Frank Biela (41) und Emanuele Pirro (43) sicherten sich im
Audi R8 des Teams ADT Champion Racing den Fahrertitel in der American Le Mans-Serie 2005 (ALMS). Am Sonntagabend erhielten sie im Rahmen der ALMS-Meisterfeier in Monterey (Kalifornien) ihre Trophäen. Die beiden
Audi Werksfahrer über ihren Siegeszug in den USA und ihre Pläne für die Zukunft.
Was bedeutet Ihnen der Titelgewinn?
Frank Biela: "Sehr viel. Jeder Titel ist schön. Aber nach dem schwierigen DTM-Jahr tat dieses ‚Comeback’ besonders gut. In der vergangenen Saison hatte das Selbstvertrauen schon ein wenig gelitten."
Emanuele Pirro: "Nachdem die letzte Saison nicht so lief wie erhofft, war es für mich wichtig, wieder konkurrenzfähig zu sein. Das waren wir in diesem Jahr immer. Dass wir auch noch die Meisterschaft gewonnen haben, ist natürlich toll. Das hat mir Sicherheit und Motivation zurückgegeben."
Wie schwer war die Umstellung zurück vom Audi A4 DTM auf den R8?
Biela: "Die fiel nicht so schwer wie anders herum. Ich glaube, dass der R8 meinem Fahrstil näher kommt als das, was man zur Zeit in der DTM braucht. Ich konnte den Fahrstil, den ich von Natur aus habe, nicht ändern. Darum war der Schritt zurück in den Sportwagen viel einfacher. Nach zwei, drei Rennen habe ich mich wieder zu Hause gefühlt."
Pirro: "Ich bin früher in meiner Karriere oft gleichzeitig in verschiedenen Rennserien gefahren und hatte nie Probleme, mich an die unterschiedlichen Autos anzupassen. In der DTM musste ich mich jedoch zwingen, meinen Fahrstil zu ändern. Die DTM verlangt einen besonderen Fahrstil, daran habe ich ein Jahr lang gearbeitet. Deshalb musste ich für den R8 erst wieder zu meinen normalen Fahrstil zurückfinden. Das ging aber relativ schnell."
Welche Bedeutung hatte der Audi R8, der nun bald ins Museum wandert, für Ihre Karriere?
Pirro: "Jeder weiß, dass der Audi R8 ein außergewöhnliches Auto ist. Ich glaube, man wird wie so oft aber erst sehr viel später realisieren, wie einzigartig dieser Siegeszug von Audi wirklich war. Ich bin stolz, ein Teil des Projektes gewesen zu sein. Ich habe das erste Rennen gewonnen, den ersten Le Mans-Sieg geholt und nun auch den letzten Meistertitel für den R8."
Biela: "Der Audi R8 hat einen ganz besonderen Platz in meiner Karriere – allein schon wegen der langen Zeit von sechs Jahren, die ich mit dem Auto gefahren bin. Von den Erfolgen her sowieso: Le Mans, American Le Mans, Sebring und und und – ich habe viele schöne Rennen und Meisterschaften mit dem R8 gewonnen."
Wie lief die Saison 2005 aus Ihrer Sicht?
Biela: "Sehr gut. Bei den ersten drei Rennen gab es eine kleine Eingewöhnungsphase. Nach Le Mans kam die Wende mit drei Siegen in Folge. Es lief super. Das Team arbeitet sehr gut. Die Atmosphäre im Team ist unheimlich toll. Die Saison hat wahnsinnig viel Spaß gemacht. Dass wir auch noch die Meisterschaft gewonnen haben, war die Krönung."
Pirro: "Es ging ständig aufwärts. Wir haben die Saison mit ein paar Fragezeichen begonnen. Nach zwei, drei Rennen waren die weg. Es lief sogar besser als erhofft. Am Schluss war es fast zu einfach, wir haben die Meisterschaft ein Rennen vor Saisonende gewonnen."
Was macht den besonderen Reiz von Langstrecken-Rennen und der American Le Mans-Serie aus?
Pirro: "Das Schöne ist, dass man bei den heutigen Langstrecken-Rennen immer voll fahren muss. Bei den modernen Langstrecken-Rennen zählt jede Zehntelsekunde, sogar bei den 24 Stunden von Le Mans. Mir hat es früher nie gefallen, bei Langstrecken-Rennen das Auto und die Reifen schonen zu müssen. Zudem ist es ein tolles Gefühl, einen Teamkollegen zu haben, mit dem man sich gut versteht. Die Rennen in Amerika sind etwas ganz Besonderes. Die Strecken sind großartig. Auf den modernen Rennstrecken in Europa hat man nicht mehr so viel Fahrspaß. Auch die Atmosphäre ist toll."
Biela: "In erster Linie ist sicherlich die Art von Rennauto reizvoll. Es macht unheimlich viel Spaß, einen Sportwagen zu fahren. Und die Rennen sind interessant. Es gibt Fahrerwechsel, es kommt auch sehr auf Strategie an. Die Rennstrecken in Amerika sind toll. Die Fliegerei ist stressig. Aber die Rennen in den USA sind einfach eine schöne Sache."
Sie sind inzwischen beide über 40. Wie lange wollen Sie noch fahren?
Biela: "Es ist klar, dass einem diese Frage immer öfter gestellt wird, wenn man über 40 ist. Ich bin jetzt 41. Ich hoffe, ich habe noch zwei, drei oder vier Jahre, die ich mich stark fühle. Mal sehen, was ich danach machen will, wie konkurrenzfähig ich noch bin und wie viel Spaß es noch macht. Im Moment will ich auf jeden Fall weiterfahren."
Pirro: "Ich möchte noch ein paar Jahre fahren. Sicher ist, dass ich meine Karriere bei Audi beenden möchte. Ich habe Audi sehr viel zu verdanken, Audi aber auch viel gegeben. Mir würde es gefallen, mich mit (Audi Motorsportchef) Dr. Ullrich an einen Tisch zu setzen und gemeinsam mit ihm zu entscheiden, wann der richtige Zeitpunkt gekommen ist, aufzuhören. Im Augenblick fühle ich mich aber noch gut und fit. Und ich habe noch großen Spaß am Rennfahren."