Zum 78. Mal werden am Wochenende des 12./13. Juni die 24 Stunden von Le Mans ausgetragen. Das berühmteste Langstrecken-Rennen der Welt hat wie keine andere Motorsport-Veranstaltung schon immer maßgeblich die technische Entwicklung des Automobils beschleunigt. Mit 8 Gesamtsiegen in den vergangenen 10 Jahren ist die Marke mit den vier Ringen die erfolgreichste der jüngsten Le-Mans-Geschichte.
Frontantrieb, Radialreifen, Scheibenbremsen, Halogenscheinwerfer, Turboaufladung und selbst der Scheibenwischer haben ihren Ursprung beim härtesten Langstrecken-Rennen der Welt. Die jüngsten beiden technischen Meilensteine lieferte Audi: Die Kombination von Turboaufladung und Direkteinspritzung (TFSI) erwies sich von 2001 bis 2005 als unschlagbar. 2006 sorgte Audi mit dem 1. Sieg eines Dieselfahrzeugs in Le Mans weltweit für Schlagzeilen.
Bei keinem anderen Rennen stehen Effizienz, Nachhaltigkeit, Zuverlässigkeit, Reduktion des Kraftstoffverbrauchs, die damit verbundene Senkung der CO2-Emissionen und innovative Antriebskonzepte derart im Fokus wie bei den 24 Stunden von Le Mans.
2010 bringt Audi ein Plus an Effizienz an den Start: Der erste Diesel-Rennsportwagen der 2. Generation, der Audi R15 TDI, wurde nach seinem 3. Platz im Vorjahr in den letzten 12 Monaten in zahlreichen Details überarbeitet und noch stärker in Richtung Effizienz getrimmt. Den Ingenieuren von Audi Sport gelang es durch zahlreiche Maßnamen, die Leistung des 5,5 Liter großen V10-TDI-Triebwerks trotz Restriktionen durch das Reglement auf dem Vorjahresniveau zu halten. Die komplexe Aerodynamik des intern nun "R15 plus" genannten LMP1-Sportwagens wurde komplett überarbeitet und auf Höchstgeschwindigkeit getrimmt. Neu positioniert wurde das Kühlerpaket. Das Cockpit ist noch ergonomischer. Und die serienmäßigen LED-Scheinwerfer aus dem Hochleistungs-Sportwagen Audi R8 sorgen im Audi R15 TDI des Modelljahres 2010 als Zusatzscheinwerfer bei Nacht für eine noch effizientere Ausleuchtung der Straße.
Seit März wurden mit dem "R15 plus" mehr als 40.000 Testkilometer absolviert, um nichts dem Zufall zu überlassen. Dazu zählten 2 Dauerläufe über jeweils 30 Stunden, Aerodynamik-Tests im Windkanal, auf verschiedenen Rennstrecken und auf Flugplätzen, Simulationen auf einer künstlich verschmutzten Rennstrecke, um das Verschmutzen der Kühler zu simulieren, 2 Testeinsätze in der Le Mans Series in Le Castellet und Spa-Francorchamps sowie Ende Mai ein finaler Test in Südfrankreich, bei dem wichtige abschließende Erkenntnisse in Sachen Aerodynamik, Setup und Reifenluftdrücke gesammelt wurden.
Besser vorbereitet als im vergangenen Jahr
"Im vergangenen Jahr sind wir durch Unfälle bei der Vorbereitung erheblich in Rückstand geraten und waren in Le Mans nicht wirklich aussortiert", erklärt Dr. Ullrich. "In diesem Jahr sind wir wesentlich besser vorbereitet. Das ändert aber nichts an der Tatsache, dass wir es in Le Mans mit sehr starker Konkurrenz zu tun haben und während der 24 Stunden wie immer sehr viel passieren kann. Trotzdem ist unser Ziel klar: Wir wollen den Siegerpokal zurück nach Ingolstadt und Neckarsulm holen."
