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Auto News


Sport BMW Sauber F1 Team - Umstieg von V10- auf V8-Motoren

Motorsport


BMW Sauber F1 Team - Umstieg von V10- auf V8-Motoren

Ende 2004 war der Umstieg von V10- auf V8-Motoren in der Formel 1 beschlossen worden. 2005 stand für die Motorenspezialisten im Zeichen dieses Wechsels. 2006 ist er vollzogen.

BMW Motorsport Direktor Mario Theissen: "Die Entwicklung eines V8-Formel-1-Motors war für unsere Ingenieure eine enorme HerausForderung. Zumal relativ wenig Zeit zur Verfügung stand. Der V8 ist ein vollständig anderes Konzept als der V10. Der Leistungsverlust verhält sich etwa proportional zu dem um 20 Prozent geringeren Hubraum. Ich rechne damit, dass die Rundenzeiten durchschnittlich um ein bis zwei Sekunden steigen werden. Durch die geringere verfügbare Leistung steigt der Volllastanteil pro Runde erheblich. Oberste Priorität hat die Zuverlässigkeit. Wir fiebern dem Saisonauftakt am 12. März in Bahrain entgegen. Erst dort werden wir einen Eindruck bekommen, wer seine Hausaufgaben am besten gemacht hat."

Unterschiede

Auch wenn der V8 mit dem jetzt verbindlich vorgeschriebenen Zylinderwinkel von 90 Grad optisch wie ein abgeschnittener V10 wirkt, ist er technisch ein eigenständiges Konzept mit spezifischen AnForderungen. Die andere Zündfolge des V8 erFordert eine grundlegend andere Kurbelwelle. Im BMW V10-Formel-1-Motor wurde eine um 72 Grad gekröpfte Kurbelwelle verwendet. Für V8-Motoren kommen sowohl Kurbelwellen mit vier versetzten Kröpfungen von 90 Grad zum Einsatz als auch solche mit vier versetzten Kröpfungen von 180 Grad. Während sich für Serienmotoren wegen des besseren dynamischen Verhaltens die 90-Grad-Variante anbietet, verwendet man in Rennmotoren zugunsten einer besseren Leistungsausbeute die 180-Grad-Kurbelwelle und nimmt Nachteile im dynamischen Verhalten in Kauf.

Die mechanische Dynamik bzw. Vibrationen sind ein kritisches Thema bei der neuen F1-Motorengeneration. Die gegenüber dem V10 anderen Zündfolgen und andere Zündabstände führen zu einem völlig veränderten Schwingungsverhalten. Der V10 fuhr auf seinem Drehzahlband zwischen 12.000 U/min und 14.000 U/min in einem kritischen Schwingungsbereich. Damit ließ sich leben, denn mit weiter steigender Drehzahl beruhigte sich die Situation wieder. Im problematischen Bereich hielt man sich nicht lange auf. Die längste Verweildauer liegt naturgemäß in den Spitzendrehzahlen. Und eben da wird es beim V8 problematisch: Seine Vibrationskurve erreicht den kritischen Bereich später als der V10, er beginnt ab ca. 16.000 U/min. Dann allerdings mit weiter steigender Tendenz. Es reicht also nicht mehr, ein schwieriges Intermezzo zu überwinden, vielmehr gilt es, immer weiter steigenden Vibrationen Herr zu werden. Wenn man diese Schwingungen nicht in den Griff bekommt, hat das Auswirkungen auf die Lebensdauer des Motors und auch auf die Beanspruchung von Chassis-Komponenten. Um diese Problematik zu beherrschen, müssen Berechnung und Analyse jedes einzelnen Motorbauteils absolut zuverlässig sein. Dabei sind die Betrachtung der einzelnen Bauteile nur Steinchen im Mosaik. Ihr Miteinander und Gegeneinander in der Simulation des Gesamtsystems zu ermitteln, ist die größte Aufgabe.

Einschränkungen

Weniger Masse würde auch weniger "Bad Vibrations" bedeuten. Doch dem nahe liegenden Griff zu exotischen – und kostspieligen – Ultraleichtmaterialien hat das Reglement vernünftigerweise einen Riegel vorgeschoben. Man arbeitet mit konventionellen und im Reglement festgeschriebenen Titan- und AluMINIumlegierungen. Der neue V8 muss insgesamt schwerer sein als sein Vorgänger, der immerhin zwei Zylinder mehr hatte. 95 Kilogramm muss das Triebwerk jetzt auf die Waage bringen – inklusive Ansaugtrakt einschließlich Luftfilter, Kraftstoffleitungen und Einspritzsystem, Zündspulen, Sensoren und Kabelbaum, Lichtmaschine, Wasser- und Ölpumpen. Aber ohne Befüllung, Auspuffkrümmer, Hitzeschilder, Öltanks, Batterien, Wärmetauscher und Hydraulikpumpe.

Die Schwerpunktlage des Triebwerks ist neuerdings ebenfalls vorgeschrieben: In der Höhe mindestens 165 Millimeter, gemessen wird von der Unterkante der Ölwanne. Zugunsten des Fahrverhaltens war es beim Zehnzylinder gelungen, den Schwerpunkt tiefer anzusiedeln. Auf der Längs- und Querachse des V8 muss der Schwerpunkt bis auf eine Abweichung von +/– 50 Millimeter in der geometrischen Mitte des Motors liegen. Für die technischen Kommissare ist diese Überprüfung nicht mehr mit einfachem Wiegen zu erledigen, jetzt muss die Reglementkonformität durch Wiegen über zwei Ebenen und Berechnung nach dem Hebelgesetz ermittelt werden.

Waren die Maße für die Zylinderbohrung früher gut gehütete Geheimnisse, sind sie jetzt auf maximal 98 Millimeter limitiert. Auch der Zylinderabstand ist mit 106,5 Millimetern (+/– 0,2 mm) fixiert. Die zentrale Achse der Kurbelwelle darf nicht weniger als 58 Millimeter über der Referenzlinie liegen.

Eine weitere einschneidende Veränderung ist das Verbot der variablen Ansaugsysteme. Mit diesen so genannten ‚Trumpets‘ konnte beim V10 der Drehmomentverlauf optimiert werden. Durch die jetzt fixen Kanallängen wird eine gute Fahrbarkeit der Motoren schwieriger darstellbar. Man muss einen Kompromiss finden zwischen maximaler Leistung und guter Fahrbarkeit. Wo allerdings der beste Kompromiss für die Rohrlängen liegt, ist von individuellen Faktoren abhängig. Beispielsweise spielen die Streckenführung und das Wetter eine Rolle. Man wird sich für Kurse mit langen Geraden wie Monza, Indianapolis oder auch Spa zugunsten der Höchstleistung andere Saugrohrlängen wünschen als etwa für winklige Strecken wie Budapest und Monaco. Dort ist mit schierer Power nichts zu gewinnen, dort zählt die Fahrbarkeit mehr. Gleiches gilt bei Regen. Die Ansaugtrichter gehören zwar per Definition zum Motor und sind in dessen Gesamtgewicht von 95 Kilogramm enthalten, dürfen aber bis zum Qualifying gewechselt werden.

Neben den variablen Ansaugsystemen sind auch variable Abgassysteme sowie variable Ventilsteuerungen verboten. Die Spannungsversorgung der Motorelektrik und -elektronik ist auf maximal 17 Volt festgelegt worden, die Kraftstoffpumpe muss neuerdings mechanisch betrieben werden. Zur Betätigung des Drosselklappensystems darf nur ein Aktuator verwendet werden. Mit Ausnahme der elektrischen Hilfspumpen im Benzintank müssen alle Nebenaggregate mechanisch und direkt über den Motor angetrieben werden.

Termine

  • Ende November 2004: Konzeptionsbeginn für den BMW P86.
  • Mai 2005: Die erste Spezifikation absolviert ihren Prüfstandslauf.
  • 13. Juli 2005: Eine weitere Spezifikation wird erstmals im Fahreinsatz getestet. Antonio Pizzonia pilotiert ein für die Aufnahme des Motors modifiziertes Williams-Chassis in Jerez.
  • 28. November 2005: Eine wiederum weiterentwickelte Version steckt im Sauber-Interimschassis, mit dem die Wintertestfahrten in Barcelona begonnen werden.
  • 17. Januar 2006: Die nächste Entwicklungsstufe arbeitet beim Roll-out in Valencia im Heck des BMW Sauber F1.06.
  • 17. Februar 2006: Die erste Rennspezifikation des P86 ist freigegeben.


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