Die Sitze des Autojahrgangs 2006 sind deutlich sicherer als die des Modelljahrs 2005. Das haben Aufprallversuche ergeben, die europäische Versicherer mit dem britischen Testinstitut Thatcham durchgeführt haben. Vor allem in der Golf-Klasse und bei Mittelklasse-Fahrzeugen wurden deutliche Verbesserungen erzielt. Dennoch bleibt enormer Verbesserungsbedarf. Denn immer noch sind 51 von insgesamt 177 geprüften Sitzen mit "schlecht" bewertet (29 Prozent), 46 Sitze (26 Prozent) mit "mäßig". Nur jede fünfte Sitz-Kopfstützenkombination (33 Sitze) ist uneingeschränkt "gut"; 26 Prozent (47 Sitze) sind immerhin noch "akzeptabel". Die für Deutschland relevanten Testergebnisse wurden jetzt vom Verkehrstechnischen Institut der Deutschen Versicherer vorgestellt und sind im Internet unter
www.gdv.de und
www.versicherung-und-verkehr.de veröffentlicht.
Nachdem Ende 2004 eine internationale Arbeitsgruppe von Versicherern zum ersten Mal ein Prüf- und Bewertungsverfahren für die Schutzfunktion von Fahrzeugsitzen gegen Schleudertrauma beim Heckaufprall vorstellte und in den USA und Europa Sitze des Modelljahres 2005 getestet wurden, führte die International Insurance Whiplash Prevention Group (IIWPG) ihre Arbeit in diesem Jahr konsequent fort. Mehr als 60 Sitze des Modelljahres 2006 kamen neu dazu und ergänzen die Resultate aus dem Vorjahr. Jetzt kann sich jeder Autokäufer über die Testresultate von 177 Sitzen aktueller Fahrzeuge des deutschen Marktes informieren, um die Schutzwirkung gegen leichte Halswirbelsäulenverletzungen beim Heckcrash einschätzen zu können. Nach wie vor machen Heckauffahrunfälle den größten Anteil an Kollisionen mit Personenschäden aus, auch wenn diese in der Regel nur leichte Verletzungen nach sich ziehen.
Testverfahren berücksichtigt wesentliche Aspekte beim Heckcrash
Das im Jahr 2004 durch die IIWPG eingeführte Testverfahren wurde für Fahrzeugsitze des Modelljahres 2006 unverändert angewendet: Es setzt sich zusammen aus einer statischen Prüfung der Sitz- und Kopfstützengeometrie, die sicherstellen soll, dass sich auch für Insassen unterschiedlicher Körpergröße Kopfstützen optimal einstellen lassen und einem dynamischen Versuch unter Verwendung eines eigens für Heckaufpralltests konstruierten Dummys. Die dabei auf den Sitz wirkende Beschleunigungsbelastung entspricht einem Aufprall in das Heck eines stehenden Fahrzeuges mit etwa 32 km/h und trägt den zunehmend steiferen Crashstrukturen moderner Personenwagen Rechnung.
Sitze des Modelljahres 2006 besser, aber noch nicht durchweg gut
Die Testergebnisse des aktuellen Modelljahres 2006 zeigen deutliche Verbesserungen der Schutzfunktion gegen das Schleudertrauma. Konnte im letzten Jahr lediglich ein Fünftel der Sitze von getesteten Kompaktwagen (Golf-Klasse) eine "gute" oder "akzeptable" Gesamtbewertung erringen, so sind es für das Modelljahr 2006 fast die Hälfte. Erhielten von den Sitzen im Segment der Mittelklassefahrzeuge im letzten Jahr nur knapp die Hälfte das Prädikat "gut" oder "akzeptabel", so können mit Modelljahr 2006 bereits zwei Drittel dieser Fahrzeuge mit einem entsprechenden Ergebnis aufwarten. Dabei zeigt sich, dass eine gute Kopfstützengeometrie Voraussetzung für ein positives Abschneiden im dynamischen Prüfteil ist.
Aktive Kopfstützen auf dem Vormarsch
Festzustellen ist eine zunehmende Verbreitung von aktiven Kopfstützensystemen, die durch Rückverlagerung des Insassenoberkörpers beim Heckaufprall den Abstand zum Hinterkopf reduzieren und damit einer Überstreckung der Halswirbelsäule und Nackenmuskulatur entgegen wirken. Sogenannte pro-aktive Systeme, die in Verbindung mit einer fahrzeugeigenen Crashsensorik noch frühzeitiger ausgelöst werden können, finden bei ersten Fahrzeugen der Mittel- und Oberklasse sowie bei Geländefahrzeugen Eingang. Das Verkehrstechnische Institut der Deutschen Versicherer setzt sich dafür ein, die Wirkungsweise dieser aktiven Systeme zur Reduzierung des Verletzungsrisikos im Prüfverfahren zu berücksichtigen und damit ihre stärkere Markteinführung zu unterstützen.
Bei Kleinwagen, MINIvans und Geländewagen besteht derzeit noch der größte Verbesserungsbedarf für Schutz beim Heckaufprall. Nach wie vor erreichen unter den Kleinwagen nur ein Viertel das Ergebnis "gut" oder "akzeptabel" in der Gesamtbewertung, die übrigen enttäuschen mit "mäßigen" oder sogar "schlechten" Bewertungen, obwohl gerade Insassen kleiner Fahrzeuge naturgemäß höheren Belastungen im Unfallgeschehen ausgesetzt sein können. Einige positive Beispiele zeigen, dass solche wichtigen fahrzeugseitigen Schutzmaßnahmen nicht nur den höherpreisigen Marktsegmenten überlassen bleiben müssen.
Sitztestverfahren hat sich etabliert
Auf die Testergebnisse des letzten Jahres haben mehrere Automobilhersteller erfreulich schnell reagiert und ihre Sitzkonstruktionen für das Modelljahr 2006 entweder verbessert, oder sie bieten zuvor aufpreispflichtige Ausstattungen mit aktiven Kopfstützen jetzt serienmäßig an. Die Unfallforscher des Verkehrstechnischen Instituts der deutschen Versicherer erwarten, dass sich diese Erkenntnis bald auch bei denjenigen Herstellern durchsetzt, deren Modelle noch unzureichenden Schutz gegen diese Art von Verletzungen bieten.
Das Testverfahren der internationalen Gruppe von Versicherern hat sich damit innerhalb kürzester Zeit zu einer festen Größe in den internen SicherheitsanForderungen der Automobilindustrie entwickelt und leistet damit einen Beitrag zur Verringerung des Verletzungsrisikos im Straßenverkehr.