachten die Menschen in das kleine Eifelstädtchen Adenau. Tausende von Motorrädern, Omnibussen und Lastwagen schlängelten sich auf den Landstraßen zum Nürburgring. Aus Frankfurt, Düsseldorf und Köln, aus dem ganzen Ruhrgebiet, aus München, Hamburg und Berlin strömten die Menschen zu der mit Spannung erwarteten Schlacht der Motoren in die Eifel. 200.000 Zuschauer säumten die Strecke. Neben den Kurven am Hatzenbach, am ‚Karussell‘, der ‚Fuchsröhre‘, im Tal von Wehrseifen oder am ‚Schwalbenschwanz‘ zelteten viele schon in der Nacht zuvor und sicherten sich einen guten Platz."

Am Nachmittag gegen 15 Uhr senkt sich die Startflagge. Geplant ist der Start der Rennwagen eigentlich für 13 Uhr, im Anschluss an zwei Läufe für Motorräder. Doch wegen des schlechten Wetters beginnt der Wettbewerb der Rennwagen verspätet. Mercedes-Benz ist mit zwei Fahrzeugen vertreten: Von Brauchitsch hat die Startnummer 20, und mit dem Rennwagen Nummer 22 startet Fagioli. Insgesamt besteht das Feld aus 44 Fahrzeugen. Fagioli und von Brauchitsch setzen sich auf W 25 früh an die Spitze, gefolgt von Hans Stuck (Auto Union) und Louis Chiron (Alfa Romeo). Nachdem Fagioli in der 14. Runde – der vorletzten – ausfällt, fährt von Brauchitsch den Sieg für Mercedes-Benz ins Ziel, gefolgt von Stuck und Chiron.

Der kometenhafte Aufstieg der Silberpfeile

Der Sieg beim Internationalen Eifelrennen ist der Auftakt für ein ganzes Konzert der Siege und Podiumsplatzierungen: Auf Mercedes-Benz W 25 gewinnen die Rennfahrer der Werksmannschaft im Jahr 1934 das Internationale Klausenrennen (Caracciola), die Coppa Acerbo in Pascara (Fagioli), den Großen Preis von Italien (Caracciola/Fagioli) und den Großen Preis von Spanien (Fagioli). Dazu kommen zahlreiche weitere Top-Platzierungen.

Für Manfred von Brauchitsch bleibt der 1. Platz im Eifelrennen der einzige Sieg der Saison 1934. DoMINIert wird der Erfolg des W 25, der bis 1936 bei Grand-Prix-Rennen an den Start geht, stattdessen von Rudolf Caracciola. In der Saison 1935 gewinnt Caracciola am Steuer des W 25 insgesamt sechs Grands Prix, drei weitere Siege erzielt Fagioli. 1935 wird Rudolf Caracciola Europameister, nachdem er bereits die Deutsche Meisterschaft errungen hat. Nachdem die Rennwagen der Auto Union die Grand-Prix-Saison 1936 doMINIeren, entwickelt Mercedes-Benz für 1937, das letzte Jahr der 750-Kilogramm-Formel, den neuen Silberpfeil W 125. Mit diesem Fahrzeug gewinnt Caracciola erneut die Europameisterschaft.

In den folgenden Jahren und Jahrzehnten wird die Erfolgsgeschichte der Silberpfeile von zahlreichen Mercedes-Benz Rennwagen fortgeschrieben. Zu diesen legendären Fahrzeugen gehören in der klassischen Epoche der Silberpfeile der W 154 (3-Liter-Rennwagen, 1938 und 1939), der W 165 (1,5-Liter-Rennwagen für den Grand Prix von Tripolis 1939), der 300 SL Rennsportwagen (W 194, 1952), der W 196 R (2,5-Liter-Formel-1-Rennwagen, 1954 und 1955) und der 300 SLR Rennsportwagen (W 196 S, 1955). In den späten 1980er-Jahren kehren die Mercedes-Benz Silberpfeile zunächst in der Gruppe C auf die Rundstrecke zurück. Seit 1994 starten die Stuttgarter Rennwagen dann wieder in der Formel 1 – zunächst in Partnerschaft mit Sauber und McLaren, seit 2010 mit einem eigenen, neu gegründeten Formel-1-Werksteam.

Der Mercedes-Benz 750-Kilogramm-Rennwagen W 25

Der W 25 ist der erste Mercedes-Benz Rennwagen für die ab 1934 gültige neue Grand-Prix-Formel. Diese Formel schreibt ein Höchstgewicht von 750 Kilogramm für das Fahrzeug (ohne Betriebsstoffe und Reifen) vor – so wollen die Organisatoren die Leistung der Rennwagen und damit die möglichen Höchstgeschwindigkeiten beschränken. Die Konstrukteure bei Mercedes-Benz setzen auf eine klassisch ausgelegte Fahrzeugarchitektur: Der vorn eingebaute Motor gibt seine Leistung über ein an der Hinterachse sitzendes Getriebe an die Hinterräder ab. Der Reihenachtzylinder hat anfänglich 3,4 Liter Hubraum und ist mit der im Rennsport bestens bewährten Kompressoraufladung ausgerüstet, später sind es maximal 4.740 Kubikzentimeter. Je nach Ausführung leistet er 260 kW (354 PS) bis 363 kW (494 PS), was eine Höchstgeschwindigkeit bis zu 300 km/h ermöglicht. In der deutschen Rennfarbe Weiß lackiert, ist der W 25 einen Tag vor seinem ersten Renneinsatz beim Internationalen Eifelrennen auf dem Nürburgring ein Kilogramm zu schwer. Der Legende nach schleifen die Mechaniker den Lack ab, sodass der Bolide in der silbernen Farbe seiner Karosserie glänzt. Mit Manfred von Brauchitsch am Steuer gewinnt er das Rennen und begründet damit die einzigartige Erfolgsgeschichte der Silberpfeile. Der W 25 wird von 1934 bis 1936 eingesetzt und in dieser Zeit ständig weiterentwickelt. 1935 verhilft er Rudolf Caracciola zum Titelgewinn in der Europameisterschaft und 1936 immerhin zu zwei Grand-Prix-Siegen in Tunis (Algerien) und Monaco.

Die Mercedes-Benz Rennfahrer im Eifelrennen 1934

Manfred von Brauchitsch

  • Geboren am 15. August 1905 in Hamburg
  • Gestorben am 05. Februar 2003 in Gräfenwarth (Schweiz)

Manfred von Brauchitsch wird in eine Familie mit ausgeprägt militärischen Wurzeln geboren, doch er widmet sich intensiv dem Motorsport. Mit Hilfe betuchter Gönner fährt er Sportwagen von Mercedes-Benz – und das sehr erfolgreich. Zwischen 1934 und 1939 tritt er schließlich als Werksfahrer im Zeichen des Sterns an. Höhepunkte seiner Laufbahn neben dem Einstand mit dem W 25 beim Eifelrennen 1934 sind die Siege beim Großen Preis von Monaco 1937 und beim Grand Prix von Frankreich 1938. Nach dem Zweiten Weltkrieg lebt Manfred von Brauchitsch in der damaligen DDR. Er ist lange Jahre als Präsident der Gesellschaft zur Förderung des Olympischen Gedankens aktiv. Mit der erneut veränderten Situation nach der deutschen Wiedervereinigung im Jahr 1990 tut er sich schwer, es wird bis zu seinem Tode sehr still um ihn.

Luigi Fagioli

  • Geboren am 09. Juni 1898 in Ósimo (Italien)
  • Gestorben am 20. Juni 1952 in Monte Carlo (Monaco)

Luigi Fagioli wird 1898 in der Nähe von Ancona geboren. Als Rennfahrer ist er, den seine Freunde liebevoll "der alte Abruzzenräuber" nennen, ein Spätentwickler. Erst mit 28 Jahren fährt er sein erstes Rennen, 1930 gewinnt er erstmals – bei der Coppa Principe di Piemonte in einem Maserati. 1933 wird Fagioli italienischer Meister auf Alfa-Romeo. Er zeichnet sich hinter dem Lenkrad durch Beständigkeit und Einsatzfreude aus. Diese Eigenschaften bringen ihm eine Einladung in die Mercedes-Benz Werksmannschaft für 1934 ein. Fagioli revanchiert sich mit den beiden Grand-Prix-Siegen in Monza (zusammen mit Rudolf Caracciola) und im spanischen Lasarte und sattelt 1935 noch einmal drauf mit Platz 1 beim Saisonauftakt in Monaco. Erfolge bei der Coppa Acerbo in Pescara (1934) und auf der Avus (Automobil-Verkehrs- und Übungs-Straße) in Berlin (1935) sowie in Barcelona (1935) untermauern die Richtigkeit der Wahl. 1936 läuft sein Vertrag aus. Danach fährt er für Auto Union, nach dem Zweiten Weltkrieg für Alfa Romeo. Dort zählt er zu den "drei großen F", Fangio, Farina und Fagioli, die 1950 und 1951 Formel-1-Erfolge im Wesentlichen untereinander ausmachen. Beim Training zum Grand Prix von Monaco 1952 kollidiert er mit einer steinernen Balustrade. Drei Wochen nach dem Unfall stirbt "der alte Abruzzenräuber".

Wussten Sie schon?

Mercedes-Benz feiert 2014 "120 Jahre Motorsport" – zum Beispiel beim Goodwood Festival of Speed (26. bis 29. Juni 2014).


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