Ein mechanisches System zur Bremsenergie-Rückgewinnung kann den Kraftstoffverbrauch von Fahrzeugen deutlich senken. Wie der schwedische Premium-Hersteller
Volvo in einer umfangreichen Testreihe 2012 im Straßenverkehr festgestellt hat, bildet die sogenannte Schwungrad-Technik eine kostengünstige, leichte und umweltfreundliche Methode zur Verbrauchsreduzierung.
"Kombiniert mit einem Turbo-4-Zylinder, kann die Schwungrad-Technik den Kraftstoffverbrauch um bis zu 35% gegenüber einem vergleichbaren 6-Zylinder-Turbomotor senken", erklärt Derek Crabb, Vice President Powertrain Engineering bei der Volvo Car Group. "Durch die kurzzeitige Bereitstellung von 80 zusätzlichen PS beschleunigt der 4-Zylinder zudem ebenso gut wie ein 6-Zylinder."
Das System, das als Schwungrad KERS (Kinetic Energy Recovery System) bekannt ist, arbeitet an der Hinterachse. Bei der Verzögerung des Fahrzeugs beschleunigt die Bremsenergie das Schwungrad auf bis zu 60.000 Umdrehungen pro Minute. Sobald das Fahrzeug wieder anfährt oder beschleunigt, leitet das rotierende Schwungrad die gespeicherte Energie über ein spezielles Getriebe auf die Hinterräder. Der Verbrennungsmotor, der seine Kraft an die Vorderräder überträgt, wird während des Bremsvorgangs abgeschaltet.
Besonders effizient im Stadtverkehr
"Die Energie des Schwungrads treibt das Fahrzeug für kurze Zeit allein an. Dies hat maßgeblichen Einfluss auf den Kraftstoffverbrauch. Nach unseren Berechnungen wäre der Verbrennungsmotor im Neuen Europäischen Fahrzyklus (NEFZ) die Hälfte der Zeit abgeschaltet", erläutert Crabb.
Da das Schwungrad durch Bremsmanöver in Bewegung versetzt wird und die Speicherung der Bremsenergie auf die Dauer der Rotation begrenzt ist, arbeitet das System im Stadtverkehr mit ständigen Brems- und Beschleunigungsvorgängen besonders effizient.
Durch die 80 Zusatz-PS verbessern sich außerdem die Fahrleistungen. So beschleunigte das mit der Technik ausgestattete Testfahrzeug, ein Volvo S60, in nur 5,5 Sekunden von 0 auf 100 km/h.
Kohlefaser für leichte und kompakte Lösung
Als Antriebsunterstützung wurde die Schwungrad-Technik bereits in den 1980er Jahren in einem Volvo 260 getestet; viele Autohersteller probierten sich in der Vergangenheit an Schwungrädern aus Stahl. Da diese Schwungräder jedoch recht groß und schwer waren und nur eine begrenzte Rotationskapazität besaßen, war ihr Einsatz keine praktikable Lösung.
Das Schwungrad, das Volvo jetzt im Alltagsbetrieb getestet hat, ist dagegen aus Kohlefaser. Es wiegt lediglich rund 6 kg und hat einen Durchmesser von 20 cm. Das Kohlefaser-Rad dreht sich außerdem in einem Vakuum, um Reibungsverluste zu MINImieren.
"Wir sind der erste Autohersteller, der ein verbessertes Schwungrad für die Hinterachse mit einem Verbrennungsmotor an der Vorderachse kombiniert. Nach Abschluss dieser erfolgreichen Tests werden wir in einem nächsten Schritt überprüfen, inwiefern sich die Technik in künftigen Autos einsetzen lässt", so Crabb.