Am Standort Saarlouis der
Ford-Werke GmbH haben heute Werkleiter Jacques Pollenus und der saarländische
MINIster für Umwelt, Stefan Mörsdorf, eine neuartige Pilotanlage zur Behandlung von Industrieabwässern in Betrieb genommen. Sie reinigt das Abwasser, welches vor allem bei der Tauchlack-Beschichtung der
Ford Focus- und
Ford Focus C-MAX-Roh-Karosserien entsteht. Die weltweit erste Anlage dieses Typs entfernt aus dem Wasser insbesondere Fette, Schwermetalle und Salze. Dabei wird eine Qualität erreicht, die eine Wiederverwendung des Wassers für den Produktionsprozess zulässt. Somit wird nun der werkseigene Wasserkreislauf geschlossen und dieser kostbare Rohstoff noch sparsamer verwendet. Die durch die Pilotanlage eingesparte Wassermenge entspricht dem Jahresverbrauch von 650 Einwohnern.
Ford hat für dieses intelligente Behandlungsverfahren ein Patent erhalten (US 6.787.037 B2).
Die Gesamtinvestition für die Entwicklung der Pilotanlage betrug 300.000 Euro. Das saarländische MINIsterium für Umwelt förderte die Anlage mit 100.000 Euro, weil "davon auszugehen ist, dass dieses Pilotvorhaben insbesondere für die nachhaltigen Produktionsprozesse der Industrie richtungsweisenden Charakter besitzt".
Bei der Pilotanlage handelt es sich um einen Festbett-Bio-Membran-Reaktor (FBMR). Er ist der werkseigenen Abwasserbehandlungsanlage nachgeschaltet. Das Abwasser wird in drei Abbaustufen gereinigt, die in einem Kreislauf miteinander verbunden sind: einem Festbett-Bio-Reaktor und einer zweistufigen Membranfiltration.
Die biologische Behandlungsstufe (Festbett-Bio-Reaktor)
In der ersten Stufe, dem Festbett-Bio-Reaktor, werden die biologisch abbaubaren Schadstoffe - vor allem Kohlenwasserstoffketten - mittels Bakterienstämmen zersetzt, und zwar im wesentlichen zu Wasser und Kohlendioxid. Anders, als bei herkömmlichen Verfahren, arbeitet der FBMR nicht mit einer Belebtschlamm-Biologie, bei der das Wasser vom Schlamm durch Sedimentation oder Membranfiltration abgeschieden wird, sondern mit einer Festbett-Biologie, in der sich die Bakterienstämme an der Oberfläche eines Trägermaterials (Braunkohlekoks) anlagern. Der Ablauf des Wassers aus der Festbett-Biologie zur anschließenden Membranfiltration ist somit schlammfrei.
Die Membranfiltration
In der zweiten und dritten Stufe wird das Wasser mit den gelösten Schadstoffen über zwei Membranfiltern gereinigt, nämlich einer Nanofiltration und einer Umkehrosmose. Es handelt sich dabei um Filtereinheiten, die mit Porenweiten im Molekularbereich arbeiten. So beträgt die Porenweite der Nanofiltration circa zehn bis 50 Nanometer - dies entspricht dem Durchmesser eines Zuckermoleküls. Die Porenweite eines Umkehrosmosefilters ist sogar noch einmal um eine Zehnerpotenz kleiner. Die Wirkungsweise dieser Filter liegt darin, dass der osmotische Druck der Lösung überwunden wird und dadurch die im Wasser gelösten Schadstoffe vom Lösemittel, dem Wasser, getrennt werden. Das Wasser wird durch die Membrane abgeleitet. Die Schadstoffe verbleiben mit einem Rest Überschusswasser (Konzentrat) vor der Membrane und werden in den Kreislauf zurückgespült.
Das Konzentrat (Wasser-Schadstoffgemisch) wird in einem Kreislauf wieder in den Festbett-Bioreaktor – also zur biologischen Behandlungsstufe – zurückgeführt und dort erneut gereinigt. Dadurch wird erreicht, dass auch solche Schadstoffe entfernt werden, die eine längere Behandlungszeit vor allem im Festbett-Bio-Reaktor benötigen. Denn in der biologischen Abbaustufe können auf diese Weise spezielle Bakterienstämme gezüchtet und adaptiert werden, die über einen mehrstufigen Prozess auch schwer abbaubare Schadstoffe "verdauen" und in Wasser, Kohlendioxid, Stickstoff oder Methan umwandeln. Die Schadstoffe, die nicht biologisch abgebaut werden können, vor allem Salze und Schwermetalle, werden mit dem Konzentrat in die werkseigene Abwasserbehandlungsanlage eingeleitet und durch konventionelle Behandlungsmethoden in einen festen Abfall überführt.
Reinigungsleistung des FBMR: 5.000 Liter pro Stunde
Der FBMR ist auf eine Reinigungsleistung von 5.000 Litern pro Stunde ausgelegt. Dies entspricht etwa 15 Prozent des industriellen Abwasseraufkommens im Werk Saarlouis. Das im FBMR gereinigte Wasser hat eine vergleichsweise hohe Qualität – es entspricht Industriewasser-Standard und kann daher für die meisten Industrieanwendungen im Werk wiederverwendet werden. Ersetzt werden muss dann lediglich das Wasser, welches durch Verdunstung oder Tropfverluste verloren geht.
Einjähriges Pilotprojekt - danach großindustrieller Einsatz?
Bei dem heute nach zweieinhalbjähriger Entwicklungsarbeit in Betrieb genommenen FBMR handelt es sich um ein Pilotprojekt mit einer Laufzeit von zwölf Monaten. Es geht dabei um die Frage, mit welchem Aufwand sich die bislang nur im Labormaßstab entwickelten und analysierten Reinigungsabläufe auf einen großindustriellen Einsatz übertragen lassen. Untersucht werden unter anderem der biologische Reinigungsprozess selbst, aber auch der Zeit- und Kostenaufwand für die Wartung. Sollte sich der FBMR bewähren, wird er vollständig in den Abwasserreinigungsprozess in Saarlouis integriert und könnte auch in anderen Ford-Werken genutzt werden. Bislang wird das bei der Tauchlack-Beschichtung entstehende Abwasser im Werk Saarlouis vorgereinigt und dann in die städtische Kläranlage eingeleitet.
DATENBLATT ZUM FESTBETT-BIO-MEMBRAN-REAKTOR
Beim Festbett-Bio-Membran-Reaktor (FBMR) handelt es sich um ein kombiniertes Reinigungsverfahren, bestehend
- aus einer biologischen Behandlungsstufe
- und einer Membranfiltration.
Anders, als bei herkömmlichen Verfahren, arbeitet der FBMR nicht mit einer Belebtschlamm-Biologie (bei der das Wasser vom Schlamm durch Sedimentation oder Membranfiltration abgeschieden wird), sondern mit einer Festbett-Biologie, in der sich Bakterienstämme an der Oberfläche eines Trägermaterials anlagern. Beim FBMR ist dies Braunkohlekoks, ein mit Aktivkohle vergleichbares Material. Der Ablauf des Wassers aus der Festbett-Biologie zur anschließenden Membranfiltration ist somit schlammfrei. Die Reinigungsleistung des FBMR: 5.000 Liter pro Stunde.
1) Die biologische Behandlungsstufe (Festbett-Bio-Reaktor)
- Volumen des aeroben (belüfteten) Teils: 33 m³
- Füllmenge des Trägermaterials: 15 m³
- Volumen des anaeroben (unbelüfteten) Teils: 14 m³
- Füllmenge des Trägermaterials: 8 m³
- Trägermaterial: Braunkohlekoks
- Korngröße: 1 bis 5 mm
- Oberfläche des Trägermaterials: 300 m² / g
- Durchflussgeschwindigkeit des Wassers durch den FBMR: 1 bis 2 m/h
2) Die Membranfiltration
Bei den dem Bio-Reaktor nachgeschalteten Membranen handelt es sich um ein Nanofiltrations- und um ein Umkehrosmose-Modul. Beide Membranen werden im sogenannten Crossflow-Betrieb gefahren (Betriebsdruck: 17,5 bis 22 bar).
Nanofiltration
- Hersteller: Firma Osmonics
- Typ: Desal DK 8040
- Oberfläche eines Filters: 32,5 m²
- Anzahl der Filter: 5 Stück
- Gesamtfläche der Filter: 162,5 m²
- Spacer (Abstand zwischen den Membranfiltern): je 0,76 mm
Umkehrosmose
- Hersteller: Firma Osmonics
- Typ: Desal AG 8040
- Oberfläche eines Filters: 32,5 m²
- Anzahl der Filter: 5 Stück
- Gesamtfläche der Filter: 162,5 m²
- Spacer (Abstand zwischen den Membranfiltern): je 0,76 mm