"Deutschland wird in den nächsten Jahren im Stau ersticken, wenn die Politik nicht bereit ist, alte Zöpfe abzuschneiden. Denn künftig werden dort fünf Lkw fahren, wo gegenwärtig noch drei Lkw unterwegs sind." Dies erklärte Gerhard Riemann, Vorsitzender des BGA-Verkehrsausschusses, heute im Rahmen einer Pressekonferenz in Berlin.
Trotz eines bevorstehenden Güterverkehrswachstums von 64 Prozent im Zeitraum von 1997 bis 2015 hat die Bundesregierung die zugesagten Investitionen in die Verkehrsinfrastruktur um 20 Prozent gekürzt. Zwei Drittel der 37.000 Brücken in Deutschland sind älter als 25 Jahre und für den Schwerlastverkehr nicht geeignet. "Ein Land, das ein Zehnfaches seiner Investitionen in den konsumtiven Bereich steckt, hat sich von eigenen Zukunftsvisionen schon längst verabschiedet und muss damit rechnen, im weltweiten wie im europäischen Wettbewerb weiter zurückzufallen. Es sieht so aus, als ob die handelnden Politiker Deutschland nicht als kontinentale Handels- und Logistiknation sehen, sondern diese ausgewiesene Wachstumsbranche unseren Nachbarländern überlassen wollen", so Riemann weiter.
Der BGA schlägt für die Bewältigung des von der Bundesregierung prognostizierten Verkehrswachstums folgendes Maßnahmenpaket vor:
- Die zulässige Tonnage und Länge der Lkw von 40 Tonnen und 16,5 Meter auf 60 Tonnen und 25,25 Meter zu erhöhen. Im Modulverkehr könnten auf 130 Meter Straßenfläche genauso viele Güter transportiert werden wie bisher auf 172 Meter. Spritverbrauch und Schadstoffemissionen würden um 15 Prozent sinken. Die Straße würde durch die höhere Achszahl weniger stark belastet und je Fahrzeugmeter würde das Gewicht sogar um rund 50 kg geringer ausfallen. Auch Deutschlands Brücken könnten aufatmen! Durch diese längeren Lkw-Kombinationen, die insbesondere auf Autobahnen und im Pendelverkehr zwischen Containerterminals und industriellen Fertigungsstätten zum Einsatz kommen sollen, könnte die Hälfte des Straßengüterverkehrswachstums von einer Mrd. Tonnen geschultert werden.
- Durch Sonn- und Feiertagsverbote sowie das Ferienfahrverbot stehen deutsche Lkw über zwei Monate pro Jahr still. Ein Wegfall dieser Regelungen würde 20prozentige Potentiale freisetzen und rund 500 Mio. Tonnen Güter des Wachstums auffangen helfen.
- Eine antiquierte Regelung verbietet Handelsunternehmen Transporte, für Dritte auszuführen. Dieses Transportverbot im Werkverkehr zwingt zu Leerfahrten, obgleich 500 Mio. Tonnen Güter transportiert werden könnten, ohne auch nur einen Lkw mehr auf die Straße zu bringen.
- Aufgrund der hohen Steuerlast stagnieren die Transporte deutscher Lkw seit über zehn Jahren. Im gleichen Zeitraum haben sich ausländische Grenzverkehre mehr als verdoppelt. Durch eine Harmonisierung der Steuersätze auf Lkw-Diesel und Kfz-Steuer könnten mehr deutsche Unternehmen am Wachstum der Logistikbranche teilhaben und tausende Arbeitsplätze geschaffen werden. Die deutschen Steuersätze liegen zwischen 30 und 50 Prozent über dem EU-Durchschnitt.
"Auch in der Verkehrspolitik gilt es, vermeintlich Bewährtes in Frage zu stellen, um Deutschland wieder wettbewerbsfähig zu machen. Dabei darf es keine Denkverbote geben, weder durch die Politik noch durch andere. Verweigern wir uns der HerausForderung, büßt Deutschland weiter an Standortqualität ein. Das bedeutet Verzicht auf Wohlstand für alle. Warum sollen Unternehmen zu erhöhten Kosten in Deutschland produzieren und dann die Waren noch auf schlechten Wegen mit hohen Abgaben in den Wirtschaftskreislauf bringen?", so Riemann abschließend.