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Sport Großer Preis von Kanada 2018: Vorschau

Motorsport


Großer Preis von Kanada 2018: Vorschau

Formel 1, Großer Preis von Monaco 2018: Lewis Hamilton (Mercedes-AMG Petronas Motorsport)
Die Formel 1-Saison 2018 geht auf dem Circuit Gilles Villeneuve in Montreal in ihre siebte Runde. Kanada ist meist ein Garant für actiongeladene Rennen.
Formel 1, Großer Preis von Monaco 2018: Lewis Hamilton (Mercedes-AMG Petronas Motorsport)

Die Formel 1-Saison 2018 geht am kommenden Wochenende auf dem Circuit Gilles Villeneuve in Montreal (Kanada) in ihre siebte Runde.

Toto über Kanada

Das Wochenende in Monaco stand für uns im Zeichen der Schadensbegrenzung – und das ist uns mit zwei ordentlichen Ergebnissen gelungen. Wir gingen das Wochenende in der Erwartung an, das drittschnellste Auto zu haben, und genauso ist es auch gekommen. So gesehen waren unsere Ergebnisse zufriedenstellend, aber wir möchten den Begriff „Schadensbegrenzung“ in diesem Jahr nicht zu oft verwenden. Seit dem Rennen wurde viel darüber gesprochen, ob es mehr oder weniger interessant gewesen ist. Dabei sollten wir die Verhältnismäßigkeit wahren: Manchmal enden Fußballspiele 0:0, manchmal sind sie Krimis mit sechs Toren. Das gehört zum Auf und Ab einer Saison dazu.

Montreal ist beinahe immer ein Garant für ein actiongeladenes Rennen. Auf dieser Strecke ist das Überholen relativ unkompliziert möglich, die Geschwindigkeiten sind hoch und die Autos gehen bis ans Limit. Gleichzeitig bestrafen die Mauern jeden Fehler schwer und die Fahrer benötigen volles Vertrauen, um die Strecke im Qualifying vollständig auszunutzen. Denn auf der kurzen Runde sind die Abstände normalerweise nur sehr gering. In den vergangenen Jahren war Montreal ein gutes Pflaster für Mercedes und für Lewis ist es eine seiner erfolgreichsten Strecken überhaupt. Vergangene Leistungen sind jedoch keine Garantie für Erfolge in diesem Jahr. Wenn wir an diesem Wochenende ganz vorne landen möchten, müssen wir sicherstellen, dass wir aus allen Reifenmischungen das Beste herausholen, auch dem HyperSoft.

In Kanada endet das erste Drittel der Saison. Nach sechs Rennen können wir erkennen, dass wir uns in beiden Weltmeisterschaften in einer stärkeren Position befinden als vor einem Jahr. Aber uns ist ebenso bewusst, dass der Kampf viel härter geführt wird. Mit Ferrari, Red Bull und uns kämpfen an jedem Wochenende drei Teams um den Sieg und es gibt keine Zeit, um sich auszuruhen. Wir erwarten, dass an diesem Wochenende eine Reihe an Teams planmäßig ihre zweite Power Unit einsetzen werden, darunter auch alle Fahrzeuge mit Mercedes-Power. Deshalb geben wir alles, um dem Auto so bald wie möglich zu noch mehr Performance zu verhelfen. Das Wochenende wird genauso hart umkämpft sein wie alle bisherigen Rennen in diesem Jahr. Wir freuen uns auf die HerausForderung.

Feature der Woche: Safety Cars

Die Einsätze des Safety Cars (SC) und des virtuellen Safety Cars (VSC) haben bei der Hälfe der Rennen in dieser Saison eine entscheidende Rolle gespielt. Mit Blick auf das Safety Car war der Große Preis von Kanada 2011 eindeutig eines der denkwürdigsten Rennen in den vergangenen Jahren. Deshalb haben wir uns vor dem Rennen in Montreal etwas genauer mit diesem Thema beschäftigt.

Welche HerausForderungen bringt eine Safety-Car-Phase für das Team mit sich?

Die größte HerausForderung, die eine Safety-Car-Phase für das Team mit sich bringt, ist die Wahl der richtigen Strategie. Während einer SC-Phase kühlen die Reifen sehr schnell ab. Wenn sie neu sind, ist das kein großes Problem, da sie dann relativ bald nach dem Re-Start wieder in ihr Arbeitsfenster kommen. Normalerweise dauert das zwei bis drei Runden. Reifen, die sich in der Mitte oder am Ende eines Stints befinden, verhalten sich in dieser Hinsicht viel schwieriger, da sie länger benötigen, um wieder in Gang zu kommen – oder sie schaffen es gar nicht mehr. Ohne ein Safety Car würden diese Reifen bei den normalen Geschwindigkeiten und Temperaturen noch immer guten Grip erzeugen. Aber sobald die Energie abgebaut ist, ist nicht genügend Gummi übrig, um den Reifen wieder in Gang zu bringen. Neuere Reifen bieten mehr Haftung, da noch mehr Gummi auf dem Reifen ist. So können sie mehr Energie erzeugen, die den Reifen schneller aufheizt. Dabei stellt es eine HerausForderung dar, das Verhalten der Reifen nach dem Ende einer Safety-Car-Phase vorherzusagen. Der Grund dafür ist, dass es sehr schwierig ist, den Abrieb der Reifen zu simulieren. Gleichzeitig ist es schwierig, genau zu wissen, wie stark der Reifenverschleiß im Rennen ist. Die Entscheidung darüber, ob das Team daran glaubt, dass der Reifen wieder in Schwung kommt, basiert demnach hauptsächlich auf der strategischen Erfahrung des Teams im Zusammenspiel mit den Informationen über die Reifen, welche die Fahrer vor der Safety-Car-Phase sammeln konnten.

Wie stellt das Team sicher, dass es rasch auf eine Safety-Car-Phase reagieren kann?

Die Strategiegruppe befindet sich in einem stetigen Bewertungsprozess und versucht, vorherzusagen, was passieren würde, wenn in zwei, drei oder fünf Runden das Safety Car auf die Strecke gehen würde. Dadurch können sie so schnell wie möglich die richtige Entscheidung über einen Boxenstopp treffen. Wenn das Team sich dazu entscheidet, dass die Situation im Rennen eine gute Gelegenheit für einen Boxenstopp in einer Safety-Car-Phase bietet, wird dem Fahrer mitgeteilt, dass er sich „im Safety-Car-Fenster“ befindet. Auf diese Weise weiß der Fahrer genau, dass er ohne weitere Bestätigung vom Team hereinkommen kann. Die Boxenmannschaft würde ihn bereits erwarten, weil sie sich bereithält, sobald das Safety Car auf die Strecke geht.

Was ist die größte HerausForderung für die Fahrer während einer Safety-Car-Phase?

Für die Fahrer stellt der Re-Start eine besondere HerausForderung dar. Dieser ist knifflig, da die Reifen während der Safety-Car-Phase nicht nur an Temperatur verlieren, sondern auch an Grip. Ein Formel 1-Reifen erzeugt den meisten Grip in einem speziellen Temperaturfenster, das normalerweise gut über 100 Grad Celsius liegt. Außerhalb dieses Temperaturfensters fällt das Gripniveau deutlich ab. Um so schnell wie möglich den bestmöglichen Grip zu erreichen, werden die Reifen auf 110 Grad vorgeheizt, bevor sie ans Auto montiert werden. In einer Safety-Car-Phase kann die Reifentemperatur leicht um 40 Grad sinken, wodurch der Reifen viel von seinem Grip verliert. Mit Blick auf das Gripniveau sind die ersten Runden nach einer Safety-Car-Phase deshalb ganz anders als alle anderen Runden, die der Fahrer am gesamten Wochenende gefahren ist. Dadurch ist es sehr schwierig, das maximale Gripniveau zu finden. Das gilt in Kanada ganz besonders für die starken Bremszonen vor Kurve eins und der Haarnadel in Kurve zehn. Dort passiert es schnell, dass die Reifen blockieren. Gerade vor der Schikane ist es sehr wahrscheinlich, dass es zu einem Positionswechsel kommen kann, wenn ein Fahrer bereit ist, mehr zu riskieren als ein anderer.

Wie lange dauert es, bis die Reifen wieder auf Temperatur sind?

Das hängt vom Layout der Strecke ab. Normalerweise dauert es zwei bis drei Runden, um die Reifen wieder auf Temperatur zu bringen. Aber in Extremfällen kann es länger dauern. In Baku ist es für die Fahrer zum Beispiel sehr schwierig, die Reifen aufzuheizen, da es eine sehr lange Gerade gibt, auf der die Reifen wieder abkühlen. Außerdem gibt es viele langsame Kurven, in denen nicht viel Energie erzeugt wird.

Gibt es noch andere HerausForderungen für die Fahrer?

Auch die Bremsen können während einer Safety-Car-Phase eine HerausForderung darstellen. Wenn sie bereits heiß sind, besteht das Risiko des Überhitzens, da sie eine ständige Kühlung erFordern. Aufgrund der geringeren Geschwindigkeiten hinter dem Safety Car fallen der Luftfluss und damit der Kühleffekt geringer aus. Dadurch können die Bremsen leicht überhitzen. Andererseits sind kalte Bremsen ebenfalls nicht gut, da die Bremsen am besten funktionieren, wenn sie warm sind. Entsprechend versuchen die Fahrer unter Umständen, die Bremsen mit verschiedenen Fahrtechniken auf Temperatur zu bringen. Das lässt sich jedoch nur schwer kontrollieren, da es ohne kühlenden Luftfluss äußerst einfach ist, die Bremsen extrem aufzuheizen.

Bietet der Einsatz des Safety Cars auch Vorteile?

Das Safety Car kommt zum Einsatz, „wenn eine unmittelbare Gefahr besteht, die Verhältnisse es aber nicht erFordern, dass das Rennen unterbrochen wird“. Es stellt die Sicherheit der Streckenposten rund um den Kurs sicher und das ist sicherlich der größte Vorteil beim Einsatz des Safety Cars. Allerdings gibt es noch einige weitere Vorteile für die Teams – zum Beispiel das Sparen von Benzin. Auf dem Circuit Gilles Villeneuve in Montreal ist die Benzinmenge entscheidend, dass heißt, die Fahrer können nicht auf allen 70 Rennrunden mit Vollgas fahren. Um mit den erlaubten 105 kg an Sprit bis ins Ziel zu kommen, müssen sie in der einen oder anderen Form Benzin sparen. Während einer SC-Phase können die Fahrer Benzin sparen, das sie dann später nach dem Re-Start für maximale Performance einsetzen können.

Wie viel langsamer ist das Safety Car?

Das hängt von der Strecke ab. Im vergangenen Jahr kam das Safety Car ganz am Anfang des Rennens auf die Strecke, da es auf der Startrunde einen Unfall in Kurve drei gegeben hatte. Während der SC-Phase fuhr Lewis Rundenzeiten von über zwei Minuten (2:02.231 in Runde 2). Selbst mit relativ kalten Reifen fuhr er auf seiner ersten Runde nach dem Safety-Car-Einsatz eine Zeit von 1:18.135. Zum Vergleich: Mit warmen Reifen fuhr er in Runde 10 eine Rundenzeit von 1:16.296. Die Runde während der Safety-Car-Phase dauerte also grob 60 Prozent länger. Der Geschwindigkeitsunterschied zwischen dem Safety Car und einem Formel 1-Auto variiert je nach Streckenabschnitt. Auf einer normalen Runde durchfährt ein Formel 1-Auto Kurve drei in Kanada mit grob 125 km/h. Hinter dem Safety Car fährt es aber nur 45 km/h. In der Haarnadel (Kurve 10) beträgt der Unterschied grob 15 km/h (65 km/h gegen 50 km/h in der SC-Phase). Hinter dem Safety Car fallen aber nicht nur die Kurvengeschwindigkeiten geringer aus, auch die Beschleunigung und die Topspeeds sind betroffen. Im vergangenen Jahr wurden die F1-Autos vor Kurve 13 mit mehr als 300 km/h gemessen, während der SC-Phase fuhren sie dort jedoch „nur“ 230 km/h schnell. Die Zeit unter Volllast (Wide Open Throttle, kurz WOT) wird ebenfalls vom Safety Car beeinflusst. Auf einer normalen Runde beträgt die WOT-Zeit in Montreal ungefähr 50 Prozent einer Runde. Während einer SC-Phase sind es aber nur rund zwei Prozent. Zwei langsamere Runden hinter dem Safety Car wirken sich auch auf die Gangwechsel aus. Die Fahrer schalten auf einer normalen Runde in Kanada rund 80 Mal, aber unter Safety-Car-Bedingungen sind es nur 50 Schaltvorgänge.

Was sind die größten Unterschiede und Gemeinsamkeiten zwischen einer Safety-Car-Phase und einem virtuellen Safety Car?

Alles in allem sind sich eine VSC- und eine SC-Phase recht ähnlich. Bei beiden fallen die Reifentemperaturen ab und beide erschweren den Re-Start. Eine VSC-Phase ist aber normalerweise eine geringere HerausForderung für das Team, da die Autos schneller fahren und somit die Reifentemperaturen nicht ganz so stark absinken wie während einer SC-Phase. Dieser Effekt wird dadurch verstärkt, dass eine normale Safety-Car-Phase normalerweise rund vier Runden lang anhält, eine VSC-Phase aber eher ein bis zwei Runden lang dauert. Außerdem wird das Feld beim VSC nicht zusammengeführt. Dadurch sollte der Hintermann beim Re-Start den gleichen Abstand zum Vordermann haben wie vor dem Beginn der VSC-Phase.


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