In der Formel 1 werden nicht nur die Autos stetig weiterentwickelt, auch das Reglement verändert sich von Jahr zu Jahr auch in der Saison 2011. Das sportliche und technische Reglement erfahren einige bedeutende Veränderungen. Nachfolgend eine Übersicht der Regeländerungen und deren Bedeutung.
Mehr Entscheidungsbefugnisse für die Rennkommissare
Sportliches Reglement, Artikel 16.3
Bislang stand den Rennkommissaren nach einem Zwischenfall ein begrenztes Spektrum von 3 Strafen zur Verfügung: eine Durchfahrtsstrafe (Drive-Through-Penalty), eine 10-Sekunden-Zeitstrafe oder eine Zurückversetzung in der Startaufstellung beim nächsten Rennen. Für 2011 wurde diese Auswahl um 4 weitere Strafen ergänzt.
- Die neuen Strafen sind: eine Zeitstrafe im Ermessen der Rennkommissare; eine Ermahnung; ein Ausschluss aus dem Rennergebnis und eine Sperre für das nächste Rennen.
Strengere Richtlinien für das Verhalten auf der Strecke
Sportliches Reglement, Artikel 20
Neuerdings sind verpflichtende Fahrrichtlinien im Reglement verankert, bislang waren diese nur ein Gentlemans Agreement unter den Piloten. Auch das Verhalten bei Überrundungen wird schärfer geregelt.
- Die Regeln verbieten mehr als einen Richtungswechsel, das Abdrängen eines anderen Autos von der Strecke und unnormale Richtungswechsel
Verbesserte Sicherheit in der Boxengasse
Sportliches Reglement, Artikel 23
Bislang gab es keine Regelung, um die Boxengasse bei einem Zwischenfall für andere Autos zu schließen. Nach einem Unfall in der Boxengasse im vergangenen Jahr in Monza wurden die Regeln entsprechend angepasst, um die Sicherheit in der Boxengasse zu erhöhen.
- Die Boxengasse darf nun während des Rennens aus Sicherheitsgründen geschlossen werden. Während dieses Zeitfensters dürfen Autos nur für "wichtige und ersichtliche" Reparaturen an die Box fahren
- Die Autos müssen sich bei der Boxenausfahrt in einer Reihe hintereinander anstellen und müssen in der Reihenfolge losfahren, in der sie angekommen sind. Die einzige Ausnahme ist, wenn ein anderes Auto unangemessen lange steht
Reifen
Sportliches Reglement, Artikel 25
Von 2011 bis 2013 ist Pirelli der neue Einheitsreifenpartner der Formel 1. Jeder Fahrer erhält 11 Reifensätze pro Rennwochenende. Bei ausgewählten Rennen darf den Fahrern ein zusätzlicher Reifensatz der "Prime"-Mischung oder eine Experimentalmischung zugewiesen werden, um die Weiterentwicklung der Reifen zu unterstützen. Diese Reifen dürfen ausschließlich am Freitag eingesetzt werden.
Die Reifen werden wie folgt verteilt:
| Prime | Option | Reifenaufteilung |
P1 & P2 | 2 Sätze | 1 Satz | · 1 Prime wird vor dem P2 zurückgegeben |
· 1 Prime und 1 Option werden vor dem P3 zurückgegeben |
P3 | 1 Satz | 1 Satz | · 8 Reifensätze, vier von jeder Spezifikation, zum Gebrauch für den Rest des Rennwochenendes |
· 1 Prime und 1 Option werden vor dem Qualifying zurückgegeben |
Qualifying | 3 Sätze | 3 Sätze | · Fahrer, die Q3 erreicht haben, müssen das Rennen mit dem Reifensatz beginnen, mit dem sie ihre schnellste Runde im Q3 erzielt haben |
· Im Rennen muss jeder Fahrer beide Trockenreifentypen verwenden, es sei denn es kommen Regenreifen zum Einsatz |
· Fahrer, die im Rennen nicht beide Trockenreifentypen einsetzen, werden vom Ergebnis ausgeschlossen |
Rennen |
|
Getriebe
Sportliches Reglement, Artikel 28.6
Die Getriebe müssen ab dieser Saison 5 statt 4 aufeinanderfolge Rennen halten. Sollte ein Fahrer beim vorherigen Rennen ohne eigenes Verschulden oder Verschulden des Teams ausfallen, darf ein Ersatzgetriebe ohne Strafe verwendet werden. In der Saison 2011 bleibt der erste unplanmäßige Getriebewechsel unbestraft. Jeder weitere Wechsel außerhalb des Getriebezyklus wird mit einer Strafversetzung um fünf Plätze in der Startaufstellung geahndet.
- Die durchschnittliche Haltbarkeit eines Getriebes wird von 2.100 km in 2010 auf 2.625 km in 2011 erhöht
Sperrstunde für Teammitglieder
Sportliches Reglement, Artikel 30.19
Ab der Saison 2011 dürfen Teammitglieder, die direkt am Auto arbeiten, die Strecke während zwei sechsstündiger Zeiträume vor dem 1. und 3. Training nicht mehr betreten. Im Laufe der Saison stehen jedem Team vier Ausnahmen von dieser Regel zu.
- Bei normalem Zeitplan gilt die Sperrstunde am Freitag von 00:00 bis 06:00 und am Samstag von 01:00 bis 07:00
- In Melbourne gilt die Sperrstunde am Freitag von 02:30 bis 08:30 Uhr und am Sonntag von 04:00 bis 10:00 Uhr
Die Rückkehr der 107%-Regel
Sportliches Reglement, Artikel 36.3
Zum ersten Mal seit dem Jahr 2002 kehrt die 107%-Regel in den Sport zurück. Die Regel ist nur während des Q1 gültig und besagt, dass Fahrer, deren beste Runde 107% der Bestzeit aus Q1 übersteigt, nicht am Rennen teilnehmen dürfen. Unter außergewöhnlichen Umständen sind Ausnahmen möglich.
- In der Saison 2010 hätte die 107%-Zeit in Melbourne 1:30.708 Minuten betragen
- 2010 hätten sich alle Fahrer qualifiziert: Chandhok, der langsamste Qualifyer, erzielte im Q1 eine Zeit von 1:30.613
Teamorder
Der Artikel, der die Teamorder verboten hat (Artikel 39.1), ist ab dieser Saison aus dem sportlichen Reglement verschwunden, allerdings wissen alle Teams, dass jedwede Aktion, die den Sport in Verruf bringt, unter Artikel 151c des internationalen Sport-Codex geahndet werden kann.
Vom Fahrer verstellbares Bodywork
Technisches Reglement, Artikel 3.10, 3.18 und 8.2
Das vom Fahrer verstellbare Bodywork bezieht sich auf den RFA (verstellbarer Heckflügel-Flap); der Frontflügel-Flap darf nicht länger vom Fahrer verstellt werden. Wenn der RFA aktiviert ist, rotiert der Flap nach oben und vergrößert so den Abstand zwischen dem Flap und dem Hauptprofil. Der RFA wird automatisch deaktiviert, wenn der Fahrer bremst, kann aber auch manuell abgestellt werden. Im Falle eines Defekts stellt das System sicher, dass der Flap in die geschlossene Position zurückkehrt. Der RFA darf im Training und Qualifying unbeschränkt eingesetzt werden. Im Rennen darf der RFA erst nach den ersten beiden Rennrunden sowie nach einer Safety Car-Phase aktiviert werden, und das auch nur dann, wenn die Kontrollelektronik angibt, dass der Fahrer in einem im Vorfeld bestimmten Streckenabschnitt weniger als 1 Sekunde hinter dem Vordermann liegt.
- Wenn der RFA nicht aktiviert ist, muss der Abstand zwischen 10 und 15 mm liegen
- Wenn der RFA eingesetzt wird, darf der Abstand nicht mehr als 50 mm betragen
- Wie groß ist ein Abstand von 50 mm? Ungefähr so groß wie die Länge einer Mignon-Batterie (Typ AA)
- Auf einer durchschnittlichen Strecke bringt der RFA einen Topspeed-Zugewinn von 12 km/h
Fahrzeuggewicht & Gewichtsverteilung
Technisches Reglement, Artikel 4.1 und 4.2
Das Mindestgewicht des Fahrzeugs wurde in der Saison 2011 auf 640 kg angehoben. Ausschließlich für diese Saison ist die Gewichtsverteilung der Autos zwischen 45.5/54.5% und 46.5/53.5% festgeschrieben.
KERS (Kinetic Energierückgewinnungs-System)
Technisches Reglement, Artikel 5.2.3
KERS Hybrid ist auch in der Saison 2010 vom Technischen Reglement erlaubt gewesen. Die Teams einigten sich aber freiwillig darauf, es im letzten Jahr nicht einzusetzen. In der Saison 2011 feiert es jedoch sein Comeback. Das KERS-Reglement bleibt unverändert: die maximale Leistung des Systems darf 60 kW nicht übersteigen, die maximale Energiefreigabe beträgt 400 kJ pro Runde.
- 60 kW entsprechen einer maximalen Zusatzleistung von 80,5 bhp (81,6 PS)
- 400 kJ liefern bei vollem Einsatz Energie für 6,67 Sekunden