Ab Samstag, den 12. Juni um 15 Uhr liegt dies vor allem in den Händen der drei Fahrerteams: Am Steuer des Audi R15 TDI mit der Startnummer "7" lösen sich Dindo Capello (Italien), Le-Mans-Rekord-Sieger Tom Kristensen (Dänemark) und Allan McNish (Schottland) ab, die 2008 den achten Audi-Sieg in Le Mans erzielten und 2009 den 3. Platz belegten. Die Startnummer "8" pilotieren mit Marcel Fässler (Schweiz), André Lotterer (Deutschland) und Benoît Treluyer (Frankreich) drei Neuzugänge. Die Mannschaft der Startnummer "9" bilden die beiden Porsche-Werksfahrer Timo Bernhard (Deutschland) und Romain Dumas (Frankreich) sowie DTM-Pilot Mike Rockenfeller (Deutschland).
Das Audi Sport Team Joest ist bereits seit Mittwoch (2. Juni) in Le Mans vor Ort. Die Fahrer reisen am Sonntag an. Die öffentliche Technische Abnahme der drei Audi R15 TDI mit den Chassisnummern R15-202 (#7), R15-203 (#8) und R15-204 (#9) ist für den späten Montagnachmittag vorgesehen. Im Freien Training am Mittwoch von 16 bis 20 Uhr werden die Audi R15 TDI ihre ersten Runden auf dem 13,629 Kilometer "Circuit des 24 Heures" drehen, auf dem es außerhalb der Rennwoche keinerlei Testmöglichkeiten gibt.
Am Mittwochabend (22 bis 24 Uhr) und am Donnerstagabend (19 bis 21 Uhr und 22 bis 24 Uhr) werden in insgesamt drei Qualifying-Sessions die Startpositionen vergeben, die in Le Mans jedoch eher nebensächlich sind. Vor dem Start des Rennens am Samstag um 15 Uhr gibt der veranstaltende Automobile Club de lOuest (ACO) den Zuschauern einen kleinen Ausblick auf die Zukunft des Automobils, in dessen Rahmen ein Audi-e-tron-Elektrofahrzeug eine Demorunde auf der Rennstrecke drehen wird.
Ab 2011 gilt in Le Mans ein neues technisches Reglement, das kleinere, noch effizientere Motoren vorschreibt. Bei Audi Sport wird am Nachfolgemodell des aktuellen R15 TDI unter dem Projektnamen "R18" bereits gearbeitet.
Dr. Wolfgang Ullrich (Audi-Motorsportchef):
"In Le Mans ist Effizienz sehr wichtig. Und hohe Effizienz ist auch eines der Geheimnisse unserer Straßenfahrzeuge. Deshalb passt die Form des Motorsports, die Audi in Le Mans betreibt, ganz ausgezeichnet. Im Langstrecken-Prototypen-Sport können wir neue Technologien sehr frühzeitig zum Einsatz bringen und für die Serie erproben. Die Erkenntnisse können dabei nicht nur in Leistung, sondern auch in geringeren Kraftstoffverbrauch und damit geringere Emissionen umgesetzt werden. Gute Beispiele hierfür sind die TFSI-Technologie, die wir 2001 erstmals erfolgreich in Le Mans eingesetzt haben, das jahrelange Know-how im Leichtbau und der TDI, den wir 2006 in Le Mans zu Leistungs- und Drehmomentwerten gebracht haben, die davor nicht realistisch erschienen. Unser Ziel ist es, das Ergebnis des letzten Jahres mit einem Sieg wieder auszugleichen. Dafür haben wir in den vergangenen Monaten sehr hart und konzentriert gearbeitet."
Ralf Jüttner (Technischer Direktor Audi Sport Team Joest):
"Unsere Vorbereitungen sind gut verlaufen, es hat alles genau so funktioniert, wie wir uns das vorgenommen haben. Damit war die Vor-Rennphase deutlich entspannter als im Vorjahr, was uns in Le Mans hoffentlich zugute kommen wird. In diesem Jahr war alles so frühzeitig fertig, wie es vor einem Rennen in Le Mans sein sollte. Auch beim jüngsten Test haben wir noch ein paar Sachen gefunden, so dass wir nun zuversichtlich gen Westen fahren. Am Mittwoch und am Donnerstag werden wir uns wie üblich auf das Rennen konzentrieren. Die zusätzliche Trainingszeit hilft sicherlich, ist aber auch schon wieder voll verplant. Wir haben noch genug auf dem Plan stehen, das wir noch machen wollen und müssen."
