Am Samstag, 18. März 2006 feiert das derzeitige
Mercedes-Benz Museum seinen Abschied, zwei Monate bevor das neue
Mercedes-Benz Museum am 20. Mai seine Türen für die Öffentlichkeit öffnet. Im Rahmen der Stuttgarter "Langen Nacht der Museen" wird es ab 19 Uhr bis in die frühen Morgenstunden zum letzten Mal geöffnet sein, begleitet von einem vielfältigen Unterhaltungsprogramm.
Ein stündlich wiederkehrendes Highlight ist die spektakuläre Tuchakrobatik der vielfach international ausgezeichneten "Cosmic Artists". Neugierige haben die Möglichkeit, zwischen 19 und 23 Uhr einen exklusiven Blick durchs Schlüsselloch des neuen Mercedes-Benz Museums zu werfen und bei einem ersten Drink im beeindruckenden Atrium die neuen Dimensionen zu erahnen. Ab 23 Uhr steigt mit der SWR3 Band und den SWR3 DJs die große Abschiedsparty im derzeitigen Museum. Nicht schon um 2 Uhr, sondern ausnahmsweise um 4 Uhr ist Schluss – endgültig.
Diese Absschiedsfeier ist ein Dank an alle Besucher und ebenso eine Referenz an die Museumsmitarbeiter, die sich um die Besucher und die Exponate gekümmert und damit den Aufenthalt für viele Menschen zu einem Erlebnis gemacht haben: Seit 1961 wurden rund 13 Millionen Besucher gezählt – eine Zahl, die das Mercedes-Benz Museum an die Spitze der Unternehmensmuseen weltweit setzt.
Eine der beliebtesten Attraktionen des Museums ist der Benz Patent-Motorwagen, wie Karl Benz ihn 1886 baute: Das Exponat kann aus eigener Kraft fahren und durfte es auch immer wieder mit großer Zuverlässigkeit tun. Seit 1981 wurde der Patent-Motorwagen für die Besucher rund 17.000 Mal gestartet und legte mit manchem prominenten Gast insgesamt etwa 380 Kilometer im Museum zurück.
Oft war das Mercedes-Benz Museum Ort besonderer Veranstaltungen. So trafen sich dort beispielsweise anlässlich der Ausstellung "100 Jahre Mercedes" im Jahr 2002 vierzehn Mädchen mit dem spanischen Vornamen Mercédès zu einem Fotoshooting. Während der Motorsportfeier "Stars & Cars" war das Museum immer wieder Dreh- und Angelpunkt sämtlicher Aktivitäten der aktuellen und früheren Rennboliden mit ihren Fahrern auf dem Werksgelände. Nicht zu vergessen sind auch die Mitarbeiter-Tage jeweils im Sommer – eine Einladung des Unternehmens an alle seine Mitarbeiter.
Kurze Geschichte des Mercedes-Benz Museums
Die Geschichte des Mercedes-Benz Museums reicht zurück bis in die Frühzeit des Unternehmens. Allerdings dienen die ersten Kollektionen von Daimler und Benz vor allem als interne technische Archive. Gleichzeitig jedoch stehen die Fahrzeuge für die Erfindung des Automobils, für die Originalität und Geschichte des ältesten Automobilherstellers der Welt, ein Umstand, dem bereits 1923 in einem ersten kleinen Werksmuseum der Daimler-Motoren-Gesellschaft Rechung getragen wurde.
Das erste Museum der Daimler-Benz AG wird 1936 eröffnet. Grund für die Einrichtung auf dem Werksgelände in Untertürkheim ist das 50jährige Jubiläum der Erfindung des Automobils. 35 Fahrzeuge sind ausgestellt, dazu neunzehn Motoren (Standmotoren, Automobil-, Flugzeug- und Bootsmotoren), drei Schienenfahrzeuge, eine Nachbildung des Daimler Reitwagens sowie ein Daimler Motorboot von 1888. Doch die Sammlung ist nur kurze Zeit in dieser Form zu sehen, denn das Museum wird bei Beginn des Zweiten Weltkrieges geräumt. Um die Ausstellungsobjekte vor Angriffen auf das Werk zu schützen, werden sie in verschiedene Niederlassungen in ganz Deutschland ausgelagert.
Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs werden zunächst die zerstörten Werke wieder aufgebaut. Was von der historischen Sammlung in den westlichen Besatzungszonen übrig geblieben ist, wird durch minutiöse Sucharbeit aufgespürt und zurück nach Stuttgart gebracht. Eine neue Ausstellungskonzeption wird bereits erarbeitet, doch noch sind die Exponate lediglich in einem besseren Abstellraum untergebracht. Das Museum wird schließlich 1951 wiedereröffnet, noch im selben Jahr besuchen rund 7.000 Gäste den neuen Schauraum. "Das Museum erfreut sich eines immer stärker werdenden Besuches, und die Wagen werden auch zu Veranstaltungen herangezogen", vermerkt ein Briefwechsel zwischen Museum und dem Vorstand der Daimler-Benz AG.
Ein Besuchermagnet
Die Sammlung wächst, und mehrfach zieht sie auf dem Werksgelände um, auch um mit der kontinuierlich steigenden Besucherzahl Schritt zu halten. Schließlich fällt Mitte der 1950er Jahre die Entscheidung: Ein neues, großes, öffentlich zugängliches Daimler-Benz Museum wird als eigenständiges Gebäude auf dem Gelände des Werks Untertürkheim gebaut. Die Eröffnung findet 1961 feierlich zum 75-jährigen Jubiläum der Erfindung des Automobils statt.
Weil die Architekten Rolf Gutbier und Hans Kammerer eine möglichst große Transparenz zwischen Museum und Werk erzielen wollen, ist der Bau durch große Glasflächen an der Front und zwei verglaste Innenhöfe geprägt. Diese Transparenz trägt der Entwurf durch ein System von Galerien und verschieden hohen Ausstellungsräumen auch nach innen. Statt massiver Säulen erhält das Gebäude ein Tragwerk aus Stahlstützen mit kreuzförmigem Querschnitt, die – hinter die Fassade versetzt – optisch äußerst leicht wirken. Der Museumsbau bietet rund 3.250 Quadratmeter Museumsfläche, davon 1.200 Quadratmeter Ausstellungsfläche. Die Besucherzahl spiegelt die gute Resonanz in der Öffentlichkeit wieder: Bereits im Eröffnungsjahr besuchen 95 127 Gäste das Museum, darunter 26.732 aus dem Ausland. 1963 zählt der Führungsdienst den 750.000. Besucher seit der Wiedereröffnung im Jahr 1951. Die Erfolgsgeschichte schreibt sich über alle Jahre fort: Im August 1982 begrüßt das Museum seinen dreimillionsten Besucher seit der Einweihung des Neubaus 1961.
1985 wird das Museum geschlossen – um es ein Jahr später nach gründlicher Erweiterung und Neugestaltung für das Jubiläum "100 Jahre Automobil" wieder zu eröffnen. Das 25 Jahre alte Gebäude erhält eine neue Front mit durchgehender Glasfassade, und eine Überdachung der Innenhöfe erweitert den umbauten Raum des Museums. Die Schaufläche wächst auf 5.760 Quadratmeter und bietet einen erfrischend neuen Zugang zur Sammlung. Der Besucher wählt entweder einen chronologischen Gang durch die Ausstellung, oder er besucht je nach Interesse eine Auswahl der 26 thematischen Schwerpunkte.
Vorbereitung auf den Umzug
Zwei Jahre vor dem Umzug in das neue Mercedes-Benz Museum wird 2004 ein neuer Rekord erreicht: Mehr als 500.000 Besucher zählt das Museum in diesem Jahr, so viele wie noch nie seit der Eröffnung 1961. Allein gegenüber dem Jahr 2003 bedeutet diese Zahl einen Anstieg von mehr als zehn Prozent. Der 500.000. Besucher ist 2004 der 35 Jahre alte Sun Yan aus China. Aus China kommen mittlerweile rund elf Prozent der Gäste, das ist der größte Anteil der Besucher aus einem nicht deutschsprachigen Land.
2005 zeichnet sich die bevorstehende Eröffnung des neuen Museums immer stärker ab, im Februar beginnt der Umzug erster Exponate aus dem bisherigen in das neue Mercedes-Benz Museum. Die Plätze bleiben nicht leer: Für das bisherige Museum bieten diese letzten Monate die Chan-ce zu einer Reihe spannender Sonderausstellungen. So zeigt eine Ausstellung beispielsweise die legendären Versuchswagen vom Typ C 111, mit denen Mercedes-Benz unter anderem den Wankel-Motor testete und Maßstäbe für das Sportwagen-Design der 1970er Jahre setzte.