Als erster Autohersteller führt
BMW ein konsequent aus Komponenten der Computerspiele-Industrie entwickeltes Mixed Reality System in der Fahrzeugentwicklung ein. Dieses bietet deutliche Verbesserungen gegenüber bisher bekannten VR-Systemen. So wird der Grundstein dafür gelegt, dass Virtual Reality in nicht allzu ferner Zukunft an vielen Entwicklerarbeitsplätzen Realität sein wird.
Durch den Einsatz des Computersystems kann vor allem in frühen Entwicklungsstadien viel Zeit und Aufwand gespart werden. Bislang konnten VR Untersuchungen nur an teuren Spezialanlagen durchgeführt werden. Durch den Einsatz von Consumer Electronic gewinnen die Entwickler ein ungeahntes Maß an Flexibilität, weil Änderungen sehr schnell umgesetzt und getestet werden können. Zusätzlich werden sich Entwickler aus aller Welt von ihrem Standort aus an der Entscheidungsfindung beteiligen, ohne dafür weit reisen zu müssen. Erst wenn Entwürfe dank der 3D-Brille überprüft sind, werden sie zur weiteren Erprobung tatsächlich gebaut.
Seit den 90er Jahren setzt BMW VR-Systeme im Entwicklungsprozess ein. Nun festigt BMW diese Vorreiterrolle durch den konsequenten Einsatz von Technologie aus einer Branche, die bisher nicht im Fokus der industriellen Anwendung lag. Komponenten aus der Computerspiele Industrie ermöglichen es Ingenieuren und Designern seit diesem Frühjahr, immer häufiger und realistischer in virtuelle Welten abzutauchen. Die kürzeren Innovationszyklen der Consumer Electronic ermöglichen einen deutlich gesteigerten Funktionsumfang bei gleichzeitig geringeren Kosten. Dadurch können mehr Fahrzeugfunktionen immer wirklichkeitsgetreuer in einem VR Modell abgebildet werden. Zudem ist eine Skalierung auf viele Entwicklerarbeitsplätze mit geringem Aufwand möglich.
Die BMW Strategie mit dem Fokus auf innovative Technologien und Digitalisierung kann damit bestmöglich unterstützt werden. Mit Hilfe der visuellen Erlebnisse lassen sich schnell Fahrzeugfunktionen und neue Innenraumkonzepte darstellen. Damit ist es möglich, Fahrten durch eine Großstadt zu simulieren und dabei zu testen, wie die Rundumsicht auf die Umgebung ist, oder ob ein Display je nach Blickwinkel oder Sitzposition schwer zu erkennen oder zu erreichen ist. Der Entwicklungsingenieur hat dabei die Illusion, in einem realen Auto in einer realen Verkehrssituation zu sitzen.
Nach intensiven Evaluierungen im Jahr 2015 hat BMW sich für den Einsatz der derzeit leistungsfähigsten Lösungen entschieden. Durch frühzeitige Unterstützung durch den Mobile Computing-Hersteller HTC kommen bereits seit Herbst 2015 mehrere HTC Vive Entwicklerkits in Pilotprojekten zum Einsatz.
Kernstück dieser Brille sind zwei hochauflösende Displays und ein laserbasiertes Trackingsystem, das bei BMW einen Bereich von 5 x 5 Metern abdeckt. Die grafischen Inhalte werden von Software, die sonst die beste Grafik in Computerspielen realisiert, berechnet. BMW setzt dafür die Unreal Engine 4 von Epic Games ein. Diese ermöglicht eine stabile Ausgabe von 90 Bildern pro Sekunde bei gleichzeitig fotorealistischer Qualität. Um die Berechnungen durchzuführen, werden High End Game Rechner mit wassergekühlten und übertakteten Komponenten (u.a. Intel Core i7 und zwei Nvidia Titan X Grafikkarten) verwendet. Fortschritte bei Hard- und Software der Brille sind zu erwarten und werden regelmäßig evaluiert.
Optische Eindrücke alleine reichen nicht aus. Aus diesem Grund setzt BMW einen wiederverwendbaren Interieuraufbau ein, der durch die Verwendung von Rapid Prototyping zusätzlich die Wahrnehmung im Sinne einer Mixed Reality unterstützt. Darunter versteht man die intelligente Kombination von tatsächlich fühlbaren Oberflächen und Bedienelementen mit der virtuellen Realität. So entsteht ein ganzheitliches Erlebnis, das noch weiter gesteigert wird, indem beispielsweise der typische BMW Motorsound präzise, räumlich wiedergegeben wird. Im Zusammenspiel mit dem Virtual-Reality-Modell kann man das Fahrzeug dann in verschiedenen Umgebungen erleben. Der absolut realistische Fahrzeugeindruck, der dadurch entsteht, ist in der Automobilindustrie bisher einzigartig.
Das verwendete HTC Vive Lighthouse -Trackingsystem erzeugt im Raum ein für den Menschen nicht sichtbares Lichtfeld, das von Sensoren an der VR-Brille und den Controllern erfasst wird. Die verwendeten Laser erneuern das Trackingfeld im Abstand weniger Millisekunden, und ermöglichen so eine höchst präzise Ortung jeder Körper-Bewegung und selbst kleinste Veränderung der Blickrichtung. Nur durch dieses sehr genaue und stabile Tracking kann sich der Betrachter störungsfrei in der virtuellen Umgebung bewegen Voraussetzung für einen möglichst naturgetreuen Raumeindruck und einen maximalen Immersionsgrad, aber auch für eine gute Verträglichkeit der VR-Brille.
Das optimale Zusammenspiel der einzelnen Devices und Komponenten wie VR-Modell, Rapid Prototyping, VR-Brille und Tracking wird durch das von BMW in Eigenleistung entwickelte Mixed Reality Gesamtsystem realisiert.