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Jarno Trulli: Mein Rennen auf dem NürburgringLustig, wie sich viele Dinge innerhalb nur einer Woche verändern können! Den vierten Platz beim Großen Preis von Europa sehe ich durchaus als gutes Ergebnis an, da für mich ja um ein Haar bereits in der ersten Kurve alles vorbei gewesen wäre. Doch ich konnte – wie in der bisherigen Saison bei noch jedem Rennen – erneut WM-Punkte mit nach Hause nehmen. In der Fahrer-Wertung liege ich nun auf dem vierten Rang, nur zwei Zähler hinter meinem Teamkollegen Fernando Alonso. Und was noch viel besser ist: Das Renault F1-Team konnte seinen Vorsprung auf den Drittplatzierten der Konstrukteurs-Tabelle weiter ausbauen. Wir haben also allen Grund, zufrieden zu sein – auch wenn das Nürburgring-Rennen nicht unsere beste Vorstellung in diesem Jahr war. Bereits nach den ersten freien Trainingssitzungen am Freitag wurde uns klar, dass wir es schwieriger haben würden als noch in Monaco kaum eine Woche zuvor. Trotz strahlendem Sonnenschein blieb es ziemlich kühl, die Strecke bot kaum Grip, und auch die Balance unserer Renault R24 ließ noch zu wünschen übrig. Dennoch reichte es für mich zur fünftschnellsten Rundenzeit, und wir stellten erleichtert fest, dass auch die anderen Teams mit vergleichbaren Schwierigkeiten kämpften wie wir. Dennoch haben wir in der Nacht auf Samstag das Setup meines Autos ziemlich drastisch geändert, um Verbesserungen zu erreichen. Das erste freie Samstags-Training lief dann schon deutlich besser. Uns gelangen in allen Bereichen zügig Fortschritte. Für gewöhnlich gehe ich am Ende einer jeden Testeinheit noch einmal mit neuen Michelin-Pneus auf die Strecke und drehe eine schnelle Runde, um das Potenzial meines Renault auf die Probe zu stellen. Auf dem Nürburgring musste ich darauf verzichten: Ein Kabel hatte sich blankgescheuert und verursachte Fehlzündungen des Motors. Lange Zeit sah es so aus, als könnte ich nicht einmal zum Pre-Qualifying starten – doch meine Mechaniker vollbrachten erneut wahre Wunder. Das Auto wurde auf die Sekunde fertig, eine wirklich unglaubliche Leistung. Ich habe später behauptet, die Mechaniker von Renault wären die besten in der Boxengasse – und dabei bleibe ich! Als Sieger des vorangegangenen Grand Prix in Monaco musste ich das Pre-Qualifying eröffnen – und die Streckenbedingungen entpuppten sich als ziemlich schlecht. Es lag so viel Schmutz auf dem Asphalt, dass ich sehr vorsichtig agieren musste. Deswegen durfte ich auch für das eigentliche Qualifying sehr früh rausfahren. Dennoch ist mir eine richtig gute, fast fehlerfreie Runde gelungen. Da wir uns für den ersten Rennabschnitt zu einer aggressiven Strategie durchgerungen haben, gelang mir der Sprung auf den dritten Startplatz – und das hat mich definitiv sehr überrascht. Fernando war, obwohl kaum langsamer, Sechster. Die Ausgangspositionen für den Großen Preis von Europa klangen viel versprechend. Mein Start klappte einmal mehr hervorragend. Ich hatte Takuma Sato bereits überholt und duellierte mich mit Michael Schumacher um die Vorfahrt in der ersten Kurve, als ich plötzlich den Japaner heranstürmen sah – ich konnte ihm nur noch aus dem Weg gehen, sonst wäre mein Rennen bereits an Ort und Stelle beendet gewesen. Also war ich wieder Dritter, als Taku nur wenige Meter später der nächste Fehler unterlief. Ich entschied mich für die innere Linie in Kurve vier, um ihn zu überholen, doch er zog gnadenlos herüber. Sein rechtes Hinterrad touchierte mein linkes vorderes so hart, dass es mir fast das Lenkrad aus der Hand geschlagen hätte. Dabei muss ich wohl den Schalter für den Boxengassen-Tempobegrenzer berührt haben – worauf mein Auto kurzfristig nur noch 80 km/h fuhr und ich vier weitere Positionen einbüßte. Doch das Schlimmste war: Ich fiel daraufhin hinter Kimi Räikkönen zurück, der uns fortan sehr aufhalten sollte. Als ich nach meinem ersten Tankstopp wieder auf die Strecke pfeilte, bremsten mich erneut langsamere Teilnehmer ein, die sich für eine Zweistopp-Strategie entschlossen hatten. Obwohl ich schneller hätte fahren können: Überholen war nicht möglich. Also musste ich mich in Geduld üben und darauf warten, bis auch sie in Richtung Tankstelle abbogen. Als Fernando Alonso in der Kurve vier kurz neben der Strecke war, rückte ich einen weiteren Platz auf. Bis zum Ende des Rennens habe ich dann noch einmal richtig attackiert. Die Balance meines Renault machte mir große Freude, nachdem ich beim ersten Reifenwechsel den Anlenkwinkel des Frontflügels noch einmal modifizieren ließ. Nicht zuletzt auch dank einiger Ausfälle rückte ich in der Gesamtwertung immer weiter nach vorne. Vielleicht wäre mein Grand Prix ohne den Tumult in der ersten Kurve noch erfreulicher ausgegangen, doch Platz vier ist angesichts meiner Ausgangsposition auch ein gutes Ergebnis. Viel wichtiger ist jedoch: Das Renault F1-Team konnte seine Situation in der Konstrukteurs-Weltmeisterschaft am Nürburgring weiter verbessern. Und genau darauf kommt es an. |
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