Diesen Artikel drucken HTML-Format: https://www.autosieger.de/gp-brasilien-vorschau-des-mild-seven-renault-f1-teams-article3936.html Thema: Motorsport |
GP Brasilien: Vorschau des Mild Seven Renault F1-Teams- Fernando Alonso - Fernando, was hast du dir für den letzten Grand Prix der diesjährigen Saison vorgenommen? FA: Ich denke, wir werden in Brasilien sehr schnell sein. Die Strecke verlangt nach einem Rennwagen mit einer hohen aerodynamischen Effizienz, denn wir gehen dort mit sehr wenig Downforce an den Start. Dies bedeutet auch, dass besonders gute mechanische Traktion in den langsamen Kurven des mittleren Sektors gefragt ist. Das gilt insbesondere für die letzte Kurve vor der langen Start-Ziel-Geraden, denn dort musst du viel Schwung mitnehmen, damit du an ihrem Ende nicht ausgebremst wirst. Und genau dieses Anforderungsprofil erfüllt unser Renault R24 optimal. Zudem führen wir selbst für das Finalrennen noch einmal neue Entwicklungen ein, die unsere Performance verbessern sollten. Wir haben also allen Grund, optimistisch nach Südamerika zu reisen. Welche Herausforderungen warten in Brasilien noch auf dich? FA: Dann willst du die Saison also stilvoll zu Ende bringen? FA: - Jacques Villeneuve - Mit welcher Einstellung gehst du in das Saisonfinale? JV: Was kannst du in Interlagos erreichen? JV: - Bob Bells Saisonanalyse: "Schwierig, aber erfolgreich" - Bob, zunächst ein Blick voraus: Was erwartest du beim letzten Saisonrennen in Interlagos? Bob Bell: In den zurückliegenden Rennen sah es so aus, als habe das Team den Anschluss verloren. Wie reagiert ihr darauf? Bob Bell: Der Renault R24 hat den Ruf, er sei schwieriger zu fahren als sein Vorgänger… Bob Bell: Wie sahen die Stärken und Schwächen des Pakets R24-RS24 aus? Bob Bell: Wie sieht vor diesem Hintergrund dein Saisonfazit aus? Bob Bell: Der Grand Prix von Brasilien aus der Sicht des Technischen Direktors Pat Symonds Wenn wir Ingenieure zu einem uns bereits bekannten Grand Prix-Kurs reisen, dann haben wir uns mit ziemlich vielen Daten aus den Vorjahren gewappnet, um die Performance unserer Rennwagen und das Set-up optimal vorzubereiten. Wir besitzen von vornherein eine genaue Idee, welche Faktoren sich in den drei Sektoren der Strecke auf welche Weise auf das Auto auswirken. Sicherlich behalten wir stets eine Vielzahl unterschiedlicher Parameter im Blick, doch im Großen und Ganzen geht es um vier Bereiche: aerodynamischen Abtrieb, Luftwiderstand, Traktion und Motorleistung. Betrachten wir den Formel 1-Kurs von Interlagos. Er besteht aus zwei Sektoren, die sich mit der langen Start-Ziel-Geraden und wenigen Kurven sehr ähneln. Im Gegensatz dazu geht es im mittleren Abschnitt – der gut die Hälfte der Rundenzeit ausmacht – deutlich enger zu. Sektor 1 beginnt auf der Start-Ziel-Linie und umfasst drei Kurven. Die erste passieren unsere Autos im zweiten Gang und mit gut 95 km/h, die zweite verträgt schon 160 km/h und geht im dritten Gang, während unsere Renault R24 ausgangs der dritten Kurve bereits mit 240 km/h auf die kurze Gegengerade einbiegen. Dort beginnt der zweite Sektor, der acht der insgesamt zwölf Richtungswechsel von Interlagos aufweist. Verträgt Kurve 5 rund 240 km/h, so bremsen Fernando und Jacques für Kurve 10 bis auf 80 km/h herunter. Der Schlussabschnitt beginnt nach Kurve 11. Er weist im Prinzip nur eine einzige Ecke auf: Kurve 12, die gut 110 km/h verträgt. Von dort aus geht es bergauf durch einige Vollgas-Linkskurven wieder auf die Start-Ziel-Gerade. Das Interlagos-Set-up verlangt einen schwierig zu findenden Kompromiss aus optimaler Rundenzeit und hohem Tempo auf der langen Geraden, um an deren Ende andere Teilnehmer überholen zu können beziehungsweise keine Positionen einzubüßen. Dies verlangt eine Höchstgeschwindigkeit von rund 320 km/h. Jede Veränderung dieser Vmax wirkt sich unmittelbar auf die Rundenzeit aus, was wir anhand unserer Daten bereits im Vorfeld kalkulieren können. Zwei Extrembeispiele: Wenn wir die Höchstgeschwindigkeit auf der Geraden durch größeren aerodynamischen Abtrieb und davon verursachten höheren Luftwiderstand um fünf bis acht km/h reduzieren, verlieren wir in puncto Rundenzeit allenfalls wenige Tausendstelsekunden. Interessant ist jedoch, wo diese Zeit verloren geht: 0,06 Sekunden büßen wir im ersten, 0,15 Sekunden im dritten Sektor ein, während im kurvenreichen mittleren Abschnitt 0,2 Sekunden wieder aufgeholt werden. Reduzieren wir den Anstellwinkel der Flügel und Spoiler, um auf der Geraden zehn km/h schneller zu werden, verlieren wir pro Runde 0,25 Sekunden – davon 0,005 Sekunden im ersten und 0,4 Sekunden im zweiten Sektor, während im dritten Abschnitt ein Plus von 0,15 Sekunden herausspringt. Ergo: Weniger Abtrieb bringt Geschwindigkeits-Vorteile in den Sektoren eins und drei, wird im kurvigen zweiten Abschnitt jedoch hart bestraft. Die genaue Analyse der unterschiedlichen Anforderungen, die die verschiedenen Sektoren des „Autodromo Carlos Pace“ verlangen, macht klar: Mehr Grip zahlt sich insbesondere im zweiten Sektor besonders aus. Eine theoretische Verbesserung um fünf Prozent – was mehr wäre, als sich durch den Griff zur weicheren der beiden zur Verfügung stehenden Rennreifen-Typen von Michelin erzielen ließe – würde die Rundenzeit um 1,25 Sekunden verbessern. 60 Prozent dieser Zeitersparnis, also 0,75 Sekunden, stellt sich im zweiten Sektor ein – dreimal so viel wie jeweils im ersten und dritten Streckenabschnitt. Fünf Prozent mehr Motorleistung hingegen, also rund 45 PS mehr, würden sich nur im ersten und dritten Sektor mit jeweils 0,2 Sekunden markant auswirkenWarum sind diese Zahlenspiele für uns Ingenieure während des Rennwochenendes so wichtig? Weil wir damit eine Grundlage besitzen, um die Performance unserer eigenen Monoposto mit jener der Konkurrenz zu vergleichen – sowohl, was die Höchstgeschwindigkeiten betrifft, als auch die gefahrenen Zeiten in den einzelnen Sektoren. So erhalten wir eine Idee davon, wer mit welcher aerodynamischen Abstimmung und welchem Set-up in den Grand Prix starten wird. Auch hier ein Beispiel: Wenn unsere Fahrer im zweiten Sektor extrem schnell sind, nicht aber in den Abschnitten eins und drei, und auch unser Topspeed am Ende der Geraden zu wünschen übrig lässt, dann haben wir uns für eine Abstimmung mit zu viel Abtrieb entschieden. Stimmen die Geschwindigkeiten und auch die Rundenzeiten, dann waren wir vermutlich mit weniger Treibstoffladung an Bord unterwegs als unsere Rivalen. Unsere Datenbank dient für uns als eine Art Referenz. Nur mit ihr sind wir in der Lage, die richtigen Entscheidungen zu treffen, um ein möglichst konkurrenzfähiges und fahrbares Set-up zu finden. Der Große Preis von Brasilien aus der Sicht von Motoreningenieur Denis Chevrier Für uns Motorenbauer ist die erste wichtige Information zum Grand Prix-Kurs von Interlagos: Die Anlage liegt rund 700 Meter über Meeresspiegel – und damit reduziert sich der atmosphärische Luftdruck von gut 1000 Millibar auf etwa 920. Dies bedeutet für Saugmotoren automatisch einen Leistungsverlust, denn pro vorgegebenem Luftvolumen sinkt dadurch der Anteil des Sauerstoffs, der wiederum für die Verbrennung innerhalb der Zylinder von maßgeblicher Bedeutung ist. In Zahlen ausgedrückt: In Interlagos büßen wir rund acht Prozent Motorleistung ein. Auch die hohe Luftfeuchtigkeit, die auf dem "Autodromo Carlos Pace" oftmals herrscht, wirkt sich negativ auf die Kraftentfaltung aus. Was das Strecken-Layout betrifft: Wirklich langsame Kurven stehen uns in Brasilien nicht bevor. Das untere Limit markiert Kurve 10, die rund 80 km/h verträgt. Dies bedeutet für uns, dass unsere Motoren nicht mit ganz niedrigen Drehzahlen operieren müssen. Dafür kommt es speziell im Geschwindigkeitsbereich zwischen 80 und 220 km/h auf einen optimalen Drehmomentverlauf an, damit die Autos aus den vielen engeren Ecken im zweiten Strecken-Sektor effizient herausbeschleunigen können. Dazu kommt, dass die Monoposto schnelle Richtungswechsel auch unter voller Beschleunigung leisten können. Ein Zehnzylinder, der unmittelbar und gut berechenbar auf Gaspedal-Befehle reagiert, ist aus diesem Grunde ein großer Vorteil. Eine gleichmäßige Leistungsentfaltung unterstützt die Balance. Für schnelle Rundenzeiten kommt es zudem darauf an, dass die Drehmoment-Entwicklung gut mit der vorhandenen Traktion harmoniert – in Kurve 12 spielt dieser Faktor eine besonders große Rolle. Die Asphalt-Beschaffenheit in Interlagos unterstützt uns dabei nicht über Gebühr, denn die Strecke erweist sich Jahr für Jahr als überaus wellig und uneben. Dies stellt nicht nur die Fahrer beim Anbremsen von Kurven vor Probleme, da es das Fahrzeug destabilisiert. Auf den Bodenunebenheiten können auch die angetriebenen Hinterreifen unter voller Beschleunigung immer wieder leicht durchdrehen – dies multipliziert den Verschleiß der Pneus, kann aber auch zu unerwünschten Drehzahlspitzen führen. Darum kommt es in Brasilien sehr darauf an, dass die Drehzahlbegrenzer effizient funktionieren, um auf dieser Seite keine Schwierigkeiten mit der Zuverlässigkeit zu bekommen.Zu guter Letzt führen die zahlreichen besonders schnellen Kurven in Kombination mit der Höhenlage, der reduzierten Motorleistung und der vergleichsweise kurzen Rundenlänge zu einem relativ geringen Verbrauch von 2,4 kg Benzin pro Runde. Auch der Zeitnachteil pro zehn Kilogramm Treibstoff an Bord hält sich mit 0,27 Sekunden in Grenzen, denn im Saisondurchschnitt beträgt er 0,37 Sekunden. Test-Report: Jerez, 12. bis 14. Oktober Franck Montagny absolvierte für das Renault F1-Team drei Testtage am Stück, während sich am Steuer des zweiten Renault R24 Heikki Kovalainen, Jacques Villeneuve und Fernando Alonso für jeweils einen Tag ablösten. Das Mild Seven Renault F1-Team hat seine letzten Testfahrten für die Saison 2004 im spanischen Jerez abgeschlossen. Während Ersatzfahrer Franck Montagny an allen drei Tagen zum Einsatz kam, wechselten sich im zweiten Renault R24 Nachwuchstalent Heikki Kovalainen und die beiden Einsatzpiloten Jacques Villeneuve und Fernando Alonso ab. Chassis-Entwicklung 1. Tag: Montagny konzentrierte sich auf die Abstimmung des Set-ups mit besonderem Schwerpunkt auf der Fahrbarkeit des Autos. Kovalainen beschäftigte sich mit elektronischen Systemen, die in der Saison 2005 zum Einsatz kommen könnten. 2. Tag: Montagny probierte diverse aerodynamische Neuentwicklung für die kommende Saison aus. Jacques Villeneuve arbeitete am generellen Set-up für den Großen Preis von Brasilien. Getriebeprobleme beeinflussten das Testprogramm des Kanadiers. 3. Tag: Während Montagny sich um Set-up- und Software-Entwicklungen kümmerte, sortierte Fernando Alonso Fahrwerks-Einstellungen aus, die in Brasilien zum Einsatz kommen sollen. Reifen-Entwicklung In Jerez erhