Der ADAC hat erstmals günstige Kindersitze auf ihre Sicherheit hin überprüft. Alarmierendes Ergebnis: Von 9 getesteten Modellen fielen 5 durch. Sie erhielten die schlechtest mögliche Note "mangelhaft". 3 schafften ein "ausreichend" und nur einen Sitz konnten die Prüfer als "befriedigend" bewerten. Die Kindersitze kosten zwischen 5 und 85 Euro und sind deutsch-landweit in Bau- und Verbrauchermärkten, im Zubehörhandel sowie im Versandhandel erhältlich.
Als "mangelhaft" wurde der "IWH Baby Primeur" (Preis 50 Euro, 0 bis ein Jahr) eingestuft. Diese Babyschale hatte eklatante Schwächen beim Frontcrash. Der Schrittgurt des sitzeigenen Gurtsystems riss aus der Sitzschale, sodass der Dummy nicht mehr gesichert war und durchs Fahrzeug flog. Auch der "Kids im Sitz Speedway" (50 Euro) für Kinder zwischen 9 Monaten und 12 Jahren fiel durch. Er schnitt beim Frontcrash mangelhaft ab. Beim "IWH Remi" (50 bis 75 Euro, 0 bis 4 Jahre) riss beim Frontcrash die Fahrzeuggurtführung für den Schultergurt aus, der Sitz löste sich vom Fahrzeug und schleuderte samt Dummy nach vorne. Beim "Looney Tunes Dooby" (50 bis 85 Euro, 0 bis 4 Jahre) hängte sich der Fahrzeuggurt beim Frontcrash am Sitz aus. Ebenfalls "mangelhaft" war der Sitzerhöher "IWH Sunny touring" (7,50 bis 10 Euro) für Kinder zwischen 4 und 12 Jahren.
"Ausreichend" wurde der "Kids im Sitz Carry Easy" (35 bis 40 Euro, 0 bis ein Jahr) bewertet. Die Fehlbedienungsgefahr war aufgrund der verwirrenden Größenanpassung enorm, außerdem wurden erhöhte Belastungswerte beim Seitencrash festgestellt. Auch der "IWH Kids Club" (10 Euro) für Kinder ab 9 Monaten bis zu 4 Jahren erhielt ein "ausreichend". Die Montageanleitung wies erhebliche Mängel auf. Sitzschale und Fangkörper erwiesen sich als bruchempfindlich. Die "Uniropa Kindersitzerhöhung" (5 Euro) für Kinder zwischen 4 und 12 Jahren ist nur als Notlösung brauchbar. Es wurden erhöhte Belastungswerte beim Front- und Seitencrash gemessen.
Das einzige Modell mit der Note "befriedigend", war der "Uniropa Navy" (40 Euro). Dieser Sitz für Kinder im Alter von 4 bis 12 Jahren hatte eine gute Gurtgeometrie und eine gute seitliche Abstützung im. Trotz der erschreckenden Ergebnisse bieten die Billig-Kindersitze mit den Noten "befriedigend" und "ausreichend" aber immer noch mehr Sicherheit als ein bloßer Fahrzeuggurt. Der Gesetzgeber erlaubt aus gutem Grund nicht, dass Kinder unter 12 Jahren ungesichert im Auto reisen.
Billig-Kindersitztest - so haben wir getestet
Im jährlich durchgeführten Autokindersitztest werden Produkte namhafter Hersteller getestet, die in der Regel über den Fachhandel vertrieben werden und je nach Sitzart zwischen 100 und 350 Euro kosten.
Im Rahmen des Billig-Kindersitztestes wurden Produkte der Gewichtsklassen 0+ (bis 13 kg, ca. 1 Jahr), I (9 bis 18 kg, 1 bis 4 Jahre) und II/III (15 bis 36 kg, 4 bis 12 Jahre) überprüft, die deutschlandweit über den Autozubehörhandel, Baumärkte, Möbeldiscounter, Verbrauchermärkte, den Versandhandel und das Internet erhältlich sind.
Die Sitze kosten je nach Modell zwischen 5 und 85 Euro. Unsere Tester wählten jeweils die günstigste Variante aus, sodass der Preis der getesteten Produkte maximal 50 Euro betrug.
Die Kindersitze wurden zunächst auf ihre Sicherheit beim Front- und Seitenaufprall getestet. Mit einem Prüfschlitten, auf den eine viertürige VW Golf-IV-Karosserie montiert wurde, simulierten die Tester jeweils einen Frontalaufprall mit 64 km/h und einen Seitenaufprall mit 50 km/h.
Die Belastungswerte wurden bei jedem Modell am jeweils kleinsten und größten zulässigen Dummy getestet, ebenso Varianten wie mit "sitzeigenem Gurt" oder mit "Fahrzeuggurt".
Die Tester überprüften außerdem bei allen Modellen den Gurtverlauf, die Größenanpassung, die Standfestigkeit auf dem Fahrzeugsitz und die Kopfabstützung.
Die Überprüfung der Bedienerfreundlichkeit (Ein- und Ausbau des Sitzes, die Bedienungsanleitung, das An- und Abschnallen, Fehlbedienungsmöglichkeiten) fand nur bei den Modellen statt, die nicht schon durch die Sicherheitsprüfung gefallen waren.
Bei der Ermittlung der Gesamtnote wurden nur die Kriterien "Sicherheit" und "Bedienung" berücksichtigt, der schlechtere Wert überwog.
Billig-Kindersitzttest - Problem Kindersitzkauf
Welches Modell ist das richtige für mein Kind? - Dr. Wilfried Klanner, Leiter ADAC Test und Technik, gibt 10 wertvolle Tipps, die Ihnen die Auswahl erleichtern soll:
1.) Informieren Sie sich!
Wenn Sie den höchstmöglichen Sicherheitsstandard für Ihr Kind wollen, informieren Sie sich vor dem Kauf über die Testsieger des jährlichen ADAC-Kindersitztestes.
2.) Lassen Sie sich von Experten beraten!
Die Modell-Vielfalt bei Kindersitzen ist enorm. Lassen Sie sich vor dem Kauf unbedingt im Fachgeschäft beraten, welches für Sie optimal ist. Der Experte muss Ihnen Einbau und Bedienung genau erklären.
3.) Nehmen Sie Ihr Kind und Ihr Auto zum Kauf mit!
Bauen Sie den Sitz vor dem Kauf unbedingt versuchsweise im eigenen Fahrzeug ein und lassen Sie Ihr Kind Probe sitzen. Ihr Kind muss seinen Sitz akzeptieren und bequem darin Platz finden.
4.) Studieren Sie die Bedienungsanleitung!
Um eine Fehlbedienung zu vermeiden, müssen Sie die Bedienungsanleitung detailgenau befolgen. Achten Sie besonders auf die erlaubte Sitzposition, die Gurtführung und die Einbaurichtung.
5.) Vorsicht bei Airbags!
Bei Fahrzeugen mit Airbags müssen Sie unbedingt die Hinweise des Kindersitz- und des Fahrzeug-Herstellers beachten. Bei aktiven Beifahrerairbags dürfen Sie auf keinen Fall rückwärts gerichtete Systeme auf dem Beifahrersitz verwenden.;
6.) Achten Sie auf den korrekten Einbau!
Sie müssen den Kindersitz so befestigen, dass er kippsicher ist und nicht verrutscht. Sie dürfen keinerlei Veränderungen am Kindersitz vornehmen.
7.) Passen Sie auf den Gurtverlauf auf!
Sie müssen den Gurt immer der Größe Ihres Kindes anpassen. Achten Sie dabei vor allem auf den richtigen Gurtverlauf. Der Schultergurt soll über die Schultermitte und der Beckengurt so tief wie möglich über die Leistenbeuge laufen.
8.) Überprüfen Sie immer wieder den Sitz des Gurtes!
Sie müssen Ihr Kind im Sitz immer so straff wie möglich angurten. Lockere Gurte sind lebensgefährlich. Vergessen Sie nicht den Verlauf der Gurte und die Höhe der Kopfabstützung von Zeit zu Zeit zu überprüfen und nachzustellen.
9.) Machen Sie Ihr Auto sicher!
Führen Sie keine schweren oder scharfkantigen Gegenstände im Innenraum des Fahrzeugs mit, wie zum Beispiel einen Atlas auf der Hutablage. Diese können bei einem Unfall oder beim scharfen Abbremsen zu tödlichen Geschossen werden.
10.) Kein Sitz - lebensgefährlich für die kids und teuer für Sie!
Wenn Sie Kinder unter 12 Jahren, bzw. unter 1,50 Meter Körpergröße, ohne geeigneten Kindersitz im Auto mitnehmen, gefährden Sie nicht nur das Leben der Kleinen. Für Sie kann es auch richtig teuer werden, denn es drohen Ihnen - je nach Art des Verstoßes - Bußgelder von bis zu 50 Euro und 1 Punkt in Flensburg. Das gilt auch, wenn Sie Freunde Ihrer Kinder mitnehmen - egal wie kurz die Strecke ist.
Wird ein Kind, das nicht in einem Kindersitz gesichert wurde, bei einem Unfall verletzt oder gar getötet, werden Sie strafrechtlich wegen fahrlässiger Körperverletzung oder Tötung verfolgt - auch wenn Sie nicht der Unfallverursacher sind.