Continental präsentiert ein zum Elektroauto (EV) umgerüstetes Serienfahrzeug. In dem Fahrzeug kommen rund 40 EV-spezifische Komponenten des Unternehmens zum Einsatz: Vom Motor über den Akku und die Leistungselektronik bis hin zum neuartigen Anzeige- und Bedienkonzept und der gesamten Peripherie für Antrieb und Ladung sowie speziellen Reifen (Conti.eContact). Dabei ist das Gros der EV-Bauteile marktreif oder wird bereits in Großserie produziert.
Zudem demonstriert das Unternehmen mit dem voll funktionsfähigen und bereits über 10.000 Kilometer erprobten Technologieträger auch die Entwicklungsleistung vom Bereich Systems & Technology Automotive und der hauseigenen Continental Engineering Services, die den Prototypen in kaum mehr als 6 Monaten aufgebaut hat.
Innovativer Motor, starker Akku, intelligente Elektronik
Herzstück des Continental-Erprobungsträgers ist ein fremderregter Synchronmotor, wie er in den Elektrofahrzeugen von Renault bereits zu Tausenden im Einsatz ist. Der Motor erreicht eine Leistung von 70 Kilowatt und ein maximales Drehmoment von 226 Nm, mit dem der Prototyp in 11,9 Sekunden von 0 auf 100 beschleunigt. Der bislang im Automobilbereich ausschließlich von Continental in Großserie produzierte, fremderregte Synchronmotor bietet gegenüber dem permanent erregten Elektromotor deutliche Vorteile: Über alle Betriebszustände gesehen erreicht diese Technik insgesamt einen sehr hohen Wirkungsgrad bei Elektrofahrzeugen. Insbesondere bietet sie bei höheren Drehzahlen durch die Erregerstromregelung eine geringere Gegeninduktivität.
Diese technische Besonderheit dient zudem auch der Sicherheit des Motors. Ein weiterer Vorteil ist, dass keine hochpreisigen Seltenen Erden für die Magneten benötigt werden.
Gekoppelt ist der Elektromotor mit einem integrierten Einstufen- und Differential-Getriebe samt mechanischer Parksperre sowie einer Leistungselektronik und einem Steuergerät von Continental. Die Leistungselektronik entstammt einem flexiblen Baukastensystem der 2. Generation. Samt integriertem DC/DC-Wandler ist sie etwa 30% kleiner als in der 1. Generation und gehört zu den kompaktesten Komponenten am Markt. So gewinnen die Fahrzeugentwickler wertvollen Bauraum und reduzieren zugleich das Fahrzeuggewicht, wodurch im Gegenzug die Reichweite steigt. Das zentrale Steuergerät wurde aus einem in der Großserie bewährten Motorsteuergerät abgeleitet und ist das Gehirn des Elektrofahrzeugs. Er steuert nicht nur den Antrieb, sondern übernimmt auch das Temperatur- und Energiemanagement sowie die Überwachung des Ladevorganges.
Der Antrieb wird aus einer Lithium-Ionen-Batterie gespeist. Samt integriertem Batteriemanagement, der Sicherheitselektronik, dem innovativen Crashsensor evSAT und der Flüssigkeitskühlung wiegt das System 154 kg und lässt sich ohne Platzeinbußen in einem Sandwichboden unter den Sitzen integrieren. Kofferraumvolumen und Innenraumvariabilität des Versuchsträgers bleiben so unverändert. Das Batteriepaket hat bei einer Nennspannung von 355 Volt eine Kapazität von 18 Kilowattstunden. Das ermöglicht eine Reichweite von maximal 150 Kilometern.
Geladen wird der Akku mit einem neuen Ladesystem (On-Board-Charger) von Continental, der reif für die Serienentwicklung ist. Konzipiert für kommende Elektrofahrzeuge und Plug-In-Hybride Kraftfahrzeuge mit Hybridantrieb, deren Batterie zusätzlich über das Stromnetz geladen werden kann ist er modular aufgebaut und frei skalierbar. Durch die hohe Ladeleistung von bis zu 10 Kilowatt lässt sich das Fahrzeug in etwas mehr als 2,5 Stunden komplett laden.
Um den verschiedenen Hochvoltverbrauchern wie Lader, Umrichter oder Heizer außerdem einen sicheren Zugriff auf die Akkuspannung zu gewährleisten, wurde in der zentralen Vorentwicklung ein Prototyp einer Verteilerbox erstellt. Diese sichert und überwacht die Steckverbindungen und kann temporär nicht benötigte Komponenten abschalten.
Intelligentes Anzeige- und Bedienkonzept
Tacho und Drehzahlmesser waren einmal: Mit der Elektrifizierung des Antriebs wandelt sich der Informationsbedarf des Fahrers deutlich. Nötig sind einfach verständliche und hoch präzise Angaben insbesondere über die Energiereserven sowie die verbleibende Reichweite. Zukünftig wird das vernetzte Fahrzeug die Angst vor einem unerwarteten Liegenbleiben mit leeren Akkus auf freier Strecke auflösen können. Auf Basis der Daten zu Energiefluss, Ladezustand, Aktionsradius, Reichweite und vorausliegender Verkehrssituation wird der Fahrer auf einfache Weise über die Reichweite mit einem frei konfigurierbaren Kombiinstrument informiert. Wie auf dem Display eines Tablet-Computers erhält der Fahrer über diesen 12,3"-LCD-Bildschirm umfassend und auf einen Blick alle wichtigen Kennzahlen und Eckdaten. Je nach Einsatzzweck und Betriebszustand lassen sich darauf neben den reinen Fahr- und Akkudaten auch Navigationshinweise, Energiespartipps oder die nächsten Ladesäulen anzeigen. Die Fahrzeugentwickler haben hier also einen breiten Spielraum für die individuelle Darstellung beziehungsweise Vermittlung der Informationen.
Das aktive Gaspedal (AFFP)
Eine weitere Innovation im elektrischen Demonstrationsfahrzeug ist das aktive Gaspedal, das "Accelerator Force Feedback Pedal" (AFFP®) von Continental. Das weltweit erste aktive Gaspedal steht unmittelbar vor dem Serieneinsatz. Es bietet mit seinem integrierten Aktor und einem völlig frei programmierbaren haptischen Signal ganz neue Möglichkeiten, den Autofahrer bei einem möglichst sparsamen Fahrstil zu unterstützen. In Abhängigkeit etwa des jeweils gewählten Fahrprogramms lässt sich zum Beispiel ein variabler Druckpunkt im Pedalweg erzeugen, der dem Fahrer die optimale Gaspedalstellung signalisiert. Gleichzeitig kann in Relation zum Ladestand des Akkus ein steigender Gegendruck aufgebaut werden, der auf eine schwindende Reichweite aufmerksam macht und zum sparsamen Tempo aufFordert.
Weil solche Hinweise auch bei Fahrzeugen mit Verbrennungsmotor den Alltagsverbrauch senken können und das "Accelerator Force Feedback Pedal" (AFFP®) zudem als Warnsignal bei drohenden Gefahren sinnvoll ist, beschränkt sich sein Einsatz nicht allein auf Elektrofahrzeuge.
Ladebuchse
Continental denkt bei der so genannten Mensch-Maschine-Schnittstelle (HMI - Human-Machine-Interface) für Elektrofahrzeuge aber weit über das Cockpit hinaus. So hat das Unternehmen für den Prototypen zum Beispiel eine innovative Ladebuchse entwickelt, die den Fahrzeugbesitzer auf einen Blick über den aktuellen Status seines Wagens informiert. Sie ist nicht nur weiß beleuchtet, damit man auch nachts problemlos Strom zapfen kann. Ein blinkender LED-Ring verdeutlicht das Laden, ein Farbwechsel von gelb bis grün, wie weit der Ladevorgang fortgeschritten ist.
Direkter Zugriff auf den Wagen per Computer oder Smartphone
Zudem hat Continental für Elektrofahrzeuge ein internetbasiertes Portal entwickelt, über das der Fahrer vom heimischen Computer aus oder per Smartphone direkten Zugriff auf seinen Wagen hat. Mit wenigen Mausklicks kann man so Ladezeit und Ladezustand des Akkus ablesen, künftig auch das Lademanagement steuern und sein Fahrzeug konditionieren. Dann startet der Ladevorgang zum Beispiel nur während des günstigen Nachttarifs oder die Klimaanlage kühlt das Auto herunter, solange der Wagen noch am Stromnetz hängt.