Daimler
Chrysler eröffnet heute im
Mercedes-Benz Museum auf dem Werksgelände in Untertürkheim die Ausstellung "100 Jahre Sozialgeschichte Werk Untertürkheim". Die Ausstellung ist Teil einer Reihe von Veranstaltungen, die im Rahmen des Jubiläums "100 Jahre Daimler
Chrysler Werk Untertürkheim" in diesem Sommer stattfinden. Vom 10. August bis 19. September 2004 können Besucher des
Mercedes-Benz Museums zusätzlich zur ständigen Fahrzeugpräsentation die Sonderausstellung besuchen. Die Ausstellung entstand in Zusammenarbeit zwischen Geschäftsleitung und Betriebsrat und bietet einen Einblick in die Arbeits- und Sozialgeschichte des Standortes in den vergangenen einhundert Jahren. "In Untertürkheim schlägt seit nunmehr einhundert Jahren das Herz des Automobils, und seit einhundert Jahren arbeiten hier Menschen, die mit ihrer Kompetenz, ihrer Sorgfalt, ihren Ideen und ihrem überdurchschnittlichen Engagement den Erfolg der Marke
Mercedes-Benz und des Werkes wesentlich mitgestaltet haben", sagte Volker Stauch, Leiter des Werkes Untertürkheim anlässlich der Ausstellungseröffnung. "Schon immer waren es die Menschen im Werk die Motor aller Entwicklungen, Fortschritte und Erfolge waren."
Die Exponate sind unterteilt in die Themenfelder Arbeitsbedingungen im Werk, Aus- und Weiterbildung, Soziale Leistungen, Selbstbild, Fremdbild und Mythen sowie das Werk und die Region. Texte, Bilder, Ausstellungs-gegenstände sowie Film- und Tonsequenzen geben Ereignisse und Zusammenhänge exemplarisch wieder. Im Mittelpunkt stehen die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Werkes im Kontext ihrer Zeit.
Die Sonderschau spannt den zeitlichen Bogen von den frühen Jahren der Sozialpolitik mit dem Bau einer Arbeitersiedlung oder der Einführung von Gruppenfabrikation (1919) über zwei Weltkriege mit Zerstörung und Wiederaufbau, die Integration der ersten Gastarbeiterfamilien in den 50er Jahren des vorigen Jahrhunderts bis hin zu Sozialleistungen und den Standortsicherungsmaßnahmen der Nachkriegszeit.
Hoher Stellenwert sozialer Verpflichtung gegenüber Belegschaft
Im Laufe seiner Geschichte hat das Werk der sozialen Verpflichtung gegenüber den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern einen hohen Stellenwert eingeräumt und damit oft Pionierarbeit geleistet. Dies belegen Sozialleistungen der Daimler Motoren Gesellschaft (DMG), die bereits sehr früh zahlreiche Vorsorgemaßnahmen, Ausbildungs- und Fort-bildungsmöglichkeiten oder kulturelle und sportliche Aktivitäten umfassten. Bereits 1900 wurde beispielsweise zu der Kranken- und Invalidenversicherung eine Arbeiterunterstützungskasse eingerichtet, die Werkangehörigen im Krankheitsfall Unterstützungsgeld zahlte. 1916 wurde ein Arzt eingestellt, der neben der Unfallhilfe für Einstellungsuntersuchungen und allgemeine Gesundheitsvorsorge zuständig war.
Um dem steigenden Bedarf nach qualifizierten Arbeitskräften nachzukommen, wurde ebenfalls 1916 eine Ausbildungsabteilung eingerichtet, die 1918 bereits 153 Lehrlinge ausbildete. Mit der Gründung einer Baugenossenschaft wurde die Arbeitersiedlung "Luginsland" in Untertürkheim ins Leben gerufen, die mit Unterstützung der DMG Wohnungen anbot. Dort wurden unterschiedliche Vereine gegründet, und es entwickelte sich ein reges kulturelles Leben.
Belegschaft als Vorreiter sozialpolitischer Veränderung
Die Untertürkheimer Belegschaft erwies sich in ihrer Geschlossenheit oft als Vorreiter, und die Sozialgeschichte des Werkes bildet im kleinen Maßstab ab, was an Strömungen und Neuerungen auch das gesamte Land bewegte. So wurde beispielsweise 1906 nach wiederholten Streiks die tägliche Arbeitszeit auf 9,5 Stunden inklusive Mittagspause gesenkt, was unter dem damals üblichen Durchschnitt lag. Die Umstellung auf den Achtstundentag erfolgte dann 1919. "Die Geschichte des Werkes Untertürkheim ist ganz eng verbunden mit sozialen Auseinandersetzungen und gewerkschaftlichen Kämpfen", sagte Helmut Lense, Vorsitzender des Betriebsrats, Entwicklung Pkw und Werk Untertürkheim. "Die Untertürkheimer Belegschaft war immer ganz vorne, wenn es galt, für ihre Interessen einzutreten und um neue Ziele zu streiten."
Limonadenfabrik, Schweinemast, Schreibmaschinen und Fahrräder
Kriege, Wirtschaftskrisen und Verordnungen stellten Erfindungsreichtum, Improvisationstalent und Leistungsbereitschaft der Untertürkheimer Belegschaft häufig auf die Probe: Sei es die Einrichtung einer Limonadenfabrik 1913, um den Most-Konsum zu drosseln, die Schweinemast und Hühnerzucht während des Ersten Weltkriegs oder die Umstellung der Produktion auf Ausweichprodukte wie Schreibmaschine oder Fahrrad während der Inflation in den 20er Jahren. HerausForderungen wie diese spornten die Belegschaft stets zu Höchstleistungen an.
Die Öffnungszeiten der Sonderausstellung im Mercedes-Benz Museum im Werk Untertürkheim sind Dienstag bis Sonntag von 9 bis 17 Uhr. Der Eintritt ist frei. Anmeldungen für Gruppenführungen werden unter der Telefonnummer 0711-17-53117 entgegen genommen.