Er rollt seit 90 Jahren über unsere Straßen und wird es auch weiterhin tun: der Name
Volvo, der im Juni vor 90 Jahren erstmals ein Kugellager zierte. Nach einem kleinen bürokratischen Missgeschick wurde der Name am 22. Juni 1915 offiziell eingetragen und von da an in die Seite des äußeren Laufrings jedes neuen SKF-Kugel- und Wälzlagers für die Automobilbranche geschlagen.
Schon im Jahr zuvor hatte SKF (Svenska Kullagerfabriken) das enorme Marktpotenzial erkannt, das die Automobilindustrie für einen Hersteller von Lagern bot, und eine Niederlassung zur Belieferung dieses Industriezweiges gegründet. Dank der Erfindung des Kugellagers durch seinen Gründer Sven Wingquist war SKF bereits damals ein weltweit marktführender Entwickler und Hersteller von Industrielagern.
Volvo – einfach, pfiffig und leicht auszusprechen
Ein kluger Kopf in der Firmenführung mit einem Ohr für Wörter und Sprachen schlug den Namen Volvo (in Großbuchstaben) vor. Am 20. Februar 1915 wurde der Antrag auf Registrierung des Markennamens von SKF über das Patentbüro AB Delmar & Co in Stockholm beim Königlichen Schwedischen Patent- und Registrierungsbüro eingereicht.
Das lateinische Wort "volvere" ist die Infinitivform des Verbs "rollen". Man findet das Wort beispielsweise auch in der Bezeichnung einer Handfeuerwaffe mit rotierender Trommel: Revolver. In der ersten Person Singular wird das Verb "volvere" zu "Volvo" konjugiert, was also "ich rolle" heißt.
Der Name war simpel, genial und hatte eine starke symbolische Verbindung zur Geschäftstätigkeit des Unternehmens. Zudem enthielt er kein R und kein S und war somit fast überall auf der Welt einfach auszusprechen. Gleichzeitig war das Risiko einer falschen Schreibweise sehr gering. SKF war schon damals eine große Exportfirma und sich des Wertes eines guten Markennamens voll bewusst.
Auch der amerikanische Industrielle und Kamerahersteller Eastman, der ein paar Jahre zuvor den Rollenfilm erfunden hatte, folgte diesen Überlegungen und wählte einen einfachen Markennamen ohne die Konsonanten R und S (Kodak) für seine Produkte.
Alles, was rollt
Um sich die größtmögliche Freiheit bei der Nutzung des neuen Markennamens zu sichern, ergriff SKF die Gelegenheit, in der Beschreibung der Firmenaktivitäten im Markenantrag eine breite Palette sehr verschiedener, aber miteinander verbundener Produkte abzudecken. Einige Geschäftsbereiche gab es bereits, einige wurden später aufgenommen, aber einige wurden auch nicht weiter verfolgt: "Kugellager, Wälzlager, Maschinen, Antriebe, Automobile, Fahrräder, Eisenbahnausrüstung, Transportgeräte, Transportmittel aller Art sowie Teile und Zubehör für die vorgenannten Produkte". Fahrräder und Eisenbahnausrüstung stehen noch aus, aber Volvo Automobile und andere Transportmittel sind über die Jahre produziert worden. Weitere Produkte, die auch den Markennamen Volvo tragen, sind Produkte wie etwa Wohnwagen und Bürostühle.
Mit Vollgas voraus – nach einer fünfjährigen Pause
Kurz nach Einführung des Markennamens Volvo kam die gesamte Automobilindustrie wegen des Ersten Weltkriegs zu einem plötzlichen Stillstand. Potenzielle Kugellagerkunden mussten ihre Produktion von Pkw auf schwere Lastkraftwagen und anderes Kriegsmaterial umstellen. Schon nach fünfjähriger Existenz wurden die Geschäfte der Firma Aktiebolaget Volvo im Jahr 1920 wieder eingestellt. SKF hatte sich entschieden, alle seine Produkte zukünftig unter seinem eigenen Namen zu vermarkten.
AB Volvo verschwand in einer Schreibtischschublade und blieb dort bis August 1926 unbeachtet liegen. Zu diesem Zeitpunkt hatte die Geschäftsführung von SKF nach langen Überredungsversuchen endlich zugestimmt, eine neue Sparte für die Pkw-Herstellung zu finanzieren. Dies war schon seit einigen Jahren der Traum eines sehr zielstrebigen SKF-Mitarbeiters namens Assar Gabrielsson.
Zusammen mit einem guten Freund, dem Ingenieur Gustaf Larson, wollte Gabrielsson unbedingt einen schwedischen Pkw bauen. SKF gab schließlich grünes Licht, stelle die notwendigen Finanzmittel zur Verfügung und holte die Firmenunterlagen für AB Volvo wieder hervor. Der Firmenname wurde auch als Markenname für die zu produzierenden Pkw gewählt. In der Prototypen-Phase hießen sie noch GL und Larson nach dem Ingenieur Gustaf Larson.
Antikes Logo
Zur gleichen Zeit wurde das alte chemische Zeichen für Eisen, ein Kreis mit einem diagonal nach rechts oben weisenden Pfeil, als Logo adaptiert. Dies ist eines der ältesten und bekanntesten Zeichen in der westlichen Welt und stand ursprünglich im Römischen Reich für den Planeten Mars. Da dieses Zeichen auch den römischen Kriegsgott Mars und das männliche Geschlecht symbolisiert, wurde schon früh eine Verbindung zwischen dem Symbol Mars und dem Metall geknüpft, aus dem die meisten Waffen in alter Zeit gemacht wurden: Eisen.
Somit war dieses Zeichen nicht nur in Schweden lange Zeit das Symbol der Eisenindustrie. Das Zeichen für Eisen auf den Pkw sollte diesen Symbolismus aufnehmen und Assoziationen mit den anerkannten Traditionen der schwedischen Eisenindustrie herstellen: Stahl und Stärke. Auf dem neuen Pkw wurde auch sein Name Volvo in einer eigenen Schrift angebracht.
Abgerundet wurde das Markenzeichen mit einem diagonalen Streifen, der von links oben nach rechts unten quer über den Kühlergrill verlief, und das schon beim allerersten Modell im April 1927. Ursprünglich war dieser Streifen eine technische Notwendigkeit, um die Chromabdeckung zu befestigen, mit der Zeit entwickelte er sich zu einem eher dekorativen Merkmal. Auch heute noch ist er auf dem Kühlergrill jedes Volvos zu finden. Und in der Mitte des Lenkrads wird auch heute noch das Symbol für Eisen eingelassen.
Und er rollt immer noch
In Jahre 1999 wurde die Volvo Car Corporation von AB Volvo an die Ford Motor Company veräußert. Unter einer Bedingung allerdings: dass der Markenname auch in Zukunft sowohl von Volvo Cars als auch dem Rest des Volvo Konzerns genutzt wird.
Deshalb wurde der Markenname in eine Holding überführt, die Volvo Trademark Holding AB, die zu je 50 Prozent Volvo und Ford gehört. Die Geschäftsleitung dieser Holding entscheidet, wer diesen Namen in welchen Zusammenhängen nutzen darf. Gegenwärtig besteht die Geschäftsleitung der Holding aus Leif Johansson, President und CEO von AB Volvo sowie Bill Ford Jr., Chairman und CEO der Ford Motor Company.
Bis heute sind etwa 13,5 Millionen Volvo Pkw und natürlich Millionen von Lkw und Bussen sowie Motoren für die Seefahrt, Luftfahrt und industrielle Anwendungen sowie Konstruktionsausrüstungen hergestellt worden. Von allen jemals produzierten Volvo Pkw sind heute noch etwa 8 Millionen auf unseren Straßen unterwegs. All das hat der Patentfachmann Evald Delmar nicht gewusst, als er in seiner Funktion als SKF-Repräsentant den Antrag für die Markeneintragung unterzeichnete. Er hat bei der Erschaffung eines globalen Industriekonzerns, dessen Name auch 90 Jahre später noch in aller Welt bekannt und anerkannt ist, eine wichtige Rolle gespielt.