Mit dem HydroGen4 präsentiert GM die nunmehr 4. Generation seiner Brennstoffzellen-Technologie. "Der Brennstoffzellen-Antrieb mit Wasserstoff als Kraftstoff steht für das Bekenntnis von General Motors, das Automobil aus der Umweltdebatte herauszuführen und unsere Abhängigkeit vom Erdöl zu reduzieren", so Carl-Peter Forster, Präsident von General Motors Europe. "Der HydroGen4 wird vom fortschrittlichsten Brennstoffzellen-System von GM angetrieben und markiert einen wichtigen Meilenstein auf dem Weg zu einer völlig emissionsfreien, wettbewerbsfähigen Brennstoffzellen-Technologie im Automobil. Gegenüber seinem Vorgänger hat der HydroGen4 weiter deutlich an Alltagstauglichkeit, Dynamik und Systemhaltbarkeit gewonnen."
Auch organisatorisch geht die Brennstoffzellen-Entwicklung bei GM in ein neues Zeitalter: "Aktuell wird der Forschungsbereich Fuel Cell Activities (FCA) mit seinen über 600 Mitarbeitern in die reguläre Serienentwicklung integriert und erhält damit eine zentrale Bedeutung innerhalb des Konzerns", unterstreicht Forster. "Damit bereiten wir uns auf die Serienproduktion der Brennstoffzellen-Technologie vor." Mehr als 400 Ingenieure werden jetzt innerhalb der Powertrain-Organisation die Entwicklung vorantreiben, 100 weitere wechseln in die weltweite Produktentwicklung und beginnen damit, Brennstoffzellen in kommende GM-Modelle zu integrieren.
Mehr als 100 Fahrzeuge der vierten Generation vor weltweitem Einsatz
Der GM HydroGen4 ist die europäische Version des Chevrolet Equinox Fuel Cell und damit ein seriennaher Prototyp auf Basis dieses in Nordamerika populären Fahrzeugs. Noch im Herbst 2007 werden in den USA die ersten dieser Brennstoffzellen-Autos - weltweit ist eine Flotte von mehr als 100 Exemplaren geplant - auf die Straße gebracht. Damit startet ein umfangreiches Test- und Demonstrationsprogramm mit den Namen "Project Driveway". Die Fahrzeuge werden in Kundenhand gegeben, um umfangreiche Erkenntnisse zu allen Aspekten der Fahrzeugnutzung und der Betankung mit Wasserstoff zu erlangen, um diese in die Weiterentwicklung einzubringen. Ab Mitte des nächsten Jahres nehmen dann insgesamt 10 HydroGen4 an der Alltagserprobung im Rahmen der Clean Energy Partnership (CEP) in Berlin teil. In dieser zweiten Phase der CEP werden verschiedene Kunden mit wechselnden Fahrern die Brennstoffzellen-Fahrzeuge, die sich dann unter ganz unterschiedlichen Fahrprofilen bewähren müssen, Tag für Tag einsetzen.
Der Brennstoffzellen-Stapel (Stack) des HydroGen4 besteht aus 440 in Reihe geschalteten Zellen. Das Gesamtsystem erzielt so eine elektrische Leistung von bis zu 93 kW. Mit Hilfe des 73 kW (100 PS) starken Synchron-Elektromotors ist damit eine Beschleunigung aus dem Stand auf Tempo 100 in rund zwölf Sekunden möglich. Die Höchstgeschwindigkeit des Fronttrieblers liegt bei rund 160 km/h.
Ausgelegt wurde der HydroGen4 für eine Lebensdauer von zweieinhalb Jahren beziehungsweise 80.000 Kilometern. Und er lässt sich bei Temperaturen unter dem Gefrierpunkt starten und betreiben eine wesentliche Neuerung gegenüber dem Vorgänger HydroGen3 und eine wichtige Eigenschaft in Hinsicht auf die Alltagstauglichkeit von Brennstoffzellen-Fahrzeugen. Ermöglicht wurde dies durch eine intelligente Kombination aus Maßnahmen zur Wärmeisolierung, zum Wassermanagement und zur Betriebsstrategie. Dabei verfügt der Viersitzer über das Komfort- und Platzangebot sowie das hohe Sicherheitsniveau eines konventionellen Autos von heute. Fahrer- und Beifahrer-Airbags und Seitenairbags gehören ebenso zur Ausstattung wie ABS, Traktionskontrolle und ESP.
4,2 kg Druckwasserstoff erlauben eine Reichweite von bis zu 320 km
Bei der Entwicklung des HydroGen4 konnten die Ingenieure und Wissenschaftler der GM-Brennstoffzellen-Zentren in Honeoye Falls (US-Bundesstaat New York), Torrance (Kalifornien) und Mainz-Kastel (Deutschland) auf eine Vielzahl von Erkenntnissen und Erfahrungen zurückgreifen, die bei der ausführlichen und harten Praxiserprobung des 2002 vorgestellten Vorgängers gesammelt wurden (siehe entsprechendes Kapitel).
Beispiel Tanksystem: Während beim HydroGen 3 noch zweigleisig gefahren wurde und ein Teil der Versuchsträger mit tiefgekühltem flüssigen (−253°C) und ein anderer mit komprimierten Wasserstoff betrieben wurde, ist nun die Entscheidung für gasförmigen Wasserstoff gefallen. "Hauptgrund dafür sind die unvermeidlichen Abdampfverluste bei Flüssigwasserstoff", erläutert Dr. Udo Winter, Direktor GME Fuel Cell Activities. "Auch bei bester Isolierung erwärmt sich der Tankinhalt langsam, so dass flüssiger Wasserstoff verdampft und der Druck im Tanksystem ansteigt. Nach wenigen Tagen muss gasförmiger Wasserstoff aus dem parkenden Fahrzeug abgegeben werden. Man verliert also Kraftstoff. Beim Drucktank gibt es solche Abdampfverluste hingegen nicht."
Der HydroGen4 besitzt ein Tanksystem mit drei 700-bar-Hochdrucktanks aus Kohlefaserverbundwerkstoff, das eine Gesamtmenge von 4,2 Kilogramm Wasserstoff aufnehmen kann. Damit ist eine Reichweite von bis zu 320 Kilometern möglich.
Pufferbatterie ermöglicht regeneratives Bremsen
Außerdem verfügt der neue Brennstoffzellen-Antrieb über eine Pufferbatterie in Nickel-Metallhydrid-Technologie mit einem Energieinhalt von 1,8 kWh. Der Energiespeicher sorgt für verbesserte Fahrleistungen und deckt Leistungsspitzen des Antriebs ab. Darüber hinaus wird der Wirkungsgrad des gesamten Antriebs verbessert, da durch die Pufferbatterie beim HydroGen4 regeneratives Bremsen ermöglicht wird. Beim Bremsen oder im Schubbetrieb schaltet dabei der Elektromotor auf Generatorbetrieb um und nutzt die beim Verzögern entstehende elektrische Energie, um die Batterie zu laden.
Muss der Fahrer stärker bremsen, wird zusätzlich - wie beim konventionellen Auto - hydraulisch verzögert. "Brake Blending" heißt diese Mischung von regenerativer und hydraulischer Bremsleistung, die immer dann erForderlich wird, wenn die benötigte Verzögerung die maximale regenerative Bremsleistung übersteigt, die von der Generatorgröße und der Leistungsaufnahme der Batterie bestimmt ist - oder beim Eingriff von Fahrstabilitätsprogrammen wie ABS und ESP.
Bereiche wie Batterietechnologie und Bremstechnik sind darüber hinaus auch wichtige Bindeglieder zur neuartigen E-Flex-Architektur für elektrisch angetriebene Fahrzeuge, an der der Konzern parallel arbeitet.
Elektrischer Turbokompressor versorgt Brennstoffzelle mit Luft
Das Herz des HydroGen4 ist sein Brennstoffzellen-Stack. In seinen Zellen reagieren Wasserstoff und Sauerstoff räumlich getrennt in einem elektrochemischen Prozess mit Hilfe eines Katalysators zu Wasser. Dieser Prozess läuft im Einzelnen in folgender Weise ab: Wird die mit einem Katalysator beschichtete Anode mit Wasserstoff umspült, werden diesem die Elektronen (negative Ladungen) entzogen. Die positiv geladenen Wasserstoff-Ionen, die Protonen, wandern durch den Elektrolyten, das heißt durch die Membran, in Richtung Kathode und verbinden sich dort mit Luftsauerstoff zu Wasser. Die Elektronen, die an der Anode entstehen, können auf ihrem Weg zur Kathode elektrische Arbeit leisten. In größerer Anzahl zu einem Stapel in Reihe geschaltete Einzelzellen generieren auf diese Weise genügend Leistung für den Antrieb eines Elektromotors.
Aus Gründen eines besseren Packagings, d.h. der optimalen Aufteilung der einzelnen Komponenten im Fahrzeug, sind diese einzelnen Zellen anders als beim Vorgänger nicht senkrecht, sondern waagerecht aufeinander geschichtet. Im Vergleich zum HydroGen3 wurden beim HydroGen4 auch die Gaszuführungen zum Stack geändert: Auf der Kathodenseite kommt statt des Schraubenverdichters ein elektrischer Turbokompressor zum Einsatz, der die Brennstoffzelle mit Luft versorgt und Vorteile hinsichtlich Wirkungsgrad und Geräuschentwicklung bietet.
Erste große Bewährungsprobe Zweite Phase der Clean Energy Partnership (CEP) mit Brennstoffzellen-Autos
Mit insgesamt 10 HydroGen4 wird General Motors 2008 als Mitglied der Clean Energy Partnership (CEP) in Berlin an der zweiten Phase der Alltagserprobung von Brennstoffzellen-Fahrzeugen teilnehmen. Wie schon beim Vorgänger HydroGen3, den das schwedische Möbelhaus Ikea in der deutschen Hauptstadt seit Juni 2005 als Kundendienstfahrzeug einsetzt, werden sich die GM-Brennstoffzellenfahrzeuge der vierten Technologie-Generation dann Tag für Tag im Alltagsverkehr bewähren müssen.
Mit Beginn der deutlich ausgeweiteten zweiten Phase der CEP wird es auch notwendig werden, die beiden Berliner Wasserstoff-Tankstellen zu modifizieren, um den GM HydroGen4 mit gasförmigem Wasserstoff unter 700 bar Druck betanken zu können. Gefördert werden sollen die im Rahmen der CEP laufenden Fahrzeuge durch das Nationale Innovationsprogramm Wasserstoff- und Brennstoffzellentechnologie (NIP).
Auf Basis des gemeinsam mit der Industrie bereits ausgearbeiteten Nationalen Entwicklungsplans stellt die Bundesregierung in diesem Programm über einen Zeitraum von 10 Jahren insgesamt 500 Millionen Euro an öffentlichen Geldern mit dem Ziel zur Verfügung, den Übergang zu einer nachhaltigen Energieversorgung voranzutreiben. Wasserstoff als klimaneutraler Sekundärenergieträger und Brennstoffzellen als Effizienztechnologie mit besonders hohen Wirkungsgraden wurden als Kernelemente einer solchen zukunftsweisenden Energieversorgung identifiziert.
Bereits im September 2006 hatten sich maßgebliche Firmen der Automobil- und Energieindustrie in einem gemeinsamen Positionspapier auf die nächsten Schritte zum Aufbau einer Wasserstoff-Infrastruktur und zur Kommerzialisierung von Wasserstoff-Fahrzeugen geeinigt. Der Drei-Stufen-Plan hat die folgenden Schwerpunkte:
- Phase I (bis 2010): Technologie-Entwicklung und Kostenreduktion
- Phase II (von 2010 bis etwa 2015): Vorwettbewerbliche Weiterentwicklung der Technologie und Vorbereitung der Markteinführung
- Phase III (etwa ab 2015): Kommerzialisierung
Die am Positionspapier beteiligten Firmen sehen es als notwendigen Schritt für die kommenden Jahre an, die in Europa zur Verfügung stehenden Wasserstoff-Fahrzeuge in einer Pilotregion zu bündeln. Nur so können die erForderlichen Erkenntnisse aus dem Zusammenspiel von Fahrzeugen und Infrastruktur auf effektive Weise gewonnen und umgesetzt werden. Bei der Entscheidung für den Standort eines solchen ersten europäischen "Leuchtturm"-Demonstrationsprojekts für Pkw und Stadtbusse fiel die Wahl auf die deutsche Hauptstadt, da Berlin die geForderten technischen, gesetzlichen und politischen Rahmenbedingungen in besonderer Weise erfüllt.