Die Ergebnisse einer aktuellen Studie zeigen das Potenzial von Biomasse im Bundesland Baden-Württemberg. Danach würde an den zwei für die Studie ausgewählten Standorten in den Regionen Heilbronn und Sigmaringen ausreichend Biomasse zur Verfügung stehen, um unter heute bekannten Bedingungen entsprechende Anlagen zur Weiterverarbeitung zu synthetischen Kraftstoffen wirtschaftlich zu betreiben. Das Institut für Technikfolgenabschätzung und Systemanalyse am Forschungszentrum Karlsruhe hat die Studie im Auftrag der Daimler
Chrysler AG mit Unterstützung verschiedener
MINIsterien des Landes Baden-Württemberg erstellt. Die Studie war Teil des Arbeitsprogramms einer gemeinsamen Arbeitsgruppe von Daimler
Chrysler, dem
MINIsterium für Ernährung und Ländlichen Raum, dem Wirtschafts
MINIsterium, dem Umwelt
MINIsterium und der federführenden Verkehrsabteilung des Innen
MINIsteriums sowie verschiedener wissenschaftlicher Institute, die seit September 2003 zusammen kommt. In einem Workshop im Juni 2005 wurde die Studie vor einem ausgewählten Fachgremium zur Diskussion gestellt.
Insgesamt zeigt die Untersuchung, dass in Baden-Württemberg rund 400.000 Tonnen synthetischer Kraftstoff aus rund zwei Millionen Tonnen Biomasse an den genannten Standorten wirtschaftlich produziert werden könnten. Voraussetzung ist, dass die bereits in Pilotanlagen erprobten Verfahren zur Gewinnung von "Biomass-to-Liquid" (BTL)-Kraftstoffen großtechnisch zur Verfügung stehen. Mit dem BTL-Verfahren wird Biomasse zu flüssigem Kraftstoff verarbeitet. Dabei können unterschiedlichste Energieträger zum Einsatz kommen, die allerdings auf Grund spezifischer Gegebenheiten eine unterschiedlich effiziente Produktion zulassen.
Als Biomasseträger wurden in der Studie Stroh, Heu, Waldrestholz und Silomais untersucht. Dabei haben sich Waldrestholz und Getreidestroh als die kostengünstigsten Energieträger erwiesen. Die Studie ermittelte, dass ein Einzugsradius von 50 bis 60 km ausreichen würde, um die entsprechende Menge an Biomasse zu Preisen von 60 Euro/Tonne Trockenmasse bei Waldrestholz und 90 Euro/Tonne Trockenmasse bei Getreidestroh bereitzustellen. Heu und Silomais sind deutlich teurer und wurden nicht berücksichtigt. Die genannten Biomassepotenziale und Preise unterscheiden sich innerhalb Deutschlands nur geringfügig. Geeignete Standorte für BTL-Anlagen werden deshalb hauptsächlich von der Verkehrsinfrastruktur, dem Zugang zu überregionalen Biomassemärkten, den regionalen land- und forstwirtschaftlichen Strukturen und der Art und Weise der Einbindung der Lieferanten bestimmt. Bei der Standortwahl werden zudem Rahmenbedingungen wie etwa Mineralölsteuerbefreiung oder Beihilfen in strukturschwachen Regionen eine Rolle spielen. Preise und Angebotsmengen von Biomasse werden außerdem durch konkurrierende Nutzungen beeinflusst.
"Bei BTL haben wir mit Pilotanlagen bereits gute Ergebnisse erzielt, dennoch stehen wir erst am Anfang der Entwicklung. Synthetische Kraftstoffe aus Biomasse können zu einer sinnvollen Ergänzung unserer Kraftstoffversorgung werden, wenn die Rahmenbedingungen stimmen und wir das Potenzial, das auch die aktuelle Studie aufzeigt, konsequent nutzen", sagt Prof. Dr. Herbert Kohler, Leiter der Forschungsdirektion Fahrzeugaufbau und Antrieb und DaimlerChrysler-Umweltbevollmächtigter. "Bei der Reduktion von Emissionen spielen saubere, neue Kraftstoffe neben verbrauchsoptimierten Motoren eine große Rolle. Die DaimlerChrysler AG unterstützt entsprechende Projekte, weil wir in synthetischen Kraftstoffen einen wichtigen Beitrag zu unserer Energieversorgung sehen. BTL-Kraftstoffe können uns unabhängiger von fossilen Energieträgern machen und nicht zuletzt durch die günstige Kohlendioxidbilanz einen Beitrag zur umweltgerechteren Mobilität leisten."
Bereits seit 2002 arbeitet die DaimlerChrysler AG mit der Choren Industries GmbH zusammen, die in einer speziell konzipierten Pilotanlage im sächsischen Freiberg Restholz in einen hochwertigen und sauberen Kraftstoff verwandelt. Dank eines mehrstufigen Verfahrens lässt sich die Biomasse zunächst verschwelen, anschließend werden die dabei entstehenden Komponenten wie Schwelgas und Biokoks zu Synthesegas verarbeitet, aus dem letztlich in einem klassischen Syntheseprozess, dem Fischer-Tropsch-Verfahren, der flüssige SunDiesel-Kraftstoff hervorgeht.
Biogene Kraftstoffe wie SunDiesel erhöhen die Versorgungssicherheit und bringen kein zusätzliches Kohlendioxid in die Atmosphäre ein. Bei der Verbrennung wird nur so viel Kohlendioxid frei, wie die Pflanzen beim Wachstum gebunden hatten. Bis zu 90 Prozent Kohlendioxid können im Vergleich zu herkömmlichem Dieselkraftstoff vermieden werden. Darüber hinaus hilft der BTL-Kraftstoff bei der Vermeidung von Sommersmog. SunDiesel kann optimal an heutige Hochleistungsdiesel angepasst und ohne Modifikation am Motor verwendet werden. Darüber hinaus könnten mit speziell auf den Kraftstoff angepassten Motoren zudem zukünftig noch weitere Verbesserungspotenziale im Hinblick auf Verbrauch und Emissionen erschlossen werden.