Im Jahr 2006 setzte sich der Ölpreisanstieg fort und erreichte mit einem Jahresdurchschnittswert von 65 US Dollar pro Barrel einen Höchststand, der mehr als 10 US Dollar über dem Vorjahreswert lag. Dieser seit mehreren Jahren anhaltende Trend hat auch sein Gutes: Nach der Studie "Oeldorado 2007" von ExxonMobil, die am 27.06.2007 in Essen vorgestellt wurde, haben sich die Bestände an sicher bestätigten Reserven bei Öl und Gas kräftig erhöht. Dies ist auch auf die seit mehreren Jahren zunehmende Investitionstätigkeit der privaten Ölgesellschaften zurückzuführen. Die sicher bestätigten Ölreserven stiegen von 175,4 Milliarden Tonnen auf 178,7 Milliarden Tonnen, was einem Zuwachs von 1,9 Prozent entspricht. Als sicher bestätigte Reserven dürfen nur diejenigen Vorkommen ausgewiesen werden, die bereits durch Bohrungen bestätigt sind und mit heutiger Technik wirtschaftlich gefördert werden können. Die tatsächliche Menge aller vorhandenen Vorkommen ist weit höher.
Der Gesamtverbrauch stieg weltweit um über 1 Prozent auf 3.896 Millionen Tonnen. Dem gegenüber lag die weltweite Erdölförderung mit 3.942 Millionen Tonnen noch höher, was einer Zunahme von 0,9 Prozent entspricht. Vergleicht man die Zuwächse in absoluten Zahlen, ist der Anstieg der Ölreserven mit 3.359 Millionen Tonnen fast 100 Mal so groß wie der Anstieg der Erdölförderung mit 34 Millionen Tonnen. Die Raffineriekapazität blieb beinahe unverändert.
Bei Gas wuchsen die Reserven um 1,1 Prozent auf knapp 175 Billionen Kubikmeter. Dabei war der Zuwachs in der GUS mit 3,2 Prozent am stärksten. Die Welterdgasförderung erhöhte sich um 1,4 Prozent auf 2,8 Billionen Kubikmeter; der Verbrauch ist um 1,7 Prozent auf 2,9 Billionen Kubikmeter gestiegen.
Preisentwicklung
Die Preisentwicklung für Rohöl und Mineralölprodukte verlief nicht parallel. Während Rohöl mit Durchschnittspreisen von 73 Dollar pro Barrel in den Monaten Juli und August bisher nicht bekannte Preisspitzen erreichte - zum Teil mussten 78 Dollar pro Barrel der Rohölsorte Brent gezahlt werden - sank der Preis im Herbst und Winter 2006 wieder ab. Im Januar 2007 erreichte er mit einem Durchschnittswert von 54 Dollar pro Barrel einen Tiefststand. Der Hintergrund war nicht die zurückgehende Nachfrage, sondern kurioserweise die Ankündigung der OPEC, die Förderung zu drosseln. Während gewöhnlich die künstliche Verknappung einer Ware auf dem Markt zu einer Erhöhung des Preises führt, was von der OPEC auch beabsichtigt war, passierte genau das Gegenteil: Der Preis fiel. Die Erklärung findet sich in dem hohen Spekulationsanteil, der in diesem Preis steckt. Der OPEC-Beschluss führte nämlich zu einer Erhöhung ungenutzter Produktionskapazitäten innerhalb dieser Organisation. Freie Produktionskapazitäten verstetigen den Markt und verringern das Risiko plötzlicher Preisausschläge. Das aber ist Gift für die Spekulanten, die oft gerade an kurzfristigen Preisausschlägen infolge politisch oder technisch bedingter Verknappungen verdienen. Ein Teil des spekulativen Geldes wanderte in andere Märkte ab, kam jedoch im Laufe des Jahres 2007 zurück, was die Preise wieder über die 70-Dollar-Marke trieb.
Für Europa ist der Rotterdamer Markt maßgeblich. Dort folgten die Benzin- und Dieselpreise zwar den Bewegungen des Rohölpreises, zeigten aber stärkere Ausschläge nach oben. Der Grund liegt - insbesondere beim Benzin - an der nunmehr im siebten Jahr beobachteten starken Importtätigkeit amerikanischer Händler. Für das Jahr 2006 wird eine Menge von 50 Millionen Tonnen geschätzt, die den Weg in die USA gefunden haben, um die dortige Unterdeckung aufgrund fehlender Raffineriestrukturen auszugleichen. Rechnerisch besteht dort bei einem Verbrauch von 940 Millionen Tonnen und einer Raffineriekapazität von 864 Millionen Tonnen eine Unterversorgung von knapp 80 Millionen Tonnen. Diese Lücke kann auch nicht schnell geschlossen werden, da Raffinerieplanungen und -genehmigungen in den USA nicht schneller vorangehen als beispielsweise in Deutschland. Die Kapazitätserhöhungen, die es in den USA gegeben hat, ist ausschließlich auf die Erweiterung vorhandener Raffinerien zurückzuführen, bei denen Genehmigung und Bautätigkeit viel rascher zu bewerkstelligen sind.
Regionale Entwicklungen
Während die Reserven, die Förderung und der Verbrauch weltweit angestiegen sind, zeigen die einzelnen Regionen unterschiedliche Entwicklungen.
In Europa, Südamerika und Asien sanken die Ölreserven, während sie in Afrika und der GUS stiegen. Der größte Zuwachs liegt in der GUS, wo durch die Erhöhung der Reserven in Kasachstan ein Plus von über 27 Prozent gegenüber dem Vorjahr erzielt wurde.
Ähnlich sieht es bei der Ölförderung aus, die in Europa und Südamerika zurückging, in den übrigen Regionen jedoch anstieg. Afrika hätte ein stärkeres Förderergebnis erzielen können, wenn die Unruhen in Nigeria nicht zu einem Rückgang der dortigen Förderung um 6,3 Prozent geführt hätten.
Der Ölverbrauch ist das Ergebnis von erheblichen Einsparungsbemühungen in den Industrieländern einerseits und dem mit der guten Konjunktur steigenden Verbrauch in Ländern mit hohen Wachstumsraten andererseits. Er sank in Europa und Nordamerika und stieg in allen anderen Regionen. Den größten Zuwachs gab es in Asien, wo er allein in China um 6,8 Prozent auf 347 Millionen Tonnen zunahm.
Erdgas
Die Erdgasreserven sind um 1,1 Prozent auf knapp 175 Billionen Kubikmeter gestiegen, obwohl sie in Europa, Afrika und Nordamerika zurückgingen. Kräftige Zuwächse in den anderen Gasregionen, insbesondere in der GUS, sorgten für eine Überkompensation. Mit Reserven in Höhe von 47,5 Billionen Kubikmeter verfügt dieses Land, das einen erheblichen Teil seiner Devisen dem Gasexport verdankt, mit großem Abstand weltweit über die größten Gasreserven.
Bei der Erdgasförderung waren die größten Zuwächse in Mittel- und Südamerika sowie in Asien zu verzeichnen. Der Anstieg des weltweiten Erdgasverbrauchs um 1,7 Prozent ist Ausdruck des erhöhten Bedarfs an diesem Energieträger. Hier spiegeln sich ebenfalls wirtschaftliche Entwicklungen einerseits und Einsparbemühungen andererseits wider: Während in Europa der Verbrauch zurückging, nahm er in allen anderen Regionen zu, am stärksten in Asien.