Am kommenden Wochenende gibt die Rallye Japan ihr Debüt im Kalender der Rallye-Weltmeisterschaft. Michelin stellt sich der Heraus
Forderung auf den Schotterpisten der Insel Hokkaido gemeinsam mit seinen Partnerteams Citroën,
Ford und
Peugeot. Dabei blicken die Reifenexperten aus Clermont-Ferrand den weitgehend unbekannten An
Forderungen im Land der aufgehenden Sonne recht gelassen entgegen. Immerhin kann Michelin auf eine beeindruckende Serie verweisen: Seit 1996 rollten die Sieger bei den Erstausgaben der jeweils neu in den Kalender der Rallye-Weltmeisterschaft aufgenommenen Veranstaltungen ausnahmslos auf Michelin-Reifen.
Eine Reise ins Unbekannte: Die bevorstehenden drei Saisonläufe der Rallye-Weltmeisterschaft 2004 stellen eine ganz besondere HerausForderung für alle Beteiligten dar. Nach dem Debüt der Rallye Japan am kommenden Wochenende steht zwei Wochen darauf die Rallye Großbritannien auf dem Programm. Nachdem die Hatz durch die walisischen Wälder im regnerischen November in den vergangenen Jahren traditionell den Saison-Schlusspunkt markierte, findet sie in dieser Saison erstmals im voraussichtlich deutlich milderen September statt. Wiederum 14 Tage später reist der WM-Tross nach Italien. Auch wenn die Veranstaltung seit dem Beginn der Rallye-Weltmeisterschaft im Jahre 1973 einen festen Platz im Kalender hat, gibt der Lauf in diesem Jahr dennoch sein Debüt: Erstmals führen die Wertungsprüfungen nicht über die ultraschnellen Asphalt-Straßen rund um San Remo, sondern über die sanft geschwungenen Schotterpisten an Sardiniens Küste.
Doch zunächst gilt die gesamte Aufmerksamkeit der Rallye Japan: "Die Veranstaltung ist äußerst anspruchsvoll", weiß Peugeot-Pilot Daniel Carlsson zu berichten, der bei der Generalprobe im vergangenen Jahr den fünften Rang belegte, am kommenden Wochenende aber nicht an den Start gehen wird. "Die Rallye Japan führt über recht enge und sehr schnelle Schotterstraßen. Die Veranstaltung erinnerte mich stark an die Neuseeland-Rallye. Teilweise fühlte ich mich aber auch wie auf den Wertungsprüfungen der Rallye Großbritannien." Dieser Eindruck rührt nicht zuletzt von dem regnerischen Wetter her, mit dem auf Hokkaido – der nördlichsten der japanischen Inseln – zu dieser Jahreszeit immer gerechnet werden muss. Davon kann auch Sébastien Loeb ein Lied singen. Der derzeitige Tabellenführer nahm im vergangenen Jahr am Training der Fernost-Rallye teil. "Wenn es da regnet, handelt es sich nicht um kleinere Schauer, sondern um massive und lang anhaltende Niederschläge", berichtet der Elsässer. "Da verwandeln sich die Spurrillen auf dem weichen Schotter in kleine, reißende Bäche."
Die Rallye aus der Sicht von Michelin
Seit 1996 siegte Michelin bei sämtlichen Debüt-Veranstaltungen der neu in den Kalender der Rallye-Weltmeisterschaft aufgenommenen Läufe: Als besonders erfolgreich erwies sich dabei Carlos Sainz, der als Ford-Pilot 1996 die Rallye Indonesien, 2000 die Rallye Zypern und im vergangenen Jahr mit Citroën die Rallye Türkei für sich entschied. 1999 sicherte sich Didier Auriol mit seinem Michelin-bereiften Toyota den Sieg bei der Rallye China. Citroën-Ass Sébastien Loeb legte 2002 den Grundstein zu seinem Rallye Deutschland-Hattrick. Und in diesem Jahr triumphierte Michelin- und Ford-Fahrer Markko Märtin bei der Erstausgabe der Rallye Mexiko.
"Wir freuen uns auf die bevorstehende Aufgabe", erklärt Aimé Chatard, bei Michelin zuständig für den Rallye-Sport. "Die Reise ins Unbekannte stellt für alle Beteiligten immer eine besondere HerausForderung dar. Vor allem, da in Japan – wie auch bei den anderen Übersee-Läufen – zuvor keine Testfahrten erlaubt sind. Zudem hat sich das Reifenreglement in den vergangenen Jahren deutlich verändert. Als wir zum Beispiel 1999 erstmals mit WRC-Boliden im Rahmen der Rallye China antraten, existierten keinerlei Beschränkungen in puncto Anzahl der Reifen oder bei der Auswahl der Laufflächenprofile." Das heutige Reglement jedoch erlaubt jedem Team pro WM-Lauf lediglich zwei unterschiedliche Profile und den einzelnen WRC-Piloten insgesamt nur 60 Reifen, wovon wiederum maximal 30 während der Veranstaltung eingesetzt werden dürfen.
"Aufgrund dieser Einschränkungen entwickeln wir unsere Reifen so, dass sie innerhalb eines breiten Spektrum optimal funktionieren", fährt Chatard fort. "Dabei kommt uns in Japan entgegen, dass die Streckenoberfläche weitgehend einheitlich ist und sich die zu erwartenden Außentemperaturen innerhalb eines recht kleinen Fensters von etwa zwölf bis 22 Grad Celsius bewegen. Nach unseren derzeitigen Informationen präsentiert sich der Schotter auf Hokkaido nicht übermäßig rau, so dass der Reifenverschleiß auf einem durchschnittlichen Niveau liegen sollte. Wir sind uns aber bewusst, dass wir diese Einschätzung vielleicht noch einmal überdenken müssen, sobald wir vor Ort sind." Und wie beurteilt der Reifen-Experte die möglichen Niederschläge ein? "Wenn es regnet, regnet es", so Chatard. "Daran können wir nun einmal nichts ändern. Spannend wird dann allerdings die Frage, wie sich die einzelnen Prüfungen verändern, wenn sie mehrfach gefahren werden."
Seinen Partnern stellt Michelin in Japan den Michelin Z zur Verfügung, dessen offenes Profildesign den "Wheel-Spin" – also das Durchdrehen der Räder – reduziert. Als 15 Zoll hoher Reifen besitzt er zudem eine hohe Reifenflanke, die grobe Unebenheiten und Löcher wegfedert. Darüber hinaus steht den Citroën-, Ford- und Peugeot-Piloten der etwas schmalere Michelin ZE16 zur Verfügung, der über ein noch offeneres Profildesign verfügt. Bei beiden Varianten können die Fahrer aus einem umfangreichen Angebot unterschiedlicher Laufflächen-Mischungen wählen. "Wir werden das Profil unserer Pneus zudem mit Sicherheit immer wieder nachschneiden, um sie optimal den jeweils vorherrschenden und wahrscheinlich oftmals wechselnden Bedingungen anzupassen", ahnt Tabellenführer Sébastien Loeb.
Das erwarten die Partner von Michelin
Auch wenn Sébastien Loeb im vergangenen Jahr erste Erfahrungen in Japan sammeln konnte, hält sich das Citroën-Team mit Vorhersagen vornehm zurück: "Ich glaube nicht, dass uns dieser vermeintliche Wissensvorsprung einen allzu großen Vorteil verschafft", so Loeb. "In diesem Jahr sind sehr viele neue Wertungsprüfungen hinzu gekommen. Ich weiß allerdings, dass wir bei den vielen schnellen Vierte-Gang-Kurven und den langen Geraden beim Abstimmen unseres Xsara WRC vor allem auf die Lenkpräzision Wert legen müssen. Du brauchst einfach ein Auto, dass sich einfach fahren lässt und in dem du dich wohl fühlst." Carlos Sainz hofft, einmal mehr beim Debüt eines WM-Laufs zu glänzen – immerhin entschied der Spanier in den vergangenen Jahren bereits drei Mal die Erstausgaben von WM-Läufen für sich. "Ich kann diese erfreuliche Statistik gar nicht erklären", schmunzelt Sainz. "Ich mag neue Rallyes einfach und werde versuchen, auch in Japan wieder eine sehr gute Rolle zu spielen."
Mit besonderer Motivation reist Ford gen Japan: Nachdem Markko Märtin und François Duval beim Debüt der Rallye Mexiko im März bereits einen Doppelsieg einfahren konnten, wollen beide dieses Kunststück im Land der aufgehenden Sonne wiederholen. "Ich möchte mit einem guten Ergebnis den Rückstand auf Tabellenführer Sébastien Loeb verringern", erklärt Märtin. "Damit würden die Karten im Titelkampf sowohl in der Fahrer- als auch in der Markenwertung noch einmal völlig neu gemischt. Ich werde deshalb auf Sieg fahren." Auch Duval rechnet sich einiges aus: "Da nur drei Werkteams an den Start gehen, ist es besonders leicht, viele WM-Punkte zu sammeln", rechnet der Belgier vor. "Diese Chance möchte ich mir nicht entgehen lassen."
Peugeot glaubt ebenfalls fest an seine Chancen in Japan: "Ich persönlich kenne zwar weder Land noch die Strecken", erklärt Marcus Grönholm. "Doch nach allem, was ich bislang gehört habe, sollen die Wertungsprüfungen in Japan denen in Neuseeland sehr ähnlich sein. Das macht mich optimistisch, denn dort waren wir oft erfolgreich." Und auch Harri Rovanperä freut sich auf den elften von 16 Saisonläufen: "Es ist immer spannend, bei einer unbekannten Veranstaltung an den Start zu gehen. Die japanischen Strecken sollen sehr schnell und eben sein – ein Untergrund, den ich besonders mag."
Statistisches
Rallye Japan, 11. Lauf zur Rallye-WM 2004 (3. bis 5. September 2004); Gesamtlänge: 1.430,81 Kilometer, davon 27 Wertungsprüfungen über 386,38 Kilometer; längste WP: 29,07 Kilometer (WP 23 + 26: Penke); größte WP-Distanz von Service-Punkt zu Service-Punkt: 78,09 Kilometer (WP 5 bis 9); Anzahl der möglichen Reifenwechsel: 9. Start und Ziel: Obihiro.