Am Silvestertag 2004 beginnt die 27. Auflage der Rallye Dakar mit dem Prolog in Barcelona. Bis zur Zielankunft am 16. Januar in der senegalesischen Hauptstadt Dakar müssen die Piloten 8.956 Kilometer hinter sich bringen – davon 5.431 Kilometer auf Zeit verteilt auf 16 Prüfungen.
Mitsubishi-Pilotin Andrea Mayer ist eine von insgesamt rund 770 Akteuren, die sich in den Kategorien Auto, Lkw und Motorrad auf das Abenteuer einlassen. Zusammen mit ihren Teamkollegen Stéphane Peterhansel (Sieger 2004) und Hiroshi Masuoka (Sieger 2002 und 2003) sowie den beiden Neuzugängen, dem wüstenerfahrenen ehemaligen Ski-Weltcup-Sieger Luc Alphand sowie Joan "Nani" Roma, 2004 Dakar-Sieger auf dem Motorrad, verfolgt die Allgäuerin ein Ziel: den insgesamt zehnten Triumph bei der Königin aller Marathon-Rallyes für das seit 2001 ungeschlagene Mitsubishi Werksteam einzufahren.
Was erwartet die Teilnehmer bei der Dakar 2005?
"Bei der Vorstellung der neuen Route im November habe ich sofort gedacht: Das wird eine harte Dakar. Beim Prolog und der ersten kleinen Prüfung in Spanien können wir uns "warm" fahren. Aber schon in Marokko erwartet uns die erste Hürde. Besonders bei der steinigen zweiten Prüfung muss man konzentriert zu Werke gehen, um sich sein Auto nicht schon hier zu zerstören. Aber der "Knackpunkt" wird wieder Mauretanien sein. Hier stehen uns sechs Etappen mit Sand, Sand und nochmals Sand bevor. Wer es da durch schafft, ist schon fast im Ziel. Obwohl man sich bei der Dakar erst dann sicher sein kann, dass man es geschafft hat, wenn man auf der Zielrampe steht."
Wie haben Sie sich auf die anstehenden Strapazen vorbereitet?
"Einen ganzen Tag eingezwängt im Cockpit bei Gluthitze kann man nur durchhalten, wenn man topfit ist. Deshalb trainieren wir nicht nur unser Fahrkönnen, sondern auch unseren Körper. Die beiden letzten Trainingseinheiten haben wir im November und Dezember absolviert. Eine Woche haben wir in Südfrankreich geschuftet und geschwitzt und neun Tage in der Bretagne."
2004 haben Sie die Dakar im Mitsubishi Pajero bestritten, jetzt treten Sie mit einem neuen Auto an, dem L200 Pick-up. Wo sind die Unterschiede?
"Der L200 ist noch einmal deutlich schneller als der Pajero. Er basiert auf dem Pajero Evolution, der die Dakar ja schon zweimal gewonnen hat. Ein großer Vorteil ist der Vierliter-Motor des L200. Der Pajero hatte nur 3,5 Liter Hubraum. Zwar haben beide Triebwerke rund 270 PS, aber der L200 hat deutlich mehr Drehmoment. Das erleichtert das Fahren besonders in den Dünen."
Wie im Vorjahr wurde Ihnen vom Team die wichtige Aufgabe zugeteilt, den Mannschaftskameraden bei Problemen zur Seite steht. Was bedeutet das für Sie?
"Zuerst einmal bin ich stolz, dass ich in so einer wichtigen Funktion eingesetzt werde. Ich will die Aufgabe mit allen mir zur Verfügung stehenden Möglichkeiten erfüllen. Wobei ich natürlich hoffe, so wenig wie möglich eingreifen zu müssen. Die Rallye muss ich taktisch entsprechend angehen. Ich darf nicht zu viel riskieren, um nicht auszufallen, muss aber schnell genug sein, damit meine Teamkollegen im Notfall nicht lange auf mich warten müssen."
2004 belegten Sie einen hervorragenden fünften Platz. Was haben Sie sich für 2005 als persönliches Ziel gesetzt?
"Grundsätzlich ist es schwierig, bei einer Rallye wie der Dakar Prognosen abzugeben. Ich würde mich freuen, wenn es ähnlich gut läuft wie 2004. Wenn man bedenkt, dass mit Mitsubishi, Nissan und Volkswagen insgesamt zwölf siegfähige Werksautos antreten und noch viele starke Privat-Teams wie x-raid, Schlesser und Dessoude vorne mitmischen werden, wäre bereits ein fünfter Platz eine Steigerung gegenüber 2004, als das Starterfeld weniger gut besetzt war.
In diesem Jahr wurde das Luftdrucksystem verboten, mit dem die Piloten während der Fahrt die Reifen befüllt haben. Welche Konsequenzen hat das?
"Im Marathonsport gibt es den "idealen" Luftdruck nicht. Auf hartem Untergrund fährt man mit viel Druck, um die Reifen zu schonen und um ein gutes Fahrverhalten zu haben. Im Sand zählt aber Traktion, und die erreicht man am besten mit wenig Luft in den Reifen. Mit dem Luftdrucksystem konnten wir die Reifen immer den Untergrund entsprechend befüllen und das ohne Zeitverlust. Das geht jetzt nicht mehr. Entweder man wählt morgens einen Kompromiss, oder steigt während der Fahrt aus und ändert den Luftdruck. Letzteres kostet aber pro Stopp rund fünf Minuten, die man nur schwer wieder aufholt. Das kann man machen, wenn der Untergrund einmal am Tag wechselt. Aber solche Etappen sind selten. Ich gehe davon aus, das wir uns morgens für einen Luftdruck entscheiden, der für die entsprechende Prüfung den besten Kompromiss darstellt."
Sie haben mit Jean-Michael Polato einen neuen Beifahrer, der mit 33 Jahren für Dakar-Verhältnisse relativ jung ist. Ein Nachteil?
"Auf keinen Fall, denn Jean-Michel mischt bereits seit 13 Jahren bei Marathon-Rallyes mit. Er bringt also mehr Erfahrung mit als viele ältere Beifahrer. Er ist wie ich hoch motiviert und erfolgshungrig."
Wie wichtig ist der Beifahrer bei der Dakar?
"Er trägt ungefähr die Hälfte zum Erfolg bei. Bei der jetzigen Dakar sind die Co-Piloten sogar besonders geFordert, denn es gibt deutlich weniger GPS-Punkte für die Satelliten-Navigation. Umso wichtiger ist es, dass der Beifahrer die richtige Route findet. Es ist aber auch beruhigend, wenn sich der Co-Pilot mit dem Auto auskennt. Bei Jean-Michel mache ich mir in der Beziehung keine Sorgen, er ist gelernter Mechaniker. Es wird bei der Dakar zwei je zweitägige Marathon-Etappen geben, bei denen im Gegensatz zum Vorjahr bei der abendlichen Zwischenstation nicht mehr am Auto gearbeitet werden darf. Etwaige Reparaturen müssen also auf der Strecke durchgeführt werden. Es ist dann gut zu wissen, dass ich jemanden neben mir sitzen habe, der vom Fach ist."