Sind Senioren am Steuer ein Verkehrshindernis oder gar eine Gefahr im Straßenverkehr, wie gelegentlich behauptet wird? Die Psychologen von TÜV SÜD beantworten diese Frage mit einem klaren Nein. Die Statistik weist ältere Autofahrerinnen und Autofahrer eindeutig als besonders umsichtige Verkehrsteilnehmer aus. An Unfällen sind sie vergleichsweise selten beteiligt – zumindest bis zum 75. Lebensjahr. Dennoch empfehlen die TÜV SÜD-Experten den Senioren, ihre Fahrtüchtigkeit im Zweifelsfall überprüfen zu lassen. Aus Erfahrung wissen sie, dass bei Älteren zum Beispiel die Sehkraft im Dunkeln nachlässt oder die Aufmerksamkeit früher schwindet als bei jungen Menschen. "Dessen sollten sich nicht nur 75-Jährige, sondern auch 50-Jährige bewusst sein", sagt Gerhard Laub, Mitglied der Geschäftsleitung der TÜV Life Service von TÜV SÜD.
Während es in der Europäischen Union deutliche Bestrebungen gibt, den Fitness-Check für ältere Autofahrer gesetzlich vorzuschreiben, setzt die Politik in Deutschland auf Eigenverantwortung. Damit befindet sich Deutschland gemeinsam mit Österreich innerhalb der EU in einer klaren Minderheitenposition. "Wahrscheinlich ist die Einführung nur eine Frage der Zeit", vermutet Gerhard Laub. Auch wenn TÜV SÜD nicht zu den Befürwortern einer obligatorischen Untersuchung für Senioren am Steuer zählt, plädiert er zumindest für eine regelmäßige Kontrolle der Sehkraft. "Denn eigentlich", so Experte Laub, "kann es nicht sein, dass diesbezüglich nach der Führerscheinprüfung ein Leben lang nichts mehr passiert."
Doch vorerst bieten TÜV SÜD und andere Organisationen den Fitness-Check für automobile Senioren auf freiwilliger Basis an – und das mit gutem Erfolg. Häufig werden die Klienten vom Hausarzt an die Psychologen beziehungsweise Verkehrsmediziner der TÜV Life Service, TÜV SÜD Gruppe, überwiesen. Oft werden sie aber auch von Kindern oder Freunden motiviert, die Fahrtauglichkeit überprüfen zu lassen. Die Zwischenbilanz von vielen hundert Untersuchungen: Ein Drittel der Senioren ist absolut fit.
Ein Drittel weist geringfügige Einschränkungen auf. Das letzte Drittel sollte allerdings aufs Autofahren besser verzichten. "Natürlich behandeln wir die Ergebnisse unserer Tests absolut vertraulich", stellt Gerhard Laub klar. Es liegt also an den Betroffenen selbst, welche Konsequenzen sie aus der Diagnose der TÜV SÜD-Fachleute ziehen. Oft helfen schon kleine praktische Tipps, um das Autofahren im Alter einfacher und damit sicherer zu gestalten: Sie reichen vom Vermeiden der innerstädtischen Rushhour über vermehrte Pausen bis zum leicht verdaulichen Essen. "Hin und wieder empfehlen wir unseren Klienten auch ein paar Auffrischungsstunden in der Fahrschule", sagt Gerhard Laub.
Diesen Rat geben die TÜV SÜD-Psychologen zum Beispiel vielen älteren Frauen, die durch Krankheit oder Tod ihres Mannes plötzlich gezwungen sind, wieder selbst Auto zu fahren. Knapp 150 Euro kostet der Fitness-Check bei TÜV SÜD – nach Ansicht von Gerhard Laub eine Investition, die sich schnell amortisieren kann.