Geschwindigkeit und Präzision sind wesentliche Faktoren beim Bau des neuen Renault R24. Um den Prozess so schlank und effizient wie möglich zu halten und Teile mit höchster Genauigkeit zu fertigen, wird das erste Monocoque, das den Autoklaven in Enstone verlässt, nicht als Rennchassis, sondern als 1:1-Replika benutzt.
Ian Pearce ist verantwortlich für alle Vormontage-Tätigkeiten bei Renault F1 Großbritannien und überwacht jeden Schritt eines komplizierten Prozesses: Die Fertigungsmechaniker bauen von allen Teilen, die später einmal den R24 bilden, Modelle in Originalgröße. "Wir produzieren wirklich von jedem Teil einen Dummy - bis auf Dreieckslenker, Karosserie und Kraftstoffsystem, die gesondert gefertigt werden", erklärt Ian. "Als Material verwenden wir Kohlefaser, Holz, Metalle und sogar stereolythographische Kunstharz-Modelle. Ungefähr die Hälfte aller provisorischen Teile besteht daraus. Bei der Materialauswahl ist entscheidend, dass wir das betreffende Teil zu 100 Prozent exakt nach- oder besser vorbilden können."
Warum der aufwändige Modellbau?
Dieser scheinbar aufwändigere Weg sorgt dafür, dass die Mechaniker zur selben Zeit die "echten" Monocoques für die Vorsaisontests aufbauen können, ohne Zeit für die "Anprobe" neuer Teile opfern zu müssen. Die werden stattdessen am Dummy probiert, der als "Schneiderpuppe" herhalten muss.
"Aber es gibt noch viele weitere gute Gründe für dieses Vorgehen", fährt Ian fort. "Zunächst müssen wir sicherstellen, dass alle Komponenten perfekt zusammenpassen. Wenn das gewährleistet ist, schneiden wir Verkabelungen, Leitungen und Rohre auf die richtige Länge zu. Solche Elemente herzustellen, dauert oft ziemlich lange. Deswegen ist es von höchster Bedeutung, sie optimal anzupassen. In einem Rennwagen darf kein Platz verschenkt werden. Alles sitzt eng aufeinander und das bedeutet, dass wir unglaublich kleine Fertigungstoleranzen einhalten müssen." Das Dummy-Monocoque stammt übrigens aus denselben Formen wie die späteren Renn-Chassis. Der einzige Unterschied: Es besteht aus einem weniger feinen Karbonmaterial, das einfacher zu verarbeiten ist und damit Zeit spart.
Montage der Teile
Wenn die Monocoque-Replika bereitsteht, wird sie auf einer Vierachsen-Messplattform befestigt. Deren Maße dienen als Null- oder Bezugspunkt. Alle nun aus der Konstruktionsabeilung angelieferten Zeichnungen beziehen sich auf diese Referenz. "Am wichtigsten ist es, die untere Hälfte des Monocoques fertigzustellen", erläutert Ian. "Um einen möglichst niedrigen Schwerpunkt zu erzielen, sind dort die meisten Komponenten untergebracht. Wir erhalten nun jede Woche mehr neue Teile aus der Prototypen-Fertigung, die wir am Modell zusammensetzen müssen. In der zweiten Phase passen wir den Motor an die untere Monocoque-Hälfte an. Wenn wir die obere Hälfte bekommen, verkleben wir die beiden Teile nicht sofort, denn es ist wichtig, dass wir das Monocoque jederzeit wieder aufmachen können, um falls nötig, Korrekturen an einzelnen Teilen vorzunehmen."
Hilfreiches Werkzeug über die gesamte Saison
Trotz aller Hightech in der Formel 1: Manchmal liegt ein Maß leicht daneben - auch wenn das zum Glück äußerst selten vorkommt. Durch die Verwendung des Modells können solche Probleme frühzeitig erkannt und beseitigt werden. Selbst die Fahrer benutzen den Dummy zum Anpassen ihrer Sitze und der Position im Cockpit. Jonathan Wheatley. Chefmechaniker des Renault F1-Teams, beobachtet das Anpassen der Teile ebenfalls sehr wachsam, denn er will sicherstellen, dass bestimmte Komponenten leicht erreichbar sind, falls sie in der Hektik eines Rennwochenendes plötzlich ausgetauscht werden müssen. Das Chassis-Modell ist üblicherweise etwa einen Monat vor dem Bau des ersten "echten" Monocoques fertiggestellt. Der diesjährige Dummy wird sogar über die komplette Saison zu Ehen kommen: Alle Entwicklungsteile werden zunächst an dem 1:1-Modell angepasst - ein neuer Schritt zu noch mehr Effizienz.