Hans Heyer zählt zu den erfolgreichsten deutschen Rennfahrern der sechziger, siebziger und achtziger Jahre. Auf dem Norisring (25.-27. Juni) greift der dreimalige Deutsche Rennsport-Meister und Tourenwagen-Europameister von 1974 noch einmal ins Lenkrad: Als prominenter Gaststarter im ADAC
Volkswagen Polo Cup wird der heute 61 Jahre alte Heyer in Nürnberg sein insgesamt 1000. Rennen bestreiten. Am Steuer von Touren- und Sportwagen fuhr der Mann mit dem markanten Tirolerhut zahlreiche Siege und Titel ein und beendete 1989 seine herausragende Rennfahrerkarriere nach dreißig erfolgreichen Jahren.
Heyer geht am Norisring auf Einladung von Volkswagen Motorsport-Direktor Kris Nissen in der Tourenwagen-Nachwuchsserie mit der Startnummer 1000 ins Rennen. "Als ich erfuhr, dass Hans Heyer nur noch ein Rennen zu diesem einmaligen Jubiläum fehlte, musste ich ihn einfach zu einem Rennen im ADAC Volkswagen Polo Cup einladen", sagt Kris Nissen. "Ich bin neugierig, wie unsere jungen Talente im Vergleich zu einem ,alten Hasen' abschneiden."
Auch Hans Heyer freut sich auf den Gaststart. "Ich bin natürlich ebenso gespannt, wie ich mich bei meinem 1000. Rennen schlagen werde. Vielleicht hilft mir ja meine Erfahrung auf dem Norisring, der zwar auf den ersten Blick einfach aussieht, aber auf Grund seiner vielen Bodenwellen und der harten Bremsmanöver ganz schön knifflig ist." Im Motopark Oschersleben erhielt der in Wegberg lebende Heyer die Gelegenheit, die 150 PS starke Rennversion des VW Polo zuvor einen Tag lang zu testen. "Die Autos sind sehr gut vorbereitet und machen dementsprechend viel Spaß. Ich war überrascht, wie spät man bremsen kann und wie gut sich der Polo beherrschen lässt", urteilte Heyer.
Trotz des enormen Altersunterschieds zu den 25 Piloten im ADAC Volkswagen Polo Cup - der Durchschnitt liegt in der Tourenwagen-Nachwuchsschule bei 19 Jahren - gibt es eine wichtige Gemeinsamkeit zwischen Routinier und Youngster: Wie heute üblich begann Hans Heyer schon damals seine Karriere im Kartsport. Bereits 1959, also mit gerade mal 16 Jahren, fuhr der groß gewachsene Rheinländer seine ersten Rennen und gewann 1962 die Niederländische Kart-Meisterschaft. Damit übernahm er eine Vorreiterrolle: Der Kartsport war längst nicht in dem Maße als feste Grundlage für den professionellen Motorsport etabliert, wie er es heute ist. "Ich fuhr seinerzeit in drei Klassen gleichzeitig. Man saß den ganzen Tag im Kart, fuhr etliche Rennen und trat immer wieder gegen die ärgsten Konkurrenten an. Das war schon damals eine gute Schule", schildert Heyer, der im Kart rund ein Dutzend nationaler und internationaler Titel einfuhr.
Parallel zum Kartsport leitete der gebürtige Mönchengladbacher seine erfolgreiche Karriere im Automobilsport ein. Angefangen mit ersten Rennen und baldigen Erfolgen in der Deutschen Rennsport-Meisterschaft, die er daraufhin mit 27 Rennsiegen und den Titelerfolgen in den Jahren 1976, 1979 und 1980 wie kein anderer prägen sollte, etablierte sich Heyer als gefragter Tourenwagen- und Sportwagen-Pilot auch auf internationaler Ebene. Zeitweise stand er bei vier Teams gleichzeitig unter Vertrag, fuhr parallel zur Deutschen Rennsport-Meisterschaft auch in der Tourenwagen-Europameisterschaft, Sportwagen-Rennen in der Markenweltmeisterschaft oder in Markenpokalen wie der Procar-Serie. Dazu kamen zahlreiche Einsätze bei berühmten Veranstaltungen wie den 24 Stunden von Le Mans oder Spa-Francorchamps. Heyer tourte rund um den Globus von Rennstrecke zu Rennstrecke. "Damals pendelte ich häufig per Flugzeug zwischen zwei Orten, um an einem Wochenende zwei Rennen fahren zu können", erinnert sich Heyer.
An den Norisring hat Heyer in erster Linie gute Erinnerungen. "Die Rennen in Nürnberg waren schon immer etwas Besonderes. Tolle Starterfelder, enge Rennen und immer ein volles Haus", sagt der erfolgreiche Unternehmer. Auf dem 2,3 Kilometer langen Stadtkurs in der Frankenmetropole erlebte Heyer viele triumphale, amüsante und dramatische Momente. So zum Beispiel im Jahr 1973, als er mit einem Sieg zum ersten Mal die Tabellenführung in der Deutschen Rennsport-Meisterschaft übernahm. "Damals waren die Autos sehr schwer auf die vielen Bodenwellen abzustimmen", entsinnt sich Heyer, der bis heute für sein enormes technisches Verständnis bekannt ist. Und für einige sehr ausgefallene eigene Entwicklungen: "In einem besonders heißen Jahr haben wir am Norisring die Scheibenreinigungs-Anlage zum Durstlöscher umfunktioniert - aber leider wurde vergessen, das Shampoo zu entfernen. Das war ein fürchterlicher Cocktail", erinnert sich Heyer grinsend.
1980 überstand er einen der spektakulärsten Unfälle in Nürnberg unverletzt, nachdem er die bis heute in der DTM bewährte Bremsenkühlung mit Wasser eingeführt hatte. "Als die Steuerung der Wasserzufuhr über die Bremslichtschalter versagte, musste ich auf Dauerkühlung umschalten", berichtet Heyer. "Das war zuviel des Guten. Die Bremsscheibe vorne links riss und zerstörte Bremssattel und Spurstange." Als Heyer mit seinem rund 480 PS starken Sportwagen bei hohem Tempo auf der Zielgeraden über eine Bodenwelle raste, platzte der ebenfalls in Mitleidenschaft gezogene linke Vorderreifen. "Ich bin abgehoben, habe mich fünf bis sechsmal überschlagen und bin erst in der Grundig-Kehre wieder gelandet." Schon damals nahm Heyer diesen fürchterlichen Unfall gelassen hin. "Der Rennarzt stürmte zu mir und nahm meinen Puls: 140 Schläge. Aber er hatte selbst über 200", erzählt Heyer stolz, der dem Wrack unverletzt entstieg, aber nach ein paar Metern noch einmal kehrt machte: Er hatte seinen auffälligen "Sepplhut", den er schon als Kartfahrer trug, im Cockpit vergessen.