Wer A sagt, muss auch B sagen so hätte man vermuten können, und genauso kam es auch, als 1965 der Kadett B seinen erfolgreichen Vorgänger, den Kadett A, ablöst. Der Nachfolger des ersten Nachkriegs-Kadetts wächst in der Länge um 18 cm über die Vier-Meter-Marke und tritt gleich zum Marktstart in 3 Karosserievarianten an: Als 2- oder 4-türige Limousine, natürlich auch wieder als CarAvan genannter Kombi sowie als schickes Coupé. Beim Coupé standen die Fastback-Modelle wie die
Chevrolet Chevelle aus den USA eindeutig Pate: Ein flach abfallendes Heck gibt dem Coupé eine dynamische Linie und verspricht Tempo. In die Annalen der Automobilgeschichte gehen die drei Lüftungsschlitze in der B-Säule ein: Heute sind diese als "Kiemen-Coupés" bezeichneten Modelle ganz besonders begehrt und erzielen Höchstpreise.
Downsizing hat bei Opel Tradition: Am Anfang war ein 1-Litermotor
Passend zum insgesamt sportlicheren Design steigt auch die Leistung: Die Bohrung des 4-Zylinder-Aggregats wird um 3 mm vergrößert und mit nun 1078 cm3 steigt die PS-Ausbeute um fünf auf 45 PS. Auch im Angebot ist der 1,1-Liter S-Motor mit 55 PS. Dazu kommt 1966 eine Zwei-Vergaser-Version des kurzhubigen Motors mit 60 PS. Den Höhepunkt des Motorenangebots markiert der 1967 für die mittlerweile aufgelegte Rallye-Version des B-Kadetts eingeführte 90 PS starke 1,9-Liter-4-Zylinder aus dem Rekord C. Ebenfalls in den Genuss dieses Antriebs kommt der Opel Olympia, ein schon damals als Premiumvariante besonders gut ausgestattetes Modell, dass sich obendrein durch optische Retuschen wie beispielsweise eine um die Front herumgezogene Grillblende vom Kadett unterscheidet. Neben einem klassischen Viergang-Getriebe kann man den Kadett ab 1968 auch mit einem 3-Gang-Automatikgetriebe ordern, was damals in dieser Klasse noch ungewöhnlich ist. Die Dreistufen-Wandler-Automatik ist zunächst nur mit den hubraumstarken 1,7- und 1,9-Liter-Motoren kombinierbar, erst im Jahr darauf können auch Käufer des 1,1-Liter-Kadett mit 60 PS auf manuelle Gangwechsel verzichten. Ebenfalls ungewöhnlich ist die 12-Volt-Bordspannung, mit der der Bochumer Kompakte ausgestattet wird. Die Konkurrenz aus Köln, Wolfsburg oder München gab sich damals noch mit sechs Volt zufrieden.
Zum ersten Mal wird ein Kadett nun auch offiziell als 5-Sitzer zugelassen. Dies gilt allerdings nur für die beiden Limousinen-Varianten, die Coupé-Modelle bleiben 4-Sitzer. Der Zuwachs in der Länge kommt größtenteils dem Innenraum zugute, wobei der Kofferraum ebenfalls um 12% auf nunmehr 337 Liter nach VDA-Norm wächst.
Der Kadett B ist auf Anhieb ein Riesenerfolg, schon im ersten Jahr verlassen mehr als 105.000 Exemplare die Werkshallen. Entfallen bei heutigen Kompakt-Modellen mehr als 60% auf die Kombi-Versionen, so liegt der damalige Anteil der CarAvan-Modelle gerade einmal bei rund 17%. Auch außerhalb der Bunderepublik ist er ein voller Erfolg: Rund 50% der Jahresproduktion gehen in den Export. Der Kadett ist auf den Straßen von 120 Ländern rund um den Globus zuhause, und ohne je offiziell als Weltauto tituliert worden zu sein ein wirklich globales Fahrzeug.
Opel setzt auf Sport: Der Rallye-Kadett wird zum Seriensieger
Schon lange bevor VW die GTI-Klasse besetzt, ist der 1966 auf den Markt gebrachte Rallye-Kadett der Urahn aller Kompaktsportler. Das mit mattschwarzer Motorhaube und Zierstreifen optisch markante Coupé ist zunächst mit einer 60 PS starken Zwei-Vergaser-Version des 1,1-Liter-Motors zu haben und ab 1967 sogar mit einem 1,9-Liter-Aggregat. Übrigens ist die mattschwarz lackierte Motorhaube keine Design-Spielerei sondern verhindert bei starker Sonneneinstrahlung eine Blendung des Fahrers, eine Erfahrung, die im Rallyesport der damaligen Zeit seinen Ursprung hatte. Das 90-PS-Aggregat beschleunigt das Coupé auf sage und schreibe 170 km/h, ein sportlich ausgelegtes Fahrwerk sorgt für zusätzliche Sicherheitsreserven. Der Rallye-Kadett bietet mit seiner sportlichen Ausstattung und seinen sehr guten Fahrleistungen eine hervorragende Basis für den Breitensport. Im In- und im Ausland macht der Rallye-Kadett durch zahlreiche Erfolge auf allen Pisten auf sich aufmerksam. Schier endlos ist die Liste der Siege: Der gleichermaßen zuverlässige wie preiswerte Rallye-Kadett feiert Erfolge bei der Rallye Stuttgart-Lyon-Charbonnières, der Hessen-Rallye, der Rallye Trifels und der Tour de Luxembourg. Opel-Tuner Günther Irmscher gewinnt 1967 die Tour d Europe. Im selben Jahr feiert der Kadett den bis dahin größten Erfolg: Das Team Lambart/Vogt wird Klassensieger bei der Rallye Monte Carlo. Wie beliebt und erfolgreich der Rallye-Kadett im Motorsport jener Zeit ist, beweist die Statistik des Jahres 1968: Bei insgesamt 238 Veranstaltungen entfallen auf dieses Modell 222 Klassensiege sowie 345 Gold- und 287 Silbermedaillen.
Für Individualisten: Der elegante Bruder des Opel Kadett heißt Olympia
Auch mit dem Olympia A auf Basis des B-Kadett wird Opel einmal mehr zum Vorreiter in Sachen Nischenfahrzeugen. "Der Olympia ist die konsequente Anwendung der erfolgreichen Kadett-Konzeption nach oben", verkünden die Opel-Presseunterlagen von damals, "bei gleich kompakten Außenabmessungen überzeugt der Olympia durch hohe Fahrleistungen und einen außergewöhnlichen Ausstattungs- und Fahrkomfort." Und die Rüsselsheimer behielten recht: Mehr als 80.000 Kunden entscheiden sich zwischen 1967 und 1970 für den Olympia A. Zur aufgewerteten Ausstattung des luxuriösen Coupés erhältlich mit 60, 75 und 90 PS zählen unter anderem spezielle Noppenteppiche und eine gepolsterte Armaturentafel "mit Edelholzcharakter". Ein modifizierter, um die Kotflügel herumgezogener Kühlergrill mit Chromleisten, rechteckig eingefasste Frontscheinwerfer und größere Seitenscheiben hinten stellen die optischen Aufwertungen im Exterieur dar.
Im Juli 1973 endet mit 2,6 Millionen produzierten Modellen die Karriere des Kadett B. Seine Modellvielfalt und die zahlreichen Gestaltungsmöglichkeiten sind beispielhaft für die Automobilindustrie. Und mit dem Rallye-Kadett gründet Opel das Segment der kompakten Volkssportler.