Beim Großen Preis von Japan in Suzuka wurden erstmals in der Geschichte der Königsklasse Qualifying und Rennen am selben Tag ausgetragen. Nachdem am Samstag alle Sessions wegen des heranziehenden Taifuns "Ma-On" abgesagt werden mussten, stürmten Ralf Schumacher für
BMW WilliamsF1 und Jenson Button für BAR-
Honda auf die Plätze zwei und drei. Den Sieg holte sich
Ferrari-Pilot Michael Schumacher, der wieder einmal in seiner eigenen Klasse fuhr. Da auch der viertplatzierte Lokalheld Takuma Sato für Michelin-Partner BAR-
Honda punktete, ist der britisch-japanischen Paarung der zweite Platz in der Konstrukteurs-Weltmeisterschaft kaum noch zu nehmen.
Es schien, als wollte sich das Wetter über die gesamte Formel 1 lustig machen: Noch am Freitag ertranken beide freien Trainingssitzungen förmlich im Regen, am Samstag hatten die FIA-Offiziellen gar das ganze Gelände des "Suzuka Circuit" gesperrt, da der Wirbelsturm "Ma-On" Kurs auf die japanische Grand Prix-Strecke genommen hatte. Das nach japanischer Zählweise 22. Unwetter des Jahres zeigte sich jedoch gnädig, drehte ab und beließ es bei starken Regenfällen. Am Sonntag klarte es so weit auf, dass die Grand Prix-Piloten einigermaßen problemlos zum Qualifying antreten konnten. Im Rennen sollte es gar komplett trocken bleiben – zum ersten Mal überhaupt an diesem Wochenende.
Bis zum Einzelzeitfahren hatten sich die Fluten jedoch noch nicht völlig verzogen. Die Folge: Je später ein Pilot auf die Strecke musste, desto bessere Bedingungen fand er vor – und umgekehrt. Beide Renault-Piloten zum Beispiel erwischten es so ungünstig, dass sie jeweils gegen Mitte der Sessions ihre schnelle Runde drehten, beide Male noch auf nasse Verhältnisse trafen und somit gleich zwei Mal Pech hatten. So wurde Jacques Villeneuve bis auf Startplatz neun durchgereicht, Fernando Alonso blieb gar nur Position elf.
Michelin-Pilot Trulli beim Toyota-Debüt mit Paukenschlag
Andere Michelin-Teams sorgten dagegen für die Highlights des Pre-Qualifyings: So gelang Jarno Trulli bei seinem ersten Einsatz für Toyota ein wahrer Paukenschlag. Der Italiener – der beim zurückliegenden Grand Prix von China nicht gestartet war – nutzt seine späte Startposition ins erste Einzelzeitfahren eiskalt aus und markierte die Bestzeit. Startplatz sechs im zweiten Versuch sorgte für zufriedene Gesichter beim einen der beiden rot-weißen Heimteams.
Williams-BMW-Pilot Ralf Schumacher und Jaguar-Speerspitze Mark Webber machten es noch besser: Der Deutsche stellte seinen FW26 in die erste Startreihe neben den Ferrari seines Bruders, der Australier bescherte den Wildkatzen bei ihrem vorletzten Grand Prix Startplatz drei.
"Alle unsere Partner benutzten im entscheidenden Qualifying Trockenreifen", erklärt Michelin Motorsport-Direktor Pierre Dupasquier. "Es war offensichtlich, dass sie bei den kühlen Streckentemperaturen und den vereinzelten feuchten Stellen einen Reifenvorteil hatten." Die Tatsache, dass kein Team die angebotenen zwei Trockenreifen-Typen in Suzuka zuvor ausprobieren konnte, bereiteten dem Franzosen kein Kopfzerbrechen: "Unsere Partner verwenden im Rennen beide Pneu-Typen. Dank ihrer Erfahrung und unserer Datenbank sind alle Michelin-Teams sicher, die richtige Wahl getroffen zu haben", so Dupasquier vor dem Start.
Mit dem Verlöschen der Ampeln katapultierte sich Pole-Setter Michael Schumacher in Front, gefolgt von seinem Bruder Ralf und den beiden BAR-Piloten Jenson Button und Takuma Sato. Der deutsche BMW WilliamsF1-Pilot konnte als Einziger dem Ferrari folgen und legte gleichzeitig einigen Abstand zwischen sich und seine Verfolger. In Runde zehn eröffnete der offenbar mit leichter Spritladunng gestartete Wahl-Salzburger den ersten Boxenstopp-Reigen. Vier Runden später tauchte der Rennführende zum Nachtanken auf, einen weiteren Umlauf später erschienen auch die Renault F1-Fahrer zum kleinen Service. Obwohl die ersten Boxenstopp-Fenster damit sehr nah zusammenlagen, enthüllten die Tankzeiten, dass die Top-Teams auf verschiedene Strategien setzten: Ferrari und BMW WilliamsF1 hatten ihre Fahrer auf drei Stopps gepolt, beide Renault planten zwei Boxenbesuche. BAR-Honda – die andere umjubelte Heimmannschaft – spielte gleich beide Karten, indem man Takuma Sato für drei und Jenson Button für zwei Stopps vorgesehen hatte.
Während der "rote Baron" Michael Schumacher an der Spitze in der Manier eines Champions auf und davon fuhr – und damit voreilige Kritiker Lügen strafte, die nachlassende Motivation erkannt haben wollten – blieb die Situation hinter dem Deutschen lange offen. Da Ralf Schumacher, Button und Sato über die 53-Runden-Distanz ein fehlerloses Rennen lieferten, änderte sich an der Reihenfolge der drei Michelin-Piloten aber bis ins Ziel nichts mehr. Ralf jubelte über seinen ersten Podiumsbesuch der laufenden Saison, die BAR-Männer über den De-facto-Gewinn der Vizeweltmeisterschaft.
"Wir hatten nicht erwartet, so stark zu sein, doch wir setzten auf die richtige Strategie", räumte Ralf Schumacher nach dem Rennen ein. Die Frage, ob er trotz der kurzen Vorbereitung die richtige Reifenwahl getroffen habe, beantwortete er unmissverständlich: "Wenn du Michelin auf dem Auto hast, bist du immer richtig bedient."
Takuma Sato auf Rang vier und Jenson Button auf Platz drei – sein zehnter Podestplatz der Saison (!) – bescherten Michelin-Partner BAR vor dem letzten Saisonlauf 16 Punkte Vorsprung in der Hersteller-Wertung. So groß wie die Freude bei der britisch-japanischen Mannschaft, so groß fiel die Enttäuschung bei Renault aus. "Ich glaube, dass ich heute noch das Beste aus den Voraussetzungen gemacht habe", gab der Fünftplatzierte Fernando Alonso zu Protokoll. "Leider nutzen uns die Punkte, die ich heute geholt habe, nur in der Fahrerwertung – für die Konstrukteurs-Weltmeisterschaft besitzen sie wohl nur noch statistischen Wert." Teamkollege Jacques Villeneuve litt unter starkem Untersteuern und wurde Zehnter.
Während McLaren-Mercedes-Pilot Kimi Räikkönen sich nach dem schwierigen Qualifying immerhin noch auf Rang sechs vorkämpfte, musste sein Markenkollege David Coulthard nach einer Kollision mit dem Ferrari von Rubens Barrichellio aufgeben. Unbelohnt für ihre starken Qualifying-Leistungen blieben Jaguar und Toyota.
Mit sechs Autos in den Punkterängen fällt das Fazit von Pierre Dupasquier dennoch sehr positiv aus: "Aus technischer Sicht war das ein sehr interessantes Wochenende, denn wir konnten unsere neusten Regenreifen und Intermediates ausprobieren. Mit den Ergebnissen sind wir äußerst zufrieden. Wir haben bewiesen, dass Michelin auch unter erschwerten Bedingungen in der Lage ist, für die verschiedensten Autos sehr effiziente Pneus bereitzustellen. Beide Reifentypen waren auf dieser anspruchsvollen Strecke schnell und konstant."
Statistisches
Großer Preis von Japan, Suzuka Circuit, 17. Lauf zur FIA-Formel 1-Weltmeisterschaft 2004 (10. Oktober 2004); Renndistanz: 53 Runden à 5,807 km = 307,573 km.