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Historie Karmann Ghia Typ 34 wird 50 Jahre

Historie


Karmann Ghia Typ 34 wird 50 Jahre

Karmann Ghia Typ 34 Baujahr 1961Niedersachsen, Ende der 1950er Jahre: Wilhelm Karmann, der Sohn des Firmengründers des Osnabrücker Karosseriebauers, pflegt einen guten Kontakt mit Wolfsburg. Mit dem Bau des Käfer Cabriolet und des Karmann Ghia 1200 Typ 14 auf Käfer-Basis ist er ein wichtiger Partner geworden. Und so erfährt er frühzeitig, dass am Mittellandkanal der Vorstoß in die automobile Mittelklasse gewagt wird: Mit dem geplanten Volkswagen Typ 3 – bekannt geworden als Volkswagen 1500 und später als 1600 – will man zwar dem Prinzip der Luftkühlung und des Boxermotors treu bleiben, den Kunden mit einer größeren Karosserie aber mehr Platz und auch ein wenig mehr Status bieten.

Das ist für Karmann die Chance, auf dieser neuen Basis ein größeres Coupé zu entwickeln. Schon kurz nach der Präsentation des Ur-Karmann Ghia Typ 14 werden aus Turin, dem Sitz des Designstudios Ghia unter der Leitung von Luigi Segre, zahlreiche Entwürfe für einen möglichen Nachfolger nach Osnabrück geschickt. In persönlichen Briefen will Segre Wilhelm Karmann für eine in seinen Augen modernere Form gewinnen. Nicht ohne Erfolg: Karmann lässt sich überzeugen, dass der Typ 14 Ende der 1950er nicht mehr dem Designideal entspricht. Kantigere Form, mehr Innenraum: Das scheint Erfolg versprechend für einen Karmann Ghia-Nachfolger.

In Wolfsburg sieht man das jedoch anders: Man fühlt sich der Kontinuität verpflichtet, zudem verkauft sich der Typ 14 bestens. Allerdings ist man offen für ein größeres Coupé, um Aufsteiger vom Karmann Ghia 1200 bei der Marke zu halten. Professor Heinrich Nordhoff, der alleinige Boss im Volkswagenwerk, gibt grünes Licht für die Entwicklung und Produktion eines "Großen Karmann", auch wenn er Bedenken zu dessen Verkaufschancen äußert. Frühzeitig in die Entwicklung des Typ 3 eingebunden, entsteht in Osnabrück unter dem Projektnamen "Lyon" aus den vorhandenen Entwürfen aus Turin der Karmann Ghia 1500 Typ 34.

Verantwortlicher Designer im Designstudio Ghia ist Sergio Sartorelli, der auch dem "kleinen" Karmann seine elegante Form verliehen hat.

Italienische Formensprache mit amerikanischem Vorbild

Es ist eindeutig, wohin Sartorelli bei seinem Karosserieentwurf schielt: über den Großen Teich in die Neue Welt. Dort hat Chevrolet das Käfer-Prinzip mit luftgekühltem Boxermotor im Heck in eine andere Dimension übertragen und mit dem sechszylindrigen Corvair ein für amerikanische Verhältnisse kompaktes, beinahe revolutionäres Auto präsentiert.

Nicht nur die Technik des Corvair ist neu, auch sein Design kennt kein Vorbild: Eine betonte, umlaufende Sicke, die die Karosserie streng horizontal teilt, runde Heckleuchten und markante Doppelscheinwerfer an der Front machen aus ihm einen Exoten inmitten der barocken, heckflossenbewehrten Karosserien aus Detroit.

Sergio Sartorelli ist von dieser Formensprache ebenso begeistert wie manch anderer Kollege in Europas Styling-Studios – wie die Designabteilungen damals heißen. Auch sein Entwurf für den Karmann Ghia-Nachfolger sieht ursprünglich eng beieinander liegende Doppelscheinwerfer vor, aufgrund der damaligen deutschen Zulassungsvorschriften lassen sie sich aber nicht realisieren. Das innere Scheinwerferpaar rückt in Richtung Fahrzeugmitte und wird von den Sicken prägnant umrundet – so bekommt der Typ 34 die markante Front, die ganz auf die "Nüstern" des kleinen Karmann verzichtet.

Sartorelli unterbricht die umlaufende Corvair-Sicke an den Türgriffen, um sie dann versuchsweise mal weit von unten, mal von oben schwingend zum Heck laufen zu lassen. Bei Karmann sieht man aber nur die Möglichkeit, eine kurze Schwinge ohne optisch störende Wellenbildung ins Blech zu pressen. Mit der für die Serie realisierten Frontgestaltung ist man im Designstudio Ghia aber nicht ganz einverstanden – noch nach Serienanlauf präsentiert Luigi Segre Alternativentwürfe für ein modifiziertes Frontdesign mit einer anderen Anordung der Doppelscheinwerfer.

Parallel zum Plattformspender, dem Typ 3, präsentieren Karmann und Volkswagen im September 1961 auf der Frankfurter IAA den Typ 34 als 2+2-sitziges Coupé: Der neue Karmann Ghia 1500 bietet einen recht großen, beinahe luxuriös ausgestatteten Innenraum, einen großzügig verglasten Dachaufbau mit hohen, filigranen Pfosten und wirkt neben dem kleinen Karmann Ghia 1200 moderner, erwachsener und repräsentativer – genau so, wie sich das seine Väter erhofft haben.

Typ 34 Cabriolet und Karmann Ghia 1600 TL

Bei Karmann plant man in guter Käfer- und Typ 14-Tradition natürlich ebenfalls ein Cabriolet. In Wolfsburg sieht man aber keine ausreichenden Marktchancen für einen weiteren offenen Wagen im Verkaufsprogramm. Die geplante Serienentwicklung wird gestoppt, es bleibt bei wenigen Prototypen. Einer von ihnen ist heute in der Automobilsammlung Volkswagen Osnabrück beheimatet, er ist aber auch auf der Straße zu sehen: Volkswagen Classic präsentiert ihn 2011 bei zahlreichen Events wie der Kitzbüheler Alpenrallye im Mai oder der Sachsen Classic im August.

In der Osnabrücker Sammlung ist noch ein weiteres Unikat zu Hause: Das Karmann Ghia 1600 TL genannte Schrägheck-Coupé – ein bemerkenswert eleganter Entwurf, der 1965 parallel zur Wolfsburger Fließheck-Limousine 1600 TL entwickelt wird. Anders als dieser verfügt der Karmann Ghia 1600 TL jedoch über eine große Heckklappe und eine umklappbare Lehne der Rücksitzbank. Dem 1963 gestorbenen Luigi Segre hätte die Front dieser Studie gefallen: Die Doppelscheinwerfer stehen direkt nebeneinander und sind in einer Chromblende zusammengefasst.

Exklusivität

Technisch basiert der "Große Karmann" weitgehend unverändert auf dem Typ 3 aus Wolfsburg, dessen technische Entwicklung er treu begleitet: Zuerst mit 45 PS aus 1.493 ccm recht bescheiden motorisiert, übernimmt er bereits 1963 den 54 PS starken Doppelvergaser-Motor des 1500 S. Als Karmann Ghia 1600 L mit gleicher Leistung aus 1.584 ccm wird er von 1965 bis 1969 gebaut.

Äußerlich bleibt das Coupé über seine Bauzeit unverändert, im Innenraum hingegen tut sich mehr: Im Laufe der Produktionsjahre werden die Seitenverkleidungen geändert, aus Stoff wird Kunstleder. 1966 wird der Zentraltacho im Armaturenbrett vergrößert, das optionale Schiebedach ist bereits ab 1962 elektrisch zu bedienen – ein erwähnenswertes Premiummerkmal.

Ende 1968 erhält Wilhelm Karmann persönliche Post aus Wolfsburg: "Zur rechtzeitigen, gegenseitigen Planung", so formuliert man, "teilen wir Ihnen mit, dass wir die Produktion des Typ 34 im nächsten Jahr einzustellen gedenken". Denn die Verkaufszahlen reichen nicht an die des "kleinen" Karmann heran. Nach immerhin 42.500 Exemplaren ist am 30. Juni 1969 Schluss.


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