Dindo Capello (Audi R15 TDI #7):
"Im vergangenen Jahr war der Kompromiss von Setup und Aerodynamik unser Hauptproblem. Das wurde geändert, und die Verbesserungen sind spürbar. Auch die Motoreningenieure haben ganze Arbeit geleistet. Trotz der Restriktionen haben wir fast dieselbe Leistung wie im Vorjahr und leiden nicht so sehr unter der Regeländerung in diesem Bereich. Ich glaube, der R15 TDI beschleunigt in diesem Jahr sogar besser. Ein Lob an die Ingenieure: Sie haben diesen Winter wirklich tolle Arbeit geleistet übrigens auch beim Design, das viele überrascht hat. Ich habe sehr viele E-Mails und Zuschriften von Motorsport-Fans bekommen, denen das neue Design genauso gut gefällt wie mir."
Tom Kristensen (Audi R15 TDI #7):
"Audi hat einen wichtigen Schritt vom R15 zum R15 plus getan. Das plus besagt, dass der R15 TDI in allen Bereichen in Bezug auf Effizienz und Performance überarbeitet wurde. Zum Beispiel die Scheinwerfer. Das mag wie Kleinkram klingen, aber bei einem 24-Stunden-Rennen sind sie extrem wichtig. Aber natürlich auch die Effizienz des Motors, der stärker, aber auch ökonomischer im Verbrauch wurde. Die Aerodynamik ist verbessert worden, um genügend Abtrieb in den Kurven zu generieren, ohne dabei auf den Geraden zu viel Luftwiderstand zu haben. Auch das Zusammenspiel von Federung und den Michelin-Reifen wurde optimiert. Es ist einfach alles unter die Lupe genommen und optimiert worden, damit uns das ,plus hilft, unser großes Ziel in Le Mans zu erreichen."
Allan McNish (Audi R15 TDI #7):
"Was die Fans in Le Mans zu sehen bekommen? Hoffentlich einen Audi-Sieg! Ich denke, dass es ein sehr enges und spannendes Rennen wird. Wir haben in Le Castellet und Spa-Francorchamps gesehen, dass wir mit unserem Auto gute Schritte gemacht haben. Ich denke, die Verbesserungen werden sich in Le Mans mehr als auf jeder anderen Rennstrecke auszahlen, denn der Fokus bei der Weiterentwicklung lag ganz allein auf Le Mans. Wir verstehen den R15 TDI wesentlich besser als im letzten Jahr, obwohl es wieder ein ziemlich neues Auto ist. Ich bin sicher, dass Peugeot erneut sehr stark sein wird. Sie haben viele Langstrecken-Tests absolviert und sind noch immer ziemlich schnell. Als Vorjahres-Sieger und Sieger von Spa sehe ich sie in der Favoritenrolle. Aber sie können sich darauf verlassen, dass wir ihnen einen harten Kampf bieten werden."
Marcel Fässler (Audi R15 TDI #8):
"Ich starte zum fünften Mal in Le Mans, aber in diesem Jahr erlebe ich dort meinen ersten Werkseinsatz in einem LMP1-Rennwagen. Bei den Tests mit Audi Sport hatte ich gute Möglichkeiten, mich in den Audi R15 TDI einzuleben. Klar ist, dass ich als Neuling im Team noch einiges lernen muss. Ich werde mir sehr genau ansehen, wie Tom Kristensen, Dindo Capello und Allan McNish an dieses Rennen herangehen. Das Gefühl, für ein Werksteam zu starten, ist sehr gut, denn ein solches Umfeld erleichtert vieles. Bei Audi wird einfach nichts dem Zufall überlassen. Das Auto hat bei Tests schon mehrfach gezeigt, dass wir problemlos 24 Stunden damit fahren können. Ein solcher Aufwand war den Teams, für die ich früher gefahren bin, einfach nicht möglich."
André Lotterer (Audi R15 TDI #8):
"Für mich ist Sportwagen-Fahren noch immer neu, auch wenn ich im vergangenen Jahr bei meinem Le-Mans-Debüt mit dem Audi R10 TDI schon etwas Sportwagen-Luft schnuppern konnte. Ich lerne noch immer dazu. Bei den Tests hat es aber ganz gut funktioniert, und ich bin es aus Japan von der Formel Nippon her gewohnt, schnelle Autos zu fahren. Deshalb habe ich mich auch im Audi R15 TDI sofort wohlgefühlt. Es ist nicht einfach, ein Le-Mans-Auto am Limit zu bewegen. Das Team versucht, das Fahrzeug auf den Geraden so schnell wie möglich zu machen. Dadurch ist es in den Kurven etwas schwieriger zu bewegen. Aber das ist unser Job."
Benoît Treluyer (Audi R15 TDI #8):
"Le Mans ist für mich sehr wichtig: Erstens bin ich Franzose und zweitens nur 50 Kilometer von der Strecke entfernt geboren. Als Kind konnte ich mir nicht vorstellen, wie man in so einem Ding so schnell fahren kann und noch weniger, es eines Tages selbst zu tun. Ich bin stolz darauf, weil es mich wieder zum Kind macht. Und meine Familie ist auch stolz auf mich. Viele kommen nach Le Mans, um mich zu unterstützen. Das ist schon ein gewisser Druck, aber ich komme damit klar. Natürlich wollen wir das Rennen gewinnen und am Ende ganz oben auf dem Treppchen stehen, aber wir sind neu im Team und müssen noch viel lernen. Das Auto ist sehr gut, ganz speziell auch auf den Geraden, was in Le Mans besonders wichtig ist. Für die Kurven müssen wir im Training die beste Balance finden."
Timo Bernhard (Audi R15 TDI #9):
"Ganz klar: Ich freue mich auf das Rennen. Es bietet mir die Chance, einen weiteren Erfolg in meiner Karriere einzufahren. Man muss Le Mans prinzipiell angehen wie jedes andere Rennen auch: professionell, konzentriert. Trotzdem ist Le Mans in vielerlei Hinsicht ein anderes Rennen, vor allem, weil es über eine so lange Distanz geht. Für mich ist immer wieder erstaunlich, dass Le Mans heute ein 24-Stunden-Sprint ist, weil die Autos in den letzten Jahrzehnten so viel verlässlicher geworden sind. Früher war es eher eine Frage, kommt man durch oder nicht. Heute ist die Frage: Hat man den Speed oder nicht. Mensch und Material werden ganz schön geFordert und müssen auf dem höchsten Level sein."
Romain Dumas (Audi R15 TDI #9):
"Jeder kennt die 24 Stunden von Le Mans, die nicht nur in Franreich eines der größten Rennen sind, sondern ein weltberühmtes Langstreckenrennen. Als französischer Fahrer steht man dort ganz besonders im Mittelpunkt. Und im Audi-Werksteam kann es nur das Ziel geben, zu gewinnen. Die Ingenieure von Audi Sport haben unglaublich hart gearbeitet, um das Auto zu verbessern und den R15 plus zu kreieren. Wenn du als Fahrer weißt, wie viel Energie aufgebracht wurde, um deine Performance zu verbessern, dann stärkt das dein Vertrauen in das Auto und den Wunsch nach guten Ergebnissen. Ich bin davon überzeugt, dass wir dieses Jahr besser vorbereitet sind als letztes Jahr. Unsere Dauertests liefen gut."
Mike Rockenfeller (Audi R15 TDI #9):
"Selbst im Cockpit des Audi R15 TDI hat sich gegenüber dem Vorjahr einiges getan. Wir haben viel optimiert, zum Beispiel die Schalterpositionen. Man kommt besser an die Schalter und sieht alles besser. Das ist beim Fahren sicherlich keine andere Welt, aber am R15 TDI gab es überall Detailverbesserungen, die sich in Le Mans hoffentlich positiv auf die Rundenzeiten auswirken das war auch unser Ziel mit dem R15 plus: uns einfach überall zu verbessern. Wir haben zum Beispiel viel am Licht gearbeitet. Eine bessere Sicht hilft uns, in der Nacht noch schneller fahren zu können. Und ein Ziel war auch, auf den Geraden einen Tick schneller zu sein. Ich denke, das ist gelungen."