Als Vertrauensbruch und katastrophale Fehlentscheidung mit Langzeitwirkung bewerten die Unternehmen, die sich für die Markteinführung von Erdgasfahrzeugen engagieren, den neuen Entwurf des Energiesteuergesetzes des Bundesfinanz
MINIsteriums. Danach soll die Steuerermäßigung, die Erdgas als Kraftstoff den heutigen Preisvorteil beim Tanken garantiert, bereits 2015 auslaufen. 2002 war von der alten Regierung eine solche Ermäßigung gesetzlich bis zum Jahr 2020 festgeschrieben worden. Damit wollte man umweltpolitische Signale setzen, weil die Schadstoffemissionen bei Erdgas deutlich geringer sind als bei allen anderen Kraftstoffen. Gleichzeitig sollten Gaswirtschaft und Automobilindustrie Investitionssicherheit erhalten, um die neue Infrastruktur und die Modellpalette in Deutschland aufzubauen.
Mit einem ehrgeizigen Projekt sind inzwischen rund 650 Tankstellen in Betrieb genommen worden. Das dafür aufgewandte Investitionsvolumen beläuft sich auf rund 150 Millionen Euro. "Dem steht zurzeit bei den niedrigen Absatzmengen so gut wie kein Ertrag gegenüber", so Dr. Ulrich Müller, Vorsitzender des Trägerkreises Erdgasfahrzeuge, einem Zusammenschluss der beteiligten Unternehmen. "Auf eine Tankstelle kommen nur 50 Fahrzeuge. In Italien, wo Erdgas als Kraftstoff etabliert ist, steuern rund 1.000 Fahrzeuge eine Tankstelle an. So wird mitten in der Markteinführung ein verheerendes politisches Signal gesetzt." Während der Kraftstoffabsatz nach Angaben des Bundesverbandes der deutschen Gas- und Wasserwirtschaft Jahr für Jahr konstant um 30 Prozent anwächst, müsse man jetzt gemeinsam mit der Automobilindustrie überlegen, ob ein weiteres Engagement sinnvoll sei. Denn die Begrenzung der Steuerermäßigung bis 2015 würde bedeuten, dass bereits ab 2010 kaum mehr Erdgasfahrzeuge abzusetzen wären. Hier sieht man sich getäuscht und hat nun Angst vor gigantischen Investitionsruinen.
Umweltpolitisch halten die Unternehmen den Vorstoß des Fiskus für einen eklatanten Rückschritt. Fachleute gehen davon aus, dass Erdgas derzeit der einzige verfügbare Kraftstoff ist, der schnell zu einer umfassenden Umweltentlastung führen kann. Nur so sind die strengen Emissionsgrenzwerte, die in den nächsten Jahren eingeführt werden, einzuhalten. Bis Wasserstoff als Lösung des Problems marktfähig ist, werden noch 20 bis 30 Jahre vergehen. Erdgas gilt dabei als Wegbereiter für Wasserstoff. Dies belegen auch Studien des renommierten Wuppertal-Instituts, die bei Erdgas besonders die Möglichkeit der Beimischung von Biogas betonen. Dies verbessert die Umweltbilanz des Kraftstoffs erheblich und trägt zur Versorgungssicherheit bei. Laut Studie des Wuppertal-Instituts könnte bis 2030 ein Fünftel des Energiebedarfs im Verkehrssektor durch einheimisches Bioerdgas gedeckt werden. Diese Option würde entfallen, wenn sich Erdgas durch verschlechterte Rahmenbedingungen nicht durchsetzen könnte.