Der Ort für die Präsentation hätte symbolträchtiger kaum sein können. Cape Canaveral in Florida ist die Heimat der Space-Shuttle der NASA, Anfang der 1980er Jahre war kein Ort auf der Erde stärker in Richtung Zukunft orientiert. Hier stellte
Fiat am 20. Januar 1983 einen neuen Kleinwagen vor, der für die Zukunft des Unternehmens große Bedeutung haben sollte - den
Fiat Uno.
Der Name war eine ReMINIszenz an einen der ersten Fiat überhaupt, an den Tipo Uno aus dem Jahr 1910. Der neue Fiat Uno entwickelte sich zum Urvater eines der erfolgreichsten Pkw-Modelle aller Zeiten. Bis heute wurden weltweit mehr als 8,8 Millionen Exemplare gebaut, damit rangiert die Baureihe in den Top-Ten der meistgebauten Autos aller Zeiten.
Als Ablösung des Fiat 127 konstruiert, läutete der Fiat Uno (interner Code 146) gleich in mehrerer Hinsicht eine neue Ära bei der italienischen Marke ein. Das geradlinige Karosseriedesign stammte von Giorgetto Giugiaro. Der Verzicht auf die herkömmliche Regenrinne, Einarmscheibenwischer und versenkte Türöffner senkten den Luftwiderstandsbeiwert auf 0,33, ab 1989 betrug der cw-Wert mit geändertem Kühlergrill sogar nur noch 0,30. Die nachgiebigen Kunststoff-Stoßfänger überstanden Parkrempler mit Schrittgeschwindigkeit schadlos.
Der mit 3 oder 5 Türen gebaute Fiat Uno, der seine Deutschland-Premiere vor 30 Jahren im März 1983 in der Mainzer Rheingoldhalle erlebte, setzte aber nicht nur die moderne Technologie Maßstäbe, z. B. durch Radaufhängungen mit Federbeinen an der Vorderachse und die raumsparende Verbundlenkerachse hinten. Gleichzeitig wurden außerdem völlig neue Produktionsmethoden eingeführt. Fiat Präsident Vittorio Ghidella investierte rund eine Billion Lire - nach damaligem Kurs etwa 1,3 Milliarden D-Mark - in die Werke Mirafiori und Rivalta (beide Italien). So war der Fiat Uno eines der ersten Fahrzeuge weltweit, das weitgehend automatisch gefertigt wurde. Das Verschweißen der aus nur 172 Einzelteilen bestehenden Karosserie übernahmen rund 200 Roboter, in der Lackiererei wurden weitere 20 Roboter eingesetzt - 1983 ein Meilenstein in der Automobilfertigung.
Das internationale Fachpublikum zeigte sich vom Fiat Uno begeistert. Schon kurz nach der Markteinführung wurde er zum "Auto des Jahres 1984" in Europa gewählt. Es sollte nur die erste von knapp einem Dutzend renommierter internationaler Auszeichnungen sein, die der ersten Generation des Fiat Uno (1983 - 1989) verliehen wurden. Honoriert wurden fortschrittliche Ansätze wie die Version Fiat Uno 45 ES, die dank überarbeiteter Aerodynamik (z. B. spezielle Radkappen) über 12% weniger verbrauchte als die Standardvariante.
Nachdem zunächst bewährte Benziner (33 kW/ 45 PS im Fiat Uno 45, 44 kW/ 54 PS im Fiat Uno 55 oder 50 kW/ 68 PS im Fiat Uno 70) und Saugdiesel (33 kW/ 45 PS) verbaut wurden, läutete Fiat Ende 1985 auch motorenseitig ein neues Zeitalter ein. Die völlig neue konstruierte Triebwerksbaureihe mit dem Namen FIRE (Abkürzung für Fully Integrated Robotized Engine) wurde vollständig von Robotern montiert, wiederum ein Quantensprung in der Produktionstechnologie.
Das erste FIRE-Triebwerk - auch mit dem zu dieser Zeit neu eingeführten Katalysator - leistete 33 kW (45 PS) aus 999 cm3 Hubraum. Der sparsame 4-Zylinder (Durchschnittsverbrauch 4,1 Liter pro 100 Kilometer) ersetzte die ES-Variante, die kurze Zeit später als Einsteigerversion Fiat Uno Sting aber wiederbelebt wurde. Zur Wahl standen außerdem Benziner mit 37 kW (50 PS) bis 43 kW (58 PS) aus 1.180 cm3 bis hin zu 48 kW (65 PS) aus 1.280 cm3. Neu im Programm war darüber hinaus der offiziell nur in Italien angebotene Fiat Uno 70 TD mit 1,4-Liter-Turbodiesel (52 kW/70 PS).
Schon im April 1985 legte Fiat außerdem eine Variante des Fiat Uno auf Kiel, die schon bald unter dem Spitznamen "la bomba" berühmt werden sollte. Als Präsentationsort wurde wiederum nicht zufällig Rio de Janeiro gewählt. In der brasilianischen Metropole traf sich nämlich zu diesem Zeitpunkt die Formel 1 zum Saisonauftakt. Und weil im Grand-Prix-Sport gerade Turbomotoren das beherrschende Thema waren, ließ sich unschwer ableiten, was unter der Motorhaube der neuen Fiat Uno Variante für lebhafte 77 kW (105 PS) sorgte - ein nagelneues, mit Hilfe von Ferrari entwickeltes Turbotriebwerk. 1,3 Liter Hubraum, Ladeluftkühler, Ölkühler, Benzineinspritzung (Bosch LE2-Jetronic), Zündsystem von Formel-1-Lieferant Magneti Marelli sowie Sportfahrwerk mit Leichtmetallfelgen und Niederquerschnittsreifen, Frontspoiler, Katalysator, Anti-Blockiersystem für die Bremsen (beides ab Herbst 1987) und Heckklappe mit kleinem Dachspoiler waren weitere technische Merkmale. Kurz gesagt: "La bomba" war eines der schnellsten Autos im Kleinwagensegment (Höchstgeschwindigkeit 200 km/h). Der Fiat Uno turbo feierte auch im internationalen Rallyesport einige Erfolge, in Brasilien gab es den Markenpokal "Formula Uno" bei Rundstreckenrennen.
Der Fiat Uno schwang sich zum meistverkauften Fahrzeuge seiner Klasse in Europa auf. In der Bundesrepublik wurde der Fiat Uno Importwagen Nummer 1, nicht zuletzt auch dank attraktiver Sondermodelle wie "Weiße Flotte" (1985) oder "Silberflotte (1986). Schon knapp zwei Jahre nach der Markteinführung lief das millionste Exemplar vom Band.
1986 ergänzten zwei weitere Versionen die Baureihe. Der Fiat Uno 75 i.e. mit elektronischer Multipoint-Einspritzung (Bosch L-Jetronic) und geregeltem Katalysator hatte einen neuen 1,5-Liter-Benziner mit 55 kW (75 PS) unter der Haube. Ebenfalls neu war ein 1,7-Liter-Saugdiesel mit 44 kW (60 PS) Leistung. Im Oktober des Jahres übersprang die Baureihe die -Millionen-Grenze. Bis 1989 wurde das Käuferinteresse mit einigen Sondermodellen (z. B. Eleganza, Elba) und der schrittweisen Einführung von Katalysatoren aufrecht erhalten.
Bis dahin entschieden sich weltweit rund 4 Millionen Käufen für den Fiat Uno bzw. seine Derivate, die zum Teil längst auch in anderen Ländern produziert wurden. So basierten die in Brasilien gefertigten Fiat Duna (Stufenheck, ab 1985) und Fiat Duna Weekend (Kombi, ab 1987) - in Südamerika als Fiat Premio und Fiat Elba vermarktet - ebenso auf dem Fiat Uno wie der Kleintransporter Fiat Fiorino (ab 1988, auch als Pickup). Außerdem entstanden eine Reihe interessanter Stylingstudien auf Basis des Fiat Uno, darunter das brasilianische Cabriolet Sultan, eine mit überdimensionalen Kotflügelverbreiterungen versehene Version der britischen Firma Dimma und der ebenfalls martialisch auftretende Fiat Uno turbo von der italienischen Tuninglegende Giannini.
1989 war es Zeit für eine gründliche Überarbeitung der Baureihe. Auf der Internationalen Automobil-Ausstellung (IAA) in Frankfurt erlebte die zweite Generation des Fiat Uno ihre Weltpremiere. Auffallendstes Merkmal war der geänderte Kühlergrill mit den schmaleren Scheinwerfern, die aerodynamisch günstigere Heckklappe und die größeren Stoßfänger. Überarbeitet wurden auch Innenraum (u. a. neue Sitze) und Serienausstattung. Zur Wahl standen bekannte Triebwerke: der 1,0-Liter-FIRE-Motor mit Single-Point-Benzineinspritzung, der 1,5-Liter-Benziner und der Turbo, der jetzt serienmäßig mit Katalysator ausgestattet war und 74 kW (100 PS) leistete. Neu war der Fiat Uno 70 i.e. (ab 1991 Fiat Uno 1.4 i.e.) mit einem 1,4-Liter-Benziner (51 kW/70 PS), der serienmäßig über ein 5-Gang-Getriebe verfügte. Im Herbst 1989 kam ein neuer Saugdiesel mit 1,7 Liter Hubraum und 44 kW (60 PS) Leistung hinzu. Eine Zeit lang gab es außerdem noch den Fiat Uno Sting als besonders preisgünstige Basisversion mit dem bewährten 900-Kubikzentimeter-Benziner (33 kW/ 45 PS).
Fiat war einer der ersten Hersteller, der Automatikgetriebe auch im Kleinwagensegment anbot. So sorgte bereits 1983 der experimentelle Fiat Uno Matic 70 mit einem stufenlosen CVT-Getriebe (für Continuously Variable Transmission) für Erstaunen. Ab 1987 gab es das Serienmodell Fiat Uno Selecta mit 43 kW (58 PS) Leistung. In der zweiten Modellgeneration erhielt der Fiat Uno Selecta dann wahlweise auch den stärkeren 1,5-Liter-Benziner mit 55 kW (75 PS).
1990 wurde die Palette der Diesel-Triebwerke um einen Zweiliter-4-Zylinder ergänzt, der im Fiat Uno 60D als Sauger 44 kW (60 PS) leistete. Dieser mit Abgasrückführung ausgerüstete Motor erfüllte die strengen Abgasgesetze in den USA. 1991 kamen drei neue Benziner hinzu. Der Fiat Uno turbo trug nun den Zusatz Racing im Namen. Zu erkennen war er an Leichtmetallfelgen, einem roten Zierstreifen und einem zusätzlichen Lufteinlass im vorderen Stoßfänger. Mit auf 1.372 cm3 vergrößertem Hubraum und neuem Turbolader (Garrett statt IHI) leistete der 4-Zylinder nun 82 kW (112 PS), ohne Katalysator 86 kW (118 PS). Als Sauger kam der im Fiat Uno 70 i.e. in Katalysatorausgerüsteter Variante mit 52 kW (69 PS) zum Einsatz. Ein weiterer Motor aus der FIRE-Baureihe war ein 1,1-Liter-Benziner im Fiat Uno 1.1 i.e., der mit elektronischer Benzineinspritzung 37 kW (50 PS) produzierte.
In den folgenden zwei Jahren brannte Fiat ein regelrechtes Feuerwerk an Sondermodellen der Baureihe Uno ab. Im Abstand von jeweils nur wenigen Monaten erschienen Amica (u. a. aufgewertete Innenausstattung), Crazy (u. a. mit leistungsfähiger Audioanlage), Verde (erhältlich nur mit grüner Außenfarbe), Pink (in rosa), Primavera (u. a. aufgewertete Innenausstattung), Top Class (u. a. Ledersitze), Eleganza (u. a. Metallic-Lackierung), Start, Hobby (u. a. Sitzbezüge in Schottenkaro), Suite und Formula (u. a. Stoßfänger und Seitenschweller wie beim Fiat Uno turbo, nicht in Deutschland angeboten).
Im September 1993 wurde der Fiat Punto als Nachfolger des Fiat Uno vorgestellt. Das völlig neu konstruierte Modell stellte den wirtschaftlichen Erfolg des Vorläufers sogar noch in den Schatten, avancierte ebenfalls zeitweise zum meistverkauften Auto Europas und behauptet sich auch im Jahr 2013 in der Spitze des Segmentes.
Nach der Präsentation des Fiat Punto wurde die Produktion des Fiat Uno in den italienischen Werken zunächst auf drei Modelle reduziert, 1995 nach knapp über sechs Millionen Exemplaren endgültig eingestellt. Doch damit war der Lebenszyklus der Baureihe noch lange nicht beendet. So diente der Fiat Uno als Starthilfe für die Wiedergeburt der Marke Innocenti - er wurde In Polen in technisch modernisierter Form (z. B. mit Airbags) noch bis 2002 als Innocenti Mille gefertigt. Auch außerhalb Europas setzte der Fiat Uno seine Karriere weiter fort. In Südafrika wurde er ab 1990 zunächst in Lizenz gebaut, ab 1998 war Fiat selbst für die Produktion zuständig. In Marokko (bis 2003) und in Pakistan (bis 2004) wurde der Fiat Uno im so genannten CKD-Verfahren (Import sämtlicher Einzelteile) montiert. Sogar in Indien (1997 - 2004) und auf den Philippinen spielte der Fiat Uno eine Rolle (1992 - 2000), dort im Rahmen eines Regierungsprogramms zur Motorisierung der Bevölkerung.
Südamerika war schon lange ein wichtiger Markt für den Fiat Uno, auf dem Kontinent ist Fiat ohnehin einer der größten Hersteller. Werke in Brasilien und Argentinien (bis 2000) stellten das Modell für den heimischen Markt her. Zeitweise wurden aber auch die in Brasilien gebauten, einfach ausgestatteten Varianten Fiat Uno Trend und Fiat Uno CS nach Italien exportiert. 2004 erschien in Brasilien eine überarbeitete Version mit der Bezeichnung Fiat Mille. Zahlreiche Besonderheiten zeugten von der Anpassung an den südamerikanischen Markt. So wurde der Fiat Mille Way mit verstärktem Fahrwerk speziell für unbefestigte Straßen gebaut. Unter der Motorhaube wurde, im Gegensatz zu den europäischen Modellen, Platz für ein Ersatzrad geschaffen. Zum Standard gehören außerdem Flexfuel-Varianten, die außer mit Benzin auch mit dem in Brasilien weit verbreiteten Bio-Ethanol oder Erdgas betrieben werden können. Seit 2010 wird im Werk Betim außerdem zusätzlich der völlig neue Fiat Novo Uno gebaut, der technisch allerdings stark mit dem Fiat Panda verwandt ist. Und so lebt der Name Fiat Uno noch 30 Jahre nach der Präsentation der Baureihe weiter.