Für das Werk Brüssel ist das Jahr 2010 ganz besonders: Mit dem neuen
Audi A1 wird in der belgischen Hauptstadt das erste vollwertige Premiumautomobil im Kleinwagen-Segment gefertigt. Auf diese große Heraus
Forderung haben sich das Werk und die Mitarbeiter intensiv vorbereitet. Seit 2007 wurden insgesamt rund 300 Mio. Euro in den Standort investiert und moderne
Audi-Standards im Werk integriert. Dabei wurden bis Mai 2010 weit über 100 Einzelprojekte verwirklicht.
Nach Übernahme des Werks durch die Audi AG im Jahr 2007 folgte dessen Restrukturierung in mehreren Schritten. Zunächst wurde das Werk grundlegend renoviert: Böden und Dächer der Werkshallen wurden saniert, alte Gebäude abgerissen und Produktionsanlagen erneuert. In einem zweiten Schritt wurde die Werksstruktur optimiert und auf das neue Modell angepasst. Alle Bereiche wurden optimiert und modernisiert, vom Karosseriebau über die Lackiererei und Montage bis hin zu den Arbeitsbedingungen der Mitarbeiter.
Karosseriebau
Für den Karosseriebau ist die älteste Halle auf dem Werksgelände abgerissen worden und ein komplett neues Gebäude ist entstanden, ausgestattet mit Anlagen für eine moderne und hoch flexible Fertigung. 450 neue Roboter unterstützen beispielsweise den Fertigungsprozess, alle Fertigungs- und Transportanlagen wurden für den A1 komplett neu geplant und aufgebaut. Da die Presswerkteile von anderen Audi-Standorten angeliefert werden, war hier die Optimierung der Logistik- und Anlieferungsprozesse ein entscheidender Punkt: Jetzt ist die Logistik direkt am Karosseriebau angesiedelt.
Montage
Das ursprüngliche Montage-Gebäude ist bestehen geblieben, doch es hat ein vollkommen neues Innenleben, eine neue Struktur, erhalten. Die Vormontagen und die Montagehauptlinie wurden für die A1-Produktion komplett umgestellt: Die Montagelinien sind neu angelegt und verkürzt worden, die Prozesse entsprechen dem Audi Produktionssystem. Dieses kommt jetzt bei Audi Brussels zum vollen Einsatz: Es wurden beispielsweise freie Flächen geschaffen, um ein neues Materialbereitstellungskonzept umzusetzen. Ein weiteres Beispiel: Die Integration der Cockpit-Vormontage.
Zusätzlich wurde eine neue Einfahrbahn erstellt, um alle Automobile direkt nach der Fertigung auf unterschiedlichen Bodenbelägen in ihrer Fahrdynamik testen zu können.
Anlauf-, Prüf- und Analysezentrum (APAZ)
Da der Erstanlauf des A1 für das Werk Brüssel eine Premiere ist, wurde auch ein Anlauf-, Prüf- und Analysezentrum eingerichtet. Dort arbeiten Prozessanalyse, Vorseriencenter (VSC) und Qualitätssicherung zusammen.
Das APAZ wurde im September 2009 eröffnet. Eine einzigartige Organisationsform vernetzt hier die Technische Entwicklung mit der Produktion und ermöglicht somit eine noch frühere Absicherung für Produkte und Prozesse. So wurden die Qualität und die Effizienz der Entwicklungsprozesse für den neuen Audi A1 optimiert. Da sich der Konstruktionsstand des Automobils mit Hilfe virtueller Darstellungsformen parallel zum realen Prototypenbau weiter entwickelt, konnte die Baubarkeit des künftigen Audi-Modells schon in der ersten Konzeptphase abgesichert werden.
Anlauf- und Trainingscenter (ATC)
Im ebenfalls neu eröffneten Anlauf- und Trainingscenter wurde in den letzten Wochen mit Hochdruck die Serienfertigung vorbereitet. In Anlaufworkshops wurde im Anlaufcenter der reibungslose Produktionsstart des A1 vorbereitet: Wie sieht die optimale Eintaktung und Bandbelegung aus? Wie werden Durchlaufzeiten und Laufwege am besten reduziert, um die geplanten Abläufe unter Berücksichtigung der Methoden aus dem Audi Produktionssystem zu simulieren und einzuüben? Dafür wurde der gesamte Arbeitsprozess Takt für Takt so realistisch wie möglich nachgestellt. Die Mitarbeiter testeten, welches Werkzeug wo liegen muss, welche Werkstücke auf welche Art zur Verfügung stehen müssen, wie sie am besten an der Linie stehen und sich bewegen, um im Takt das Auto so effizient wie möglich zu bauen.
