Kreuzungen sind im innerstädtischen Verkehr Unfallschwerpunkt Nummer Eins. Die meisten Unfälle ereignen sich dort, weil die Fahrer rote Ampeln oder Stopp-Schilder übersehen beziehungsweise die "Rechts-vor-Links-Regel" missachten. Fehler beim Ein- und Abbiegen oder beim Wenden gehören ebenfalls zu den Hauptursachen. Fahrerassistenzsysteme können in solchen Situationen für mehr Verkehrssicherheit sorgen, indem sie den Fahrer entlasten und ihn rechtzeitig vor Gefahren warnen. Daimler
Chrysler hat deshalb innerhalb des Forschungsprojekts INVENT neue Funktionen für Fahrerassistenzsysteme – speziell für Kreuzungssituationen – in
Mercedes-Benz E- und S-Klasse-Fahrzeugen prototypisch dargestellt.
Querverkehr im Auge behalten
Das Verkehrsgeschehen an innerstädtischen Kreuzungen ist in der Regel sehr komplex. Hier muss der Fahrer innerhalb kürzester Zeit die Lage bewerten, Entscheidungen treffen und Aktionen einleiten. Dabei darf er die Straße nicht aus dem Auge verlieren; er muss vor allem auf Verkehrsteilnehmer achten, die die Fahrbahn überqueren könnten. Für diese Situationen hat die DaimlerChrysler Forschung erstmals ein völlig neues videobasiertes Assistenzsystem als Prototyp realisiert. Das Prinzip: Eine Stereokamera beobachtet das Geschehen vor dem eigenen Fahrzeug. Informationen von einer digitalen Karte sorgen dafür, dass sie ihren Blickwinkel bereits im Voraus optimal auf die Gegebenheiten der jeweiligen Kreuzung ausrichten kann. Innerhalb weniger Millisekunden – und damit schneller als das menschliche Auge – erfasst die Bildverarbeitung dann Objekte, die sich von der Seite auf die Fahrbahn zu bewegen. Anhand deren Bewegungsrichtung, Abstand und ihrer Geschwindigkeit in Relation zum eigenen Fahrzeug beurteilt das System, ob die Gefahr einer Kollision besteht.
Schnell erkannt: Stopp-Schilder und rote Ampeln
Ein Stopp-Schild oder eine rote Ampel ist schnell übersehen. Das zeigt sich auch in der Statistik: nicht zuletzt aus diesen Gründen passiert innerorts der größte Teil an Vorfahrtsunfällen. Die von der DaimlerChrysler-Forschung entwickelten Bilderkennungsverfahren leisten hier Hilfestellung: Eine hinter der Windschutzscheibe montierte Kamera liefert Bilder von der aktuellen Verkehrssituation, die laufend nach relevanten Objekten durchsucht werden. Im Falle der Stoppschilder sind dies beispielsweise entsprechend große annähernd runde Flächen. Innerhalb von Sekundenbruchteilen analysiert das System dann anhand gelernter Muster wie Form und Schriftzug, ob es sich dabei tatsächlich um ein Stoppschild handelt.
Auch bei der Erkennung von roten Ampeln werden die Kamerabilder mit einem speziellen Algorithmus ausgewertet. Hier fixiert das System helle Lichtpunkte und unterscheidet - auch wieder mit Hilfe gelernter Informationen – Ampeln von ähnlichen Bildinhalten wie zum Beispiel den Bremslichtern vorausfahrender Fahrzeuge.
Richtige Warnung zur rechten Zeit
Ob Querverkehr, Stoppschilder oder rote Ampeln – ist das Objekt als solches erkannt und der Fahrer reagiert nicht entsprechend, wird er gewarnt. Und zwar in mehreren Stufen: zunächst optisch und dann akustisch. Reagiert er auf diese Alarmzeichen nicht erfolgt eine kurze Warnbremsung, um seine Aufmerksamkeit wieder auf das Verkehrsgeschehen zu lenken. Auch automatische Gefahrenbremsungen wurden mit den Versuchsfahrzeugen der DaimlerChrysler-Forschung dargestellt.
Der Frage, wie und zu welchem Zeitpunkt der Fahrer am besten informiert wird, sind die Forscher ebenfalls nachgegangen. Denn in modernen Fahrzeugen gilt es, die Vielzahl an verfügbaren Informationen sinnvoll zu steuern. Ein situationsgerechtes Warn- und Informationsmanagement sorgt deshalb dafür, dass der Fahrer zuerst die Hinweise erhält, die für ihn in der jeweiligen Fahrsituation am wichtigsten sind. So wird sichergestellt, dass zum Beispiel Warnmeldungen bei drohenden Gefahren Vorrang haben etwa vor AufForderungen zum Nachfüllen des Wischwassers. Auch parallel eingehende Telefonate können in solchen Fällen unterdrückt werden, damit sich der Fahrer voll auf die momentane Fahraufgabe konzentrieren kann.
Ein mögliches Anwendungsszenario haben die Forscher innerhalb des INVENT-Projektes erarbeitet. Und zwar in Form einer Assistenzfunktion, die den Fahrer unterstützt, schon während er sich auf eine Kreuzung zu bewegt. Sein Navigationssystem informiert ihn dabei zusätzlich über die jeweilige Vorfahrtsregelung und kann ihm Hilfestellung beim Einordnen auf die richtige Fahrspur geben.
Mehr Verkehrssicherheit durch elektronische Helfer
Fahrerassistenzsysteme, wie sie in INVENT dargestellt wurden, können wesentlich zur Unfallvermeidung beitragen. Analysen der Unfallursachen an ampelgeregelten Kreuzungen zeigen zum Beispiel, dass mehr als die Hälfte aller Unfälle dort bereits durch eine rechtzeitige Warnung des Fahrers vor dem versehentlichen Überfahren des Rotlichts verhindert werden könnte. Die Aufgabe weiterführender Forschungsinitiativen wird es deshalb sein, die prototypischen Ansätze weiter zu optimieren und so neue wegweisende Sicherheitssysteme für den Verkehr der Zukunft zu entwickeln.