Das Team von Marc-Christian Bertram, Leiter Elektrik und Elektronik bei Volkswagen Motorsport, entwickelte den Elektro-Antrieb des I.D. R Pikes Peak, der eine Systemleistung von 500 kW (680 PS) zur Verfügung stellt. Beim Angriff auf den bestehenden Streckenrekord in der Kategorie der Elektrofahrzeuge muss das Team von Volkswagen Motorsport am 24. Juni beim Pikes Peak International Hill Climb mit unzähligen Unabwägbarkeiten rechnen. Dazu zählt auch eine mögliche Unterbrechung. Der entsprechende Paragraf im Regelwerk des Pikes Peak International Hill Climb ist eindeutig: Muss ein Teilnehmer beim berühmtesten Bergrennen der Welt seinen Lauf aus Sicherheitsgründen abbrechen zum Beispiel, weil es plötzlich hagelt oder ein anderes Fahrzeug geborgen werden muss , hat er genau 20 Minuten Zeit, um seinen zweiten Versuch vorzubereiten und erneut an der Startlinie Aufstellung zu nehmen.
Bei der Festlegung der Ladestrategie haben wir einen möglichen Neustart berücksichtigt, sagt Bertram. Dabei müssen vor allem zwei HerausForderungen gemeistert werden: eine Überhitzung der Batterie während des Ladevorgangs vermeiden und außerdem sicherstellen, dass alle Batteriezellen gleichmäßig geladen werden.
Know-how der Fachabteilungen für E-Mobilität
Bei der Entwicklung der Batterie für das erste rein elektrisch angetriebene Rennfahrzeug von Volkswagen profitierte das Team vom Know-how der Fachabteilungen für E-Mobilität bei Volkswagen in Wolfsburg. So wurde in denselben Labors, in denen auch die Batterietechnologie für die zukünftigen Serienfahrzeuge der I.D. Familie entwickelt wird, Grundlagenforschung zur Batterie des I.D. R Pikes Peak betrieben. Wir haben zunächst verschiedene chemische Zusammensetzungen der einzelnen Batteriezellen getestet, anschließend die Tests auf Modul-Ebene erweitert, erklärt Bertram.
Als optimal erwies sich eine Lithium-Ionen-Batterie, die im I.D. R Pikes Peak aufgeteilt in zwei Blöcke neben und hinter dem Cockpit platziert ist. Die Batterie weist eine besonders hohe Leistungsdichte auf. Bei einem Rennfahrzeug ist nicht maximale Reichweite gefragt, sondern eine möglichst hohe Leistungsabgabe, erläutert Bertram die Unterschiede zum Serienfahrzeug. So beschleunigt der I.D. R Pikes Peak in 2,25 Sekunden auf Tempo 100 km/h schneller als ein Formel-1-Bolide. Auf der 19,99 Kilometer langen Strecke verteilen sich 156 Kurven. Etwa die gleiche Anzahl an Beschleunigungsphasen muss die Batterie bewältigen.
Ladevorgang an der Rennstrecke
Besonders im Fokus stand bei der Entwicklung das ideale Verhalten der Batterie beim Ladevorgang an der Rennstrecke. Dieser Vorgang erFordert eine komplexe Strategie. Volkswagen Motorsport arbeitet im Startbereich am Pikes Peak mit zwei Schnellladesystemen gleichzeitig, die mit der vergleichsweise geringen Leistung von insgesamt 90 kW die Batterie des I.D. R Pikes Peak mit frischer Energie versorgen. Durch den niedrigen Ladestrom bleibt die Hitzeentwicklung gering, sagt Bertram.
Die große Unbekannte ist dabei die Umgebungstemperatur im Fahrerlager. Am Pikes Peak sind selbst im Juni Werte von nur knapp über null Grad möglich, aber auch hochsommerliche Hitze. Ideal für die Batterie ist eine Temperatur um 30 Grad Celsius, sagt Bertram. Falls erForderlich, kann das interne Batteriesystem des I.D. R Pikes Peak durch die Zufuhr von Luft gekühlt werden. Aber auch eine zu starke Abkühlung beim Schnellladevorgang muss vermieden werden, um die Bildung von Kondenswasser zu verhindern.
Mit Glycerin betriebener Generator
Bei der Erzeugung der zur Batterieaufladung benötigten Energie geht Volkswagen Motorsport ebenfalls einen innovativen Weg. Weil im temporär eingerichteten Fahrerlager auf gut 2.800 Meter Höhe keine geeignete Stromversorgung existiert, produziert ein äußerlich konventionell aussehender Generator den von Volkswagen Motorsport benötigten Strom. Dessen Aggregat arbeitet nicht wie meist üblich mit Diesel-Kraftstoff, sondern mit Glycerin. Diese Flüssigkeit chemisch gesehen ein Zuckeralkohol, der als Abfallprodukt zum Beispiel in der Herstellung von Bio-Diesel entsteht verbrennt nahezu völlig ohne schädliche Abgase oder Rückstände. Glycerin selbst ist ungiftig und sogar in der Lebensmittel- und Kosmetikindustrie als Zusatzstoff E422 zugelassen. Der mit Glycerin betriebene Generator versorgt vor den Trainings und dem Rennen nicht nur den I.D. R Pikes Peak, sondern auch während der Läufe alle elektrischen Geräte in unserem Boxenbereich mit umweltschonendem Strom, erläutert Marc-Christian Bertram, von den Computern der Ingenieure bis hin zur Kaffeemaschine.