"Wer um zwei Uhr morgens 1,3 Promille im Blut hat, ist morgens um sieben Uhr noch längst nicht alkoholfrei'", warnt Diplom-Psychologe Wilhelm Petersen vom Fachbereich Verkehrspsychologie der DEKRA. Weder ein starker Kaffee noch andere ‚Ernüchterungsmittel' können den Alkohol schneller abbauen und die Fahrfähigkeit verbessern.
Wie langsam Alkohol im Körper abgebaut wird, zeigt das Beispiel von Peter K., 1,75 Meter groß und 80 Kilogramm schwer. Er trinkt zwischen 19.30 Uhr und 23.00 Uhr neun ‚Halbe' Bier und hat um 24.00 Uhr etwa 1,9 Promille im Blut. Sein Körper baut rund 0,15 Promille pro Stunde ab. Um sechs Uhr morgens beträgt sein Alkoholpegel deswegen immer noch 1,3 Promille - und beeinträchtigt K. erheblich: Er zeigt noch immer verlangsamte Reaktionen, ungenügende Konzentration, unkontrollierte Bewegungen und erhöhte Risikobereitschaft.
Mit 0,5 Promille noch nicht wieder fahrtüchtig
Gegen 09.30 Uhr ist der Alkoholspiegel auf 0,5 Promille gesunken, doch K. darf sich noch immer nicht ans Steuer setzen. Denn die alkoholbedingte Unfallgefahr ist im Vergleich zu einem nüchternen Fahrzeugführer noch immer doppelt so hoch. Wer dennoch aktiv am motorisierten Verkehr teilnimmt, gefährdet damit nicht nur sich selbst, sondern auch andere und ist bei einer Kontrolle den Führerschein los. Noch gegen 10.45 Uhr kann der mittlerweile auf 0,3 Promille gesunkene Restalkohol das Verhalten von K. im Straßenverkehr derart beeinträchtigen, dass es ihm z.B. schwer fällt, Entfernungen richtig einzuschätzen.
Zwar wurde vom Gesetzgeber die 0,5-Promille-Grenze eingeführt, was bei Überschreiten ggfs. ordnungsrechtliche Konsequenzen für den Fahrzeuglenker zur Folge hat. Doch liegt darüber hinaus die Grenze zur strafrechtlich relevanten relativen Fahrtüchtigkeit in Deutschland bereits bei 0,3 Promille. Das bedeutet in der Praxis: Bei einer Gefährdung im Straßenverkehr - dazu kann auch die Verwicklung in einen Unfall zählen - wird immer die Fahrerlaubnis entzogen.
Jetzt sind wieder die Narren los. Während der ‚tollen Tage` trinken viele mehr Alkohol als sonst. Einmal mehr appellieren deshalb die Sachverständigen von DEKRA an die Autofahrer, sich nach einem feuchtfröhlichen Abend nicht zu früh wieder ans Steuer zu setzen und das Auto im Zweifel auch noch am nächsten Morgen stehen zu lassen.
Entwarnung gibt es im Falle von K. daher frühestens gegen 13 Uhr: Die strapazierte Leber hat den konsumierten Alkohol vollständig verarbeitet - etwa 17 Stunden, nachdem Peter das erste Bier getrunken hat.
Auch die feiernden Autofahrerinnen sollten diese Langzeitwirkung bedenken, bevor sie am Morgen danach zur Arbeit oder die Kinder zur Schule fahren: Zwar baut sich der Alkohol im weiblichen Körper ähnlich schnell bzw. langsam ab wie in einem männlichen. Aber: Hätte im Fallbeispiel die lediglich 60 Kilogramm leichte Freundin von Peter K. in derselben Zeit die gleiche Menge Alkohol zu sich genommen wie ihr Begleiter, wäre sie um Mitternacht mit 3,33 Promille reif für die Notaufnahme des nächsten Krankenhauses gewesen. Der Alkoholabbau in ihrem Körper hätte bis zum nächsten Tag um 22 Uhr gedauert.
Geschlechtsunabhängig kann sich zusätzlich noch nachteilig auswirken, wenn die körperliche Verfassung aus unterschiedlichen Gründen zu wünschen übrig lässt: Unzureichende Nahrungsaufnahme, Stress, Schlafdefizit oder die Einnahme von Medikamenten verzögern den Alkoholabbau unkalkulierbar. DEKRA Experte Petersen hält deshalb das Jonglieren mit den Richtwerten für riskant: "Diese Rechenspiele können schlimm enden, weil die individuellen Werte nicht unerheblich von den oben zugrunde gelegten Mittelwerten abweichen können."