Holz war bis dahin der bevorzugte Werkstoff der Karosseriebauer gewesen. Schritt für Schritt führt Daimler-Benz ab 1930 indes die Stahlgerippe-Bauweise ein. Für den Personentransport gibt es bei Daimler-Benz schon ab Oktober 1930 einen neuen Ganzstahlaufbau, der die Fahrzeuge stabiler, sicherer und dennoch leichter macht.
Und nimmt damit heutige Konstruktionen vorweg: Auf ein Fahrgestell mit niedrigem Rahmen setzen die Karosseriebauer ein filigran wirkendes Stahlgerippe, das aus U-förmigen, gepressten Stahlspanten besteht, die im Verein mit Quer- und Längsträgern eine Art Käfig ergeben. Zur Versteifung der Verbindungen verwenden die Konstrukteure so genannte Knotenbleche. Nieten stellen eine dauerhafte Verbindung des Geflechts her, und Nieten dienen der nachfolgenden Beblechung des Aufbaus.
Spektakuläre Fotos von der Probe aufs Exempel
Die neue Bauweise vereint zahlreiche Vorzüge in sich. So wiegt solch ein Aufbau weniger als die bis dahin verwendeten verblechten Holzgerippe; auch die Stabilität profitiert von der neuen Architektur. Drastisch unterstreichen seinerzeit spektakuläre Fotos die hohe Belastbarkeit des neuen Aufbaus: dokumentiert durch ein Beispiel, bei dem sich eine erkleckliche Zahl an Mitarbeitern des Karosseriewerks Sindelfingen auf dem Dach des neuen Busses versammelt.
Da Stahl im Gegensatz zu Holz nicht splittert, geht mit der Ganzstahlbauweise auch eine höhere passive Sicherheit einher: "Da bei Karambolagen Verletzungen durch Holzsplitter ausgeschlossen sind...", bringt es ein zeitgenössischer Prospekt auf den Punkt.
Stahlbau made in Sindelfingen
Extra Plaketten auf den Mercedes-Benz Omnibussen werben überdies für die neue Technik. "Stahl-Aufbau Daimler-Benz AG Sindelfingen" ist auf ihnen zu lesen. Zwar stammen die Fahrgestelle der Busse zu jener Zeit aus dem Gaggenauer Werk, doch ist für den Aufbau Sindelfingen zuständig – seit 1928 fungiert Sindelfingen als "Omnibuswerk" von Daimler-Benz. Die großen Omnibusse machen den Anfang beim Übergang zum Ganzstahlaufbau, die kleineren Modelle folgen in den Jahren darauf.
Schon im Jahr 1935 kann Daimler-Benz als Fazit ziehen: "Für den kleinsten wie auch den größten Omnibus und Allwetter-Wagen werden Ganzstahlaufbauten vorgesehen, da sich diese Bauweise dem Holzaufbau in jeder Hinsicht überlegen gezeigt hat." In kürzester Zeit hat das Werk also das gesamte Programm für Mercedes-Benz Omnibusse umgestellt.