Die weltweit modernste Anlage ihrer Art bietet einzigartige Möglichkeiten für die Entwicklung von Systemen für das automatisierte Fahren Baubeginn im Rahmen des Masterplans FIZ Future erfolgt, Fertigstellung im Jahr 2020, Investitionsvolumen von rund 100 Millionen Euro.
Das neue Fahrsimulationszentrum der BMW Group entsteht im Münchner Stadtteil Milbertshofen. Auf dem Gelände des Forschungs- und Innovationszentrums FIZ im Norden Münchens hat die BMW Group Mitte August mit dem Bau der weltweit modernsten Anlage zur hochdynamischen Simulation realer Fahrsituationen begonnen. Das neue Gebäude bietet einzigartige Möglichkeiten für eine virtuelle Erprobung von weitreichenden Fahrerassistenzfunktionen und zukunftsweisenden Anzeige- und Bediensystemen. Die BMW Group stärkt damit insbesondere ihre Entwicklungskompetenz auf dem Gebiet des autonomen Fahrens. Einzigartig in der Einrichtung ist der High Fidelity Simulator, in dem Längs-, Quer- und Drehbewegungen eines Fahrzeugs gleichzeitig und damit sehr realitätsnah dargestellt werden können. Damit holen die BMW Ingenieure die Straße ins Labor, um Studien wie im realen Straßenverkehr durchführen zu können. Erstmals können auch die im Rahmen des automatisierten Fahrens besonders anspruchsvollen Situationen des innerstädtischen Verkehrs realitätsgetreu abgebildet werden, um diese Funktionen für die Kunden stetig zu verbessern.
Neues Fahrsimulationszentrum als wichtiger Baustein des Masterplans FIZ Future
Automatisiertes Fahren gehört zu den Zukunftsfeldern, denen die BMW Group in ihrer Unternehmensstrategie NUMBER ONE > NEXT eine zentrale Bedeutung zugewiesen hat. Diese spielen auch bei der Erweiterung der Entwicklungskapazitäten im FIZ eine wichtige Rolle. Der Bau des neuen Fahrsimulationszentrums erfolgt im Rahmen des Masterplans FIZ Future, mit dem das zentrale Entwicklungszentrum des Unternehmens bis zum Jahr 2050 in mehreren Stufen um rund 50 Prozent wachsen soll. Der Grundstein für den Bauabschnitt I wurde im Herbst 2017 gelegt. In einem weiteren Schritt folgte nun das Startsignal für den Bau des neuen Fahrsimulationszentrums. Es wird auf einem zentralen Areal zwischen dem Projekthaus und dem Aerodynamischen Versuchszentrum errichtet. Dort werden auf einer Bruttogeschossfläche von 11.400 Quadratmetern insgesamt 14 Simulatoren und Usability Labs sowie Arbeitsplätze für 157 Beschäftigte entstehen. Die Inbetriebnahme durch die BMW Group Forschung ist für das Jahr 2020 geplant. Die für das neue Fahrsimulationszentrum veranschlagte Investitionssumme beläuft sich auf rund 100 Millionen Euro.
Mehrere Jahrzehnte Kompetenz auf dem Gebiet der Fahrsimulation
Vor allem für die Entwicklung und Erprobung von Fahrerassistenzsystemen sowie von Anzeige- und Bedienkonzepten sind moderne Fahrsimulatoren zu einem unverzichtbaren Instrument geworden. Sie ermöglichen es, die Funktionalität und Praxistauglichkeit neuer Systeme bereits in einem sehr frühen Entwicklungsstadium ausführlich zu testen. Der Fahrsimulator dient als Bindeglied zwischen den Funktionstests für einzelne Hardware- und Software-Komponenten und dem Fahrversuch mit vollständigen Systemen auf der Straße. Die BMW Group verfügt über langjährige Erfahrung bei der Nutzung derartiger Anlagen. Schon zu Beginn der 1990er-Jahre wurde die Entwicklung von BMW Automobilen durch den Einsatz von statischen Fahrsimulatoren unterstützt. Um das Geschehen auf der Straße noch detaillierter nachempfinden zu können, betreibt das Unternehmen darüber hinaus seit 2006 einen dynamischen Fahrsimulator. Um den steigenden AnForderungen an die Kapazitäten gerecht zu werden, wurde im Jahr 2016 im BMW Group Forschungs- und Technologiehaus in Garching zudem ein weiterer dynamischer Fahrsimulator eingerichtet.
High Dynamic und High Fidelity Simulator für automatisierte Fahrfunktionen
Herzstück des neuen Fahrsimulationszentrums sind zwei neuartige Anlagen, die speziell auf die AnForderungen bei der Erprobung hochkomplexer Systeme für automatisiertes Fahren ausgerichtet sind. Mit dem neuen High Dynamic Simulator lassen sich Längs- und Querbeschleunigungen von bis zu 1,0 g erzeugen. Er dient bei der Erprobung neuer Systeme und Funktionen zur Darstellung von hochdynamischen Ausweichmanövern, Vollbremsungen und intensiven Beschleunigungsvorgängen. Besonders detailliert wird das reale Fahrgeschehen im zweiten, mit dem Attribut High Fidelity (hohe Wiedergabetreue) versehenen Simulator abgebildet: Das Abbremsen und Beschleunigen in Kurven, Fahrten im Kreisverkehr oder die schnelle Abfolge mehrerer Abbiegemanöver können auf dem fast 400 Quadratmeter großen Bewegungsfeld dieser Anlage mit hoher Präzision nachempfunden werden. So sind erstmals auch komplexe Situationen des innerstädtischen Verkehrs, die für Systeme des automatisierten Fahrens besonders vielfältige HerausForderungen mit sich bringen, unter Laborbedingungen darstellbar.
Die Tests finden in einer als Dom ausgeprägten Plattform des Fahrsimulators statt. Dort werden die zu erprobenden Systeme in einem fest montierten Fahrzeugmodell installiert. Der Dom ist auf einem elektromechanischen Hexapod-System gelagert und kann über einen weiteren elektrischen Antrieb sowohl in Längs- als auch in Querrichtung bewegt und gleichzeitig gedreht werden. Um den Fahrern dabei auch optisch ein realitätsnahes Bild der simulierten Verkehrssituation zu vermitteln, ist im Dom, in dem das Fahrzeug steht, eine Projektionsleinwand integriert. Eine präzise Synchronisierung der darauf projizierten Darstellungen des Verkehrsgeschehens mit den Bewegungen des Fahrzeugmodells sorgt für eine sehr realitätsnahe Wahrnehmung der simulierten Fahrsituation, in der die optischen Eindrücke und die auf die Testperson einwirkenden Längs-, Quer- und Vertikalbeschleunigungen zu einem dynamischen nahezu perfekten Gesamteindruck verschmelzen. Komplettiert wird das virtuelle Testfahrt-Szenario von einer ebenfalls exakt auf die nachgestellte Situation abgestimmten Geräuschsimulation.
Auf diese Weise können Erprobungsbedingungen geschaffen werden, die bislang nur mit realen Testfahrzeugen auf der Straße erlebbar waren. Bei der gezielten Optimierung innovativer Systeme bietet die Erprobung im Labor zudem den Vorteil, dass ausgewählte Fahrsituationen beliebig häufig reproduzierbar sind. Dadurch wird die Aussagekraft der ausgewerteten Testergebnisse wesentlich erhöht. Darüber hinaus lassen sich im Fahrsimulator auch Testszenarien durchspielen, die im realen Verkehrsgeschehen nur selten und unter ungewöhnlichen Umständen auftreten oder die mit Gefährdungen verbunden wären und daher im realen Verkehrsgeschehen nicht zu Erprobungszwecken herbeigeführt werden können. Im Gegenzug können Erkenntnisse aus Testfahrten auf der Straße durch eine realitätsgetreue Simulation im Labor überprüft und abgesichert werden.
Neues Fahrsimulationszentrum ermöglicht präzisere und effizientere Erprobung komplexer Systeme
Damit erfüllt das neue Fahrsimulationszentrum in idealer Weise die stetig steigenden AnForderungen, die sich aus der wachsenden Komplexität von Systemen für automatisiertes Fahren ergeben. Zukünftig können unterschiedliche Verkehrssituationen in deutlich höherer Zahl und mit größerer Detailschärfe nachgestellt werden. Einzelne Aspekte des jeweiligen Szenarios lassen sich beliebig variieren und miteinander kombinieren. So kann beispielsweise die Konfiguration eines neuen Fahrerassistenzsystems bereits frühzeitig unter verschiedenen Bedingungen getestet werden, um noch vor der ersten Erprobung auf der Straße die ideale Balance zwischen einer dynamischen und einer komfortbetonten Ausprägung zu finden. Neue Anzeige- und Bediensysteme lassen sich ebenfalls in einer Vielzahl von Situationen erproben, um die Gefahr einer Ablenkung für den Fahrer oder die Wirkung von optischen, akustischen und haptischen Signalen zu analysieren.
Um neben der Funktions- auch die Gebrauchssicherheit neuer Systeme in der Praxis zu untersuchen, werden im neuen Fahrsimulationszentrum die virtuellen Erprobungsfahrten nicht nur von den Entwicklern und von professionellen Testern, sondern regelmäßig auch von externen Versuchspersonen absolviert. Die Analyse ihres Fahrverhaltens im Simulator und ihre im Anschluss daran abgefragte Beurteilung liefern wichtige Erkenntnisse für die weitere Entwicklung. Im neuen Fahrsimulationszentrum wird damit schon weit vor dem ersten Kilometer auf der Straße klar, wie sich ein neues System in der alltäglichen Verkehrspraxis bewähren wird.