Die Potenziale synthetischer Biokraftstoffe stehen im Mittelpunkte einer Präsentation, die Daimler
Chrysler auf dem Pariser Automobilsalon 2004 zeigt. Sie sind ein Schritt im Rahmen der Initiative "Energie für die Zukunft". Mit diesen "Biomass-To-Liquid" (BTL)–Kraftstoffen, zu deren Herstellung alle Arten von Biomasse oder organischen Reststoffen als Ausgangsstoff genutzt werden können, wären in Europa Einsparungen bei den CO2 -Emissionen bis zu 200 Mio. t CO2 möglich. Das entspricht beispielsweise der Hälfte der CO2 –Emissionen in Frankreich. Der BTL-Kraftstoff "SunDiesel", der 2003 weltweit zum ersten Mal von Daimler
Chrysler vorgestellt wurde, kann in jedem bestehenden Dieselfahrzeug getankt werden. Bei einem Anteil von 67% Diesel-Pkw an den Neuzulassungen in Frankreich könnten 2 von 3 Autos ohne Aufwand umweltfreundlicher fahren.
"SunDiesel könnte nach unseren Schätzungen einen Anteil von 20% am gesamten europäischen Kraftstoffbedarf decken" sagte Prof. Herbert Kohler, Leiter der Forschungsdirektion Fahrzeugaufbau und Antrieb und DaimlerChrysler-Umweltbevollmächtigter, anlässlich der Präsentation auf dem Pariser Automobilsalon. "Unsere Prüfstands-Untersuchungen haben ergeben, dass im Zusammenspiel von BTL und Motor noch mehr Potenzial steckt und bei weiterer Optimierung der Diesel-Motoren zusätzliche Verbesserungen der Emissionen zu erwarten sind."
Biogene Kraftstoffe sind weitgehend CO2 –neutral. Das heißt, dass im Motor während der Verbrennung nur so viel Kohlendioxid entsteht, wie die Pflanzen während ihres Wachstums der Luft entnommen haben. Die Kohlendioxidbilanz ist damit ausgeglichen und die Atmosphäre wird nicht durch zusätzliches CO2 -Aufkommen belastet. Die Bedeutung der BTL-Kraftstoffe belegt die EUCAR 2Well to Wheel-Studie": das höchste CO2 -Reduktionspotenzial von über 90% haben BTL-Kraftstoffe und sind damit erheblich besser als Biodiesel aus Rapsöl mit knapp über 50%, die nur einen Teil der Biomasse verwerten.
Biogene Treibstoffe erhöhen nicht nur die Versorgungssicherheit, sondern tragen auch kein neues, fossiles CO2 in die Atmosphäre ein. Bei einem möglichem Marktanteil von 20% könnten Biokraftstoffe einen erheblichen Beitrag zur Reduzierung der CO2–Emissionen aus dem Strassenverkehr leisten. Während technische Veränderungen am Motor nur bei Neufahrzeugen wirksam sind, wirken sich BTL-Kraftstoffe auf alle Fahrzeuge im Verkehr positiv aus, da sie ohne technische Anpassungen verwendet werden können.
Ein erstes Pilotprojekt zur Erzeugung von "SunDiesel" startete DaimlerChrysler mit der Firma CHOREN in Freiberg/Sachsen. Dieser Kooperation hat sich auch Volkswagen angeschlossen. Dort wird erster "SunDiesel" produziert, um die Vorteile des extrem sauberen BTL-Diesels zu erproben. Der Kraftstoff enthält keinen Schwefel, keine Aromaten, ist geruchlos und ist ohne Motorenanpassung direkt in vorhandenen Fahrzeugen einsetzbar. Der in Freiberg synthetisierte hochreine BTL-Treibstoff könnte zudem auch ohne Motoranpassung die Partikel-Emissionen um bis zu 50% und Kohlenmonoxid- und Kohlenwasserstoff-Emissionen um bis zu 90% senken.
Nach einem Vorschlag der Europäischen Union aus dem Jahr 2001 soll der Anteil der Biokraftstoffe am gesamten europäischen Kraftstoffbedarf von derzeit knapp über 1% bis 2010 auf 5,75% und bis 2020 auf 8% erhöht werden. Zur Zeit arbeitet die EU an einer Direktive nach der im Jahre 2020 sogar 15% Biokraftstoffe erreicht werden sollen. 6% des Dieselverbrauches der EU könnte durch zur Zeit nicht genutzte Reststoffe wie Dünnhölzer aus der Forstwirtschaft, Industrierestholz , -Stroh oder anderen organische Abfällen gedeckt werden. In der bevorstehenden EU-Ost-Erweiterung steckt noch mehr Potenzial. Weitere 14% können durch die Nutzung vorhandener Ackerflächen, insbesondere der sogenannten Stilllegungsflächen, erschlossen werden. Die heute am meisten verbreiteten Biokraftstoffe wie sogenannter Biodiesel (Rapsölmethylester = RME) und Ethanol haben aber alleine nicht das Potenzial, diese Zielwerte der EU zu erreichen. Da zur Herstellung von Biodiesel nur die Früchte der Pflanze für die Ölgewinnung verwendet werden, ist zudem die Ausbeute gering.
Das Engagement von DaimlerChrysler in Zusammenarbeit mit der Mineralöl- industrie, umweltfreundliche "Designer"-Kraftstoffe aus Biomasse herzustellen, ist eingebettet in die Initiative "Energie für die Zukunft". Unter diesem Motto beschreibt der Automobilhersteller fünf Schritte auf dem Weg hin zur nachhaltigen Mobilität:
- Optimierung von Otto- und Dieselmotoren
- Verbesserung konventioneller Kraftstoffe
- Einsatz CO2 –neutraler BTL-Kraftstoffe
- Weiterentwicklung von Hybridantrieben als Zwischenstufe zur
- emissionsfreien Mobilität mit Brennstoffzellenfahrzeugen