Der Grand Prix von Großbritannien am kommenden Sonntag stellt für das ING
Renault F1 Team ein Heimspiel dar: Nur 1 Autostunde vom Grand Prix-Kurs in Silverstone entfernt in Enstone hat das Team sein Hauptquartier so nahe, dass viele Mitglieder des Rennteams am Wochenende sogar in ihren eigenen Betten schlafen können. Nach dem durchwachsenen Rennen in der Türkei brennen Fernando Alonso und Nelson Piquet darauf, ihre
Renault R29 auf der Traditionsstrecke wieder am Limit zu bewegen zumal in Silverstone einige der berühmtesten Kurvenkombinationen des Formel 1-Kalenders warten, wie zum Beispiel die extrem schnelle und heraus
Fordernde "Maggots-Becketts"-Passage.
Für das ING Renault F1 Team kommt das "Heimspiel" nach dem ernüchternden Türkei-Grand Prix gerade zur rechten Zeit. In Istanbul blieben sowohl Fernando Alonso auf Rang 10 als auch Nelson Piquet als 16. ohne WM-Punkte. Alonso, mit Renault Weltmeister der Jahre 2005 und 2006, blickte gleich nach dem Rennen am Bosporus wieder nach vorn: "Ich hoffe, dass die für Silverstone geplanten Neuentwicklungen den entscheidenden Schritt nach vorne bringen, damit wir die 2. Saisonhälfte von einer günstigeren Ausgangsposition aus in Angriff nehmen können und wieder WM-Punkte erringen." Ähnlich sieht das sein brasilianischer Teamkollege Nelson Piquet: "Ich bleibe optimistisch und vertraue auf die Modifikationen, die unsere Konkurrenzfähigkeit in Silverstone deutlich steigern sollen."
Flavio Briatore, Geschäftsführender Direktor des ING Renault F1-Teams, resümierte: "Unsere beiden Fahrer haben während dieses Rennens das Beste aus den Möglichkeiten, die ihnen unser Auto derzeit bietet, gemacht. Unsere Priorität ist klar: Fortlaufend bis zum Saisonende arbeiten wir mit Volldampf daran, wichtige Modifikationen und relevante Fortentwicklungen einfließen zu lassen."
Der Grand Prix von Großbritannien aus Sicht von ING Renault F1
Der Grand Prix-Kurs von Silverstone ist eine klassische Hochgeschwindigkeits-Strecke. Diese Charakteristik zeigt sich vor allem zu Beginn einer Runde auf der ersten Hälfte eines Umlaufs treten die Fahrer kein einziges Mal auf die Bremse. Hinzu kommen einige der berühmtesten Kurvenkombinationen im Motorsport. Das extrem hohe Geschwindigkeitsniveau stellt vor allem an die Reifen und Motoren große AnForderungen. Die Bandbreite verschiedener Kurventypen reicht von 290 km/h schnellen Mutkurven bis zu dem langsamen, gewundenen Streckenteil am Ende der Runde. Zudem müssen die Autos auf dem ehemaligen Militärflughafen mit der unebenen Fahrbahn und dem wechselhaften, oft böigen Wind fertig werden.
Der schnellste Streckenabschnitt liegt zwischen Maggots und Becketts (Turns 2 bis 5). "Diese Passage ist eine große HerausForderung und macht Runde für Runde riesigen Spaß", so Fernando Alonso. "In diesem Bereich sind wir sehr schnell unterwegs. Du brauchst dort ein Auto, das gut auf schnelle Richtungswechsel reagiert. In diesem Bereich bremsen wir nicht einmal, sondern lupfen nur das Gaspedal. Die hohen Geschwindigkeiten sind physisch sehr anstrengend. Fliehkräfte von bis zu 4 g wirken auf den Körper des Fahrers."
Beim Set-up arbeitet das ING Renault F1 Team in Silverstone mit einer "nach vorn verlagerten" Fahrwerksabstimmung. Die steifere Vorderachse erlaubt schnelles Umsetzen des Autos und direkte Richtungswechsel sowohl in langsamen Ecken als auch in schnellen Kurven. Die weicher abgestimmte Hinterachse sorgt für guten Grip beim Beschleunigen.
Der Benzinverbrauch liegt in Silverstone recht hoch genau wie der Zeitverlust für eine schwere Spritladung. Kraftstoff für 2 Runden mehr beispielsweise würde fast 2 Zehntelsekunden pro Runde kosten.
Fernando Alonso: "Nirgends macht es mehr Spaß, ein Formel 1-Auto zu fahren, als in Silverstone"
Glaubst du, dass ihr in der 2. Saisonhälfte wieder an der Spitze mitfahren werdet?
Fernando Alonso: Ich habe jede Menge Vertrauen in mein Team und ich weiß, dass jeder hier sein Bestes gibt, um unsere Konkurrenzfähigkeit zu verbessern. Wir haben schon früher bewiesen, dass wir nicht aufgeben und auch spät in der Saison noch ganz nach vorne fahren können. Aber wir müssen auch realistisch bleiben: Alle Teams entwickeln ihre Fahrzeuge mit Hochdruck weiter daher wird es nicht einfach sein, einen großen Schritt nach vorne zu machen. Wir müssen den Renault R29 von Rennen zu Rennen stetig verbessern und sicherstellen, dass wir künftig regelmäßig um Punkte und hoffentlich auch Podestplätze kämpfen können.
Was erhoffst du dir vom anstehenden britischen Grand Prix?
FA: Ich bleibe optimistisch und bin fest entschlossen, in Silverstone ein besseres Ergebnis einzufahren. Schnelle Kurven liegen dem Renault R29 besonders unsere Chancen, in England vorne mitfahren zu können, stehen also nicht schlecht. Außerdem kommen wieder ein paar technische Weiterentwicklungen am Fahrzeug zum Einsatz, die ein zusätzliches Leistungsplus versprechen. In Bezug auf die Strecke muss ich gestehen, dass es an kaum einem Ort mehr Spaß macht, ein Formel 1-Auto zu steuern als in Silverstone. Wir fahren am kommenden Wochenende zum vorerst letzten Mal auf diesem tollen und traditionsreichen Kurs, und ich werde alles daran setzen, dass mir dieses Rennen ganz besonders in Erinnerung bleibt.
Nelson Piquet: "Silverstone fühlt sich für mich wie ein Heimrennen an"
Nach bislang 7 Saisonläufen: Wo siehst du für dich noch Verbesserungspotenzial als Fahrer?
Nelson Piquet: Eindeutig muss ich mich im Qualifying weiter steigern, denn von so weit hinten zu starten kommt uns in den Rennen teuer zu stehen. Das Problem ist, dass die Teams in puncto Leistungsfähigkeit sehr eng beieinander liegen und viele Piloten auf gleichem Niveau fahren. Zwischen Startplatz 6 und 16 liegen meist nur wenige Zehntelsekunden. Daher kannst du dir im Qualifying keine Fehler leisten.
Was rechnest du dir für den Grand Prix von Großbritannien aus?
NP: Der Silverstone Circuit zählt zu meinen absoluten Lieblingsstrecken, und ich hoffe auf ein gutes Ergebnis. Unser Renault F1 Workshop in Enstone ist nicht weit entfernt, so dass wir uns auf große Unterstützung von den Rängen freuen dürfen. Überhaupt sind die britischen Fans geradezu verrückt nach der Formel 1. Für mich fühlt sich Silverstone fast wie ein Heim-Grand Prix an, weil ich seit fünf Jahren in Großbritannien lebe und zu Beginn meiner Karriere hier viele Rennen gefahren bin. Wie gesagt, das Qualifying wird eine große Rolle spielen umso mehr, da dieser Hochgeschwindigkeits-Kurs nur wenige Überholmöglichkeiten bietet.
Bob Bell (Technischer Direktor ING Renault F1 Team): "In Silverstone werden wir es besser machen als in Istanbul"
Fernando und Nelson drängen auf weitere Verbesserungen am Renault R29. Können Sie den beiden Hoffnung machen?
Bob Bell: Ja, denn wir reagieren schnell auf neue AnForderungen. Was uns in diesem Jahr schon mehrfach ausgezeichnet hat, ist unsere Fähigkeit, neue Entwicklungen sehr zügig auch wirklich im Rennen einzusetzen. Etwa der Doppeldiffusor: Normalerweise benötigt so ein komplexes Bauteil rund 15 Wochen bis zur Rennreife wir haben es in fünf Wochen geschafft, was ich für eine herausragende Leistung des Teams halte. Wir werden weiter schnell reagieren, und wenn wir feststellen, dass eine neue Komponente die erwünschte Verbesserung bringt, setzen wir alles Menschenmögliche daran, sie so bald wie möglich im Grand Prix zu verwenden.
Am kommenden Wochenende geht es nach Silverstone wird das Hochgeschwindigkeits-Layout dieser Strecke dem Renault R29 liegen?
BB: Wir sind ziemlich zuversichtlich für Silverstone, auch wenn uns klar ist, dass wir nicht plötzlich um Podestplätze kämpfen werden. Der Highspeed-Charakter sollte uns liegen, denn der Renault R29 funktioniert in schnellen Kurven besonders gut. Im Bereich der Bremsanlage haben wir sicher Verbesserungsbedarf, doch das Layout von Silverstone beansprucht die Bremsen nicht übermäßig hart. Wir erwarten ein deutlich besseres Ergebnis als in der Türkei.
Welche Neuentwicklungen sind für den britischen Grand Prix geplant?
BB: Vorgesehen sind ein Update für den Diffusor, das ich für einen echten Fortschritt halte, sowie ein modifiziertes Frontflügel-Paket. Mit einigen Änderungen am vorderen Spoiler haben wir in Istanbul gute Erfahrungen gemacht. In Silverstone wird nun eine erweiterte Version dieses Flügels eingesetzt.
Silverstone liegt nur einen Steinwurf von der ING Renault F1-Heimatbasis in Enstone entfernt. Was bedeutet das für das Team?
BB: Der britische Grand Prix ist für alle in England beheimateten Teams ein Meilenstein zur Saisonmitte. Sehr viele Mitarbeiter kommen zu diesem Rennen. Das sorgt für eine ganz besondere Atmosphäre, die wir sehr genießen. Wir geben zwar bei jedem Rennen unser Bestes, aber ein Erfolg in Silverstone schmeckt noch etwas süßer als anderswo.
Der Große Preis von Großbritannien 2009:
- Start: 21.6.2009, 14:00 Uhr MESZ
- Strecke: Silverstone, Großbritannien
- Distanz: 60 Runden à 5,141 km = 308,355 km
Ergebnis 2008:
- Sieger: Lewis Hamilton (McLaren)
- Fernando Alonso (Renault): Platz 6
- Nelson Piquet (Renault): nicht im Ziel