Im Trainingscenter wurden alle Montagemitarbeiter auf das Audi Produktionssystem geschult und auf den Qualitätsanspruch der Vier Ringe sensibilisiert. Hierfür wurden beispielsweise Steckverbindungen oder Schraubtechniken geübt. Nach Anlauf des A1 werden im Trainingscenter kontinuierlich Workshops während der laufenden Serie stattfinden, um die Mitarbeiter in der Fertigung zur Erreichung von kurz-, mittel- und langfristigen Qualitäts- und Produktivitätszielen zu schulen.
Lackiererei
Weiter modernisiert wurden die Lackierereianlagen. Ihre Prozesssicherheit und Effizienz wurden erhöht und an den Audi-Standard angepasst. Auch die Struktur der Lackiererei ist jetzt auf die Bedürfnisse des A1 ausgelegt. Der charakteristische Dachkontrastbogen ist hier eine neue und besondere HerausForderung: Eine entsprechende Anlagentechnik musste in die Struktur und in die Abläufe der Lackiererei integriert werden. Und auch neue A1-spezifische Farben werden hier zum Einsatz kommen.
Audi Produktionssystem: Arbeitsplatzgestaltung und Ergonomie
Neben den Investitionen in Produktionstechnik und Gebäuden galt es auch, die Arbeitsbedingungen im Werk zu verbessern und die Mitarbeiter für den A1-Anlauf zu qualifizieren. Denn an allen Audi-Standorten bestehen einheitliche Standards für die gesamte Belegschaft. So wurde bei der Umstrukturierung beispielsweise sehr auf Ergonomie geachtet: Kurze Wege, mitlaufende Wagen für Material und Werkzeug, optimierte Einbauhöhen am Fahrzeug und ergonomische Montagesitze erleichtern jetzt auch in Brüssel die Arbeit in der Fertigung.
Für die neuen Aufgaben wurde jeder Mitarbeiter im Trainingscenter geschult. In der Absicht, das Werk Brüssel zu einem der leistungsfähigsten Standorte weiterzuentwickeln, wurde neben effizienten Strukturen auch eine innovative Arbeitsorganisation gemäß dem Audi Produktionssystems eingeführt. Zu dessen Kernelementen, die bereits erfolgreich an den Audi-Standorten Ingolstadt, Neckarsulm und Györ umgesetzt werden, zählen die Gruppenarbeit sowie der kontinuierliche Verbesserungsprozess. Die Belegschaft wurde während der Qualifizierungsphase auf diese ErFordernisse vorbereitet, um so frühzeitig die Ansprüche des neuen A1 und seiner Produktinhalte erfüllen zu können.
Darüber hinaus wurden das Betriebsrestaurant und das Gesundheitszentrum neu gestaltet sowie der "Audi Checkup", ein Präventionsprogramm für alle Mitarbeiter, eingeführt.
Neubau Energiezentrale Süd
Auch das Thema Energieversorgung war ein wichtiger Punkt bei der Modernisierung im Werk Brüssel. Bislang sicherte eine Zentrale im Norden den Energiebedarf für das gesamte Werk. Für eine nachhaltige Versorgung war allerdings ein neues Konzept erForderlich. In einer Bauzeit von nur 6 Monaten von der Grundsteinlegung bis zur Inbetriebnahme Ende Dezember 2009 wurde daher eine zweite Zentrale im Süden des Werks errichtet und über eine Medientrasse mit der Bestehenden verbunden.
Knapp 7 Mio. Euro wurden in eine Energieanlage mit modernsten umweltfreundlichen Standards und eine Medientrasse investiert:
Die 6 MW- und 12 MW-Heizkessel der Energiezentrale Nord werden jetzt durch einen 18 MW-Kessel mit 2 Brennkammern, die je nach Bedarf 20 bis 100% an Leistung fahren können, unterstützt. Zukünftig ist in der neuen Zentrale ein zweiter Kessel mit ebenfalls 18 MW geplant, um dort insgesamt eine thermische Leistung von 36 MW zur Verfügung zu haben. Ebenfalls integriert in die Energiezentrale Süd ist eine Wärmerückgewinnung. Im Vollausbau des Heizungsnetzes können damit etwa 300.000 Euro pro Jahr eingespart werden. Um für die Zukunft und weitere Bedarfe vorbereitet zu sein, wird Audi Brussels auch die ursprüngliche Zentrale Nord modernisieren sowie die Zentrale Süd weiter ausbauen: Beispielsweise ist dort die Integration einer Druckluftversorgung oder eines Blockheizkraftwerks geplant.
Damit haben die Modernisierungen kein Ende gefunden, Audi wird auch in Zukunft in den Standort Brüssel investieren: unter anderem in eine neuen Sicherheitszentrale sowie in neue Logistikflächen, die kürzere Wege in der Fertigung garantieren.