Der Start des
Nissan ZEOD RC bei der 91. Auflage der 24 Stunden von Le Mans mag vorzeitig zu Ende gegangen sein. Doch hat
Nissan zuvor in den Trainings zwei historische Bestmarken gesetzt: Als erstes Modell überhaupt legte der elektrische Sportwagen mit Wolfgang Reip am Steuer im Warm-up am Samstag eine komplette Le Mans-Runde (13,6 Kilometer) rein elektrisch zurück. Bereits beim Nachttraining am Donnerstag hatte Satoshi Motoyama die 300-km/h-Marke auf der Hun
Audières-Geraden durchbrochen auch hier blieb der 400 PS starke 1,5-Liter-3-Zylinder abgeschaltet. Zugleich war der
Nissan das erste Auto in der Le Mans-Geschichte, das ohne Rückspiegel auf die Strecke ging. Eine aus den
Nissan Serienfahrzeugen bekannte Rückfahrkamera und ein bordeigenes Radarsystem warnten die Fahrer vor nachfolgenden Konkurrenten. Große und farblich changierende Pfeile auf dem Display zeigten an, wie schnell sich ein anderes Fahrzeug näherte und ob es rechts oder links zum Überholen ansetzte.
Früher Ausfall im Rennen mit Getriebeproblemen
Leider war das Rennen für den von zwei 110 kW starken Elektromotoren und dem nur 40 kg schweren Benzinmotor angetriebenen Nissan ZEOD RC dann nur von kurzer Dauer. Reip, Sieger der europäischen GT Academy 2012, musste nach nur 5 Runden und 23 Minuten mit Getriebeproblemen aufgeben. "Motorsport kann eine noch extremere Achterbahn sein, als das Leben selbst", bekannte Darren Cox, weltweit verantwortlich für Brand sowie Marketing & Sales, Nismo. "Noch heute Morgen konnten wir die erste rein elektrisch zurückgelegte Le Mans-Runde feiern. Das war eine große Leistung für Nissan und für Elektrofahrzeuge im Allgemeinen. Nachdem wir am Donnerstag auch die 300 km/h auf der Geraden erreicht hatten, freuten wir uns darauf, im Rennen weitere lautlose Runden folgen zu lassen. Doch ausgerechnet ein konventionelles Teil wie das Getriebe hinderte uns daran.
Reip, der auch den Großteil der Testfahrten mit dem ZEOD RC absolvierte, erlebte ein intensives Wechselbad der Gefühle. "Die erste rein elektrische Runde war wirklich aufregend und der Lohn für die intensive Entwicklungszeit mit dem Auto", so der belgische Le Mans-Debütant. "Umso enttäuschender dann das Malheur im Rennen. Doch habe ich nun Blut geleckt und kann es kaum erwarten, wieder Teil dieses einmaligen Rennens zu sein."
Durch den frühen Ausfall des aus der Garage 56 für alternative Antriebe gestarteten Nissan blieben Satoshi Motoyama und Lucas Ordoñez ohne Einsatz. "Es war dennoch für jeden im Team ein phantastisches Erlebnis. Ich hoffe, dass jeder, der am Projekt beteiligt war und so viele Stunden in dieses Auto investiert hat, den Augenblick der ersten elektrischen Runde in Le Mans in Erinnerung behalten wird", so Darren Cox abschließend.
Etwas Trost für die kurze Vorstellung des ZEOD RC konnte Nissan durch den Sieg des von einem Nissan-Motor angetriebenen Zytek in der Klasse LMP2 schöpfen. In einem der härtesten Le Mans-Rennen der letzten Jahre landete der offene Prototyp des Teams Jota Sport am Ende auf Platz fünf im Gesamtklassement. Wie schon im Vorjahr liefen dahinter erneut noch vier weitere Fahrzeuge mit Nissan-V8-Power im Heck durchs Ziel.
Mardenborough/Shulzhitskiy/Brundle sahen 14 Stunden lang wie die sicheren Sieger aus
Lange Zeit sah der brandneue Ligier JS P2-Nissan von OAK Racing mit den beiden ehemaligen GT Academy-Siegern Jann Mardenborough und Mark Shulzhitskiy sowie Alex Brundle wie der sichere Sieger aus. Mit dem geschlossenen Coupé waren sie von Startplatz drei gestartet und führten die LMP2-Klasse 14 Stunden lang souverän an. Ehe sie zwei Stunden vor dem Ende ein banales Problem noch bis auf Platz fünf zurückwarf.
"Ich spürte schon bei meinem ersten Stint am Sonntagmorgen, dass der Motor nicht mehr die volle Leistung abgab", erklärte Mardenborough. "An der Box checkte das Team alle Systeme und traf die Entscheidung, einige Zündkerzen zu wechseln. Danach lief das Triebwerk wieder mit voller Leistung, doch waren wir dadurch zu weit zurückgefallen, um die Führung noch einmal zurückzuerobern."
Mardenborough, der am nächsten Wochenende im Rahmen des GP von Österreich auf dem Red Bull-Ring in der GP3-Serie starten wird, war dennoch zufrieden mit der Leistung von Auto und Team. "Mein langer Stint in der Nacht war der beste, den ich bislang in diesem Auto hatte. Ich liebe es ohnehin, in der Nacht zu fahren. Ich bin stolz darauf, dass wir hier 14 Stunden geführt haben. Normalerweise hätten wir den Sieg locker nach Hause gefahren. Le Mans kann grausam sein."
Sein russischer Teamkollege Mark Shulzhitskiy übertraf bei seinem ersten Le Mans-Rennen alle Erwartungen. "Wir hatten ein großartiges Team und ein großartiges Auto. Meine beiden sehr schnellen Teamkollegen machten mir das Leben leicht ich musste nur das Auto auf der Strecke halten und die langsameren Fahrzeuge überholen. Es ist wirklich schade, dass uns wegen eines solch kleinen Problems der Sieg noch aus den Händen glitt."
2015 wird Nissan nach Le Mans zurückkehren. Dann mit drei neuen LM P1-Fahrzeugen, die gegen Audi, Toyota und Porsche um den Gesamtsieg fahren werden. "Le Mans ist der härteste Langstreckentest der Welt. Nicht nur für die Autos, sondern auch für die Menschen und es gibt einige hier, die im Moment ziemlich niedergeschlagen sind", so Cox weiter. "Doch schon am nächsten Wochenende gibt es die Chance zur Wiedergutmachung: Wenn Nissan auf der Nürburgring Nordschleife, dem Wohnzimmer des Nissan GT-R, zum nächsten 24-Stunden-Rennen antritt."