Im Frühjahr 1971 wurde ein Fahrzeug präsentiert, das die damalige automobile Welt nicht von
Volkswagen erwartet hätte: ein äußerst dynamisch gestaltetes Sportcoupé, niedrig auf der Straße kauernd, große Räder, lange Front, markante Doppelscheinwerfer. Sein Name:
Volkswagen SP.
Zwar wurde er der Öffentlichkeit erstmalig in Deutschland vorgestellt, seine Wurzeln liegen aber viele 1.000 Kilometer entfernt in Brasilien. Dort übernahm 1968 Rudolf Leiding, zuvor Direktor des Volkswagen Motorenwerks in Kassel und Vorstandsvorsitzender von Audi NSU in Neckarsulm, die Leitung von Volkswagen do Brasil. Er hatte 1968 von Volkswagen Generaldirektor Heinrich Nordhoff den Auftrag erhalten, das südamerikanische Werk wieder auf die Erfolgsspur zu bringen Leiding nahm diese Aufgabe unter der Bedingung an, für den Markt auch eigenständige Modelle realisieren zu können. Höchstpersönlich skizzierte Leiding demnach seine Idee eines 2-sitzigen Sportcoupés, das er von einem jungen Team zur Serienreife bringen lassen wollte. Als Entwicklungspartner dienten zudem die Produktionsspezialisten von Karmann-Ghia do Brasil.
Die Vorgabe an die Entwickler war eindeutig: Unter Verwendung möglichst vieler Serienteile aus dem Baukasten der brasilianischen Modellpalette sollten die Kosten niedrig gehalten werden. Als technische Basis für das neue Sportcoupé diente der Volkswagen 1600, die brasilianische Version des Typ 3 mit eigenständiger Karosserie. Von ihm wurden das Fahrwerk mit vorderer Kurbellenkerachse und Pendelachse hinten sowie der Motor übernommen, die Stahlkarosserie hingegen war eine weitgehend eigenständige Entwicklung. Die markanten Doppelscheinwerfer stammten ebenfalls vom 1600 während sie dort die Front einer bürgerlichen Limousine zierten, wurden sie jetzt zum prägenden Designmerkmal.
Bei Fahrversuchen erwies sich der serienmäßige 1,6-Liter-Boxermotor aus dem Typ 3 mit 54 PS dem sportlichen Anspruch als nicht angemessen. Man beschloss, diese Motorisierung in einer etwas einfacher ausgestatteten Version als Volkswagen SP-1 anzubieten.
Um über ein stärkeres Aggregat zu verfügen, wurde der sogenannte Flachmotor auf 1.678 ccm aufgebohrt. Er leistete nun 65 PS bei 4.600/min und ermöglichte eine Höchstgeschwindigkeit von 156 km/h.
Während man den SP-1 nur in sehr geringer Stückzahl baute, wurde der SP-2 von Juni 1972 bis Februar 1976 immerhin über 10.000 Mal gefertigt. Offiziell nie in Europa angeboten, kam ein Exemplar jedoch auf regulärem Weg nach Deutschland: Rudolf Leiding wurde bereits 1971 wieder zurück nach Wolfsburg gerufen, wo er als neuer Vorstandsvorsitzender die Modelle Passat und Golf auf den Weg brachte. Als Geschenk für seine Ehefrau orderte er nachträglich einen SP-2 nach Wolfsburg ihr war das Sportcoupé jedoch im deutschen Straßenbild zu auffällig, sie verkaufte es nach kurzer Zeit.
Heutzutage befinden sich einige Volkswagen SP-2 auch in europäischer Sammlerhand. Volkswagen Classic zeigt das Sportcoupé auch in diesem Jahr bei einigen klassischen Veranstaltungen wie der Kitzbüheler Alpenrallye im Mai, wo man sich live von der dynamischen Form dieses wahren Exoten aus der Volkswagen Produkthistorie begeistern lassen kann.