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Historie Historische Antriebsaggregate: Von Daimler bis Maybach

Historie


Historische Antriebsaggregate: Von Daimler bis Maybach

Nachbau des Daimler Reitwagens vor der Gottlieb-Daimler-Gedächtnisstätte in Bad Cannstatt.
Antriebsaggregate am Anfang der Automobilgeschichte: Zündend ist der Einzylindermotor, den Gottlieb Daimler am 03. April 1885 zum Patent anmeldet.
Nachbau des Daimler Reitwagens vor der Gottlieb-Daimler-Gedächtnisstätte in Bad Cannstatt.

Innovative und effiziente Antriebsaggregate am Anfang der Automobilgeschichte: In jeder Hinsicht zündend ist beispielsweise vor 135 Jahren der Einzylindermotor, den Gottlieb Daimler am 03. April 1885 zum Patent anmeldet. Aufgrund seiner äußeren Form erhält der neuartige Verbrennungsmotor den Spitznamen „Standuhr“. Er ist kompakt, leicht und entwickelt als erster schnelllaufender Benzinmotor aus 264 Kubikzentimeter Hubraum 0,37 kW (0,5 PS) bei 700/min. Eine Kurvennutensteuerung steuert über eine auf der Kurbelwelle angebrachte Scheibe und eine Übertragungsstange das Auslassventil.

Noch im gleichen Jahr baut Daimler mit der „Standuhr“ den „Reitwagen“, das erste Motorrad der Welt. So beweist der Erfinder, dass seine Idee für individuelle Mobilität mit einem kompakten Antrieb funktioniert.

Unabhängig von Daimler entwickelt Carl Benz in Mannheim seinen dreirädrigen Patent-Motorwagen mit einem ebenfalls selbst konstruierten Verbrennungsmotor und meldet ihn Anfang 1886 zum Patent an. Es ist das erste Automobil der Welt. Daimler folgt im Sommer des gleichen Jahres: Er setzt eine leistungsstärkere Variante der „Standuhr“ mit 462 Kubikzentimetern Hubraum und 0,8 kW (1,1 PS) in eine Pferdekutsche und schafft damit das erste vierrädrige Automobil.

Seit diesen Premieren prägt der Wille zur Innovation in der Antriebstechnik die Entwicklungsarbeit des Unternehmens. Bis zum heutigen Tag werden Motoren mit jeder neuen Generation leistungsstärker und effizienter. Das gilt selbstverständlich auch für heutige Elektromotoren: Wie ihre Vorläufer in den ersten Fahrzeugen von Daimler und Benz gilt für sie die Vorgabe, aus dem vorhandenen Energievorrat die ideale Leistungsausbeute zu holen.

1890: Der erste Vierzylinder-Benzinmotor der Welt

Im Jahr 2020 feiern zwei weitere wichtige Motorenentwicklungen ihre Jubiläen. Im Frühjahr 1890 und damit vor 130 Jahren baut Wilhelm Maybach, der geniale Konstrukteur an der Seite von Gottlieb Daimler, den ersten Vierzylinder-Benzinmotor. Damit erschafft er eine bis heute wichtige Grundform von Verbrennungsmotoren. Der Motor wiegt 453 Kilogramm, hat sechs Liter Hubraum und leistet 9 kW (12,3 PS) bei 390/min. Das erste Exemplar wird am 21. August 1890 als Bootsmotor nach New York ausgeliefert.

Bereits zehn Tage später wird ein zweiter und kleinerer Vierzylinder-Bootsmotor expediert. Er hat einen Hubraum von 2,4 Litern und entwickelt 4 kW (5,9 PS) bei 620/min. Eine weitere Zahl unterstreicht die Verdienste Maybachs insbesondere für die Weiterentwicklung der Antriebstechnik: Dieser Motor wiegt gerade einmal 153 Kilogramm – und damit lediglich rund ein Zehntel des Gewichts zeitgenössischer Stationärmotoren. Diese bringen zudem nur ein Drittel der Leistung und sind vor allem eines: immobil.

Aber auch in den technischen Details sind die Daimler Vierzylindermotoren wegweisend. So ersetzt Maybach beispielsweise Daimlers Kurvennutensteuerung durch eine Nockenwelle, die hängende Auslassventile betätigt. Das ist eine wesentliche Voraussetzung für die effiziente Gaswechselsteuerung bei einem Reihenmotor. Für eine effektive Kühlung umgeben Wassermäntel die Zylinder der Motoren. Eine bedeutende Innovation ist auch die vierfach gekröpfte Kurbelwelle, ebenfalls eine bis heute verwendete Grundform.

Die technischen Fortschritte und die damit möglichen wegweisenden Produkte bestärken Gottlieb Daimler offenbar darin, seine weitreichenden unternehmerischen Pläne zu verwirklichen. Am 28. November 1890 und damit ebenfalls vor 130 Jahren erfolgt die offizielle Gründung der Daimler-Motoren-Gesellschaft.

1910: Vierventil-Reihenmotor im Benz 100 PS „Prinz-Heinrich-Wagen“

Zwanzig Jahre später kommt von der konkurrierenden Benz & Cie. ein weiterer technischer Meilenstein. 1910, also vor 110 Jahren, nutzen die für die Prinz-Heinrich-Fahrt konstruierten Tourenwagen die innovative Vierventiltechnik: Ihr Vierzylinder-Reihenmotor hat pro Brennraum zwei Einlass- und zwei Auslassventile. Aus 7,3 Litern Hubraum entwickelt er 74 kW (100 PS) bei 2.050/min, und eine kleinere Variante mit 5,7-Liter-Motor mobilisiert 59 kW (80 PS). Zwei untenliegende Nockenwellen betätigen über Stößel und Kipphebel die schräg im Brennraum hängenden Ventile.

Konzipiert wird dieser außergewöhnliche Motor unter der Leitung von Dr. Hans Nibel. Den rasanten Fortschritt in der Antriebsentwicklung macht eine kurze Rückblende auf den oben erwähnten ersten Vierzylinder-Bootsmotor von Daimler deutlich: Im Jahr 1890 sind 9 kW (12,3 PS) bei 390/min aus sechs Litern Hubraum äußerst beachtlich. Doch zwanzig Jahre später setzt das Vierventil-Hochleistungsaggregat von Benz vollkommen neue Maßstäbe.

Der beste der von Benz & Cie. eingesetzten sechs 100-PS- und vier 80-PS-Rennwagen kommt mit Fritz Erle am Steuer bei der dritten Prinz-Heinrich-Fahrt vom 2. bis 8. Juni 1890 über 1.944,6 Kilometer als Fünfter von 127 Teilnehmern ins Ziel. Er erreicht unterwegs bei der Schnelligkeitsprüfung von Genthin eine Höchstgeschwindigkeit von 133,6 km/h. Damit beweist der neue Motor eindrucksvoll seine Leistungsfähigkeit.

1911 untersucht das „Laboratorium für Kraftfahrzeuge an der Königlichen Technischen Hochschule zu Berlin“ den 7,3-Liter-Rennwagen gründlich. Ein dreiunddreißig Seiten starker Bericht attestiert dem Vierventilmotor sogar eine Leistung von 87 kW (118 PS) bei 2.050/min, und auf dem Rollenprüfstand erreicht das Fahrzeug eine Höchstgeschwindigkeit von 134 km/h.

Die Vierventiltechnik wird vier Jahre später auch von der Daimler-Motoren-Gesellschaft aufgegriffen: Dort setzt Paul Daimler die fortschrittliche Technik beim erfolgreichen Grand-Prix-Rennwagen von 1914 ein. Bis heute sind Vierventil-Vierzylindermotoren eine der wichtigsten Bauarten für Verbrennungsmotoren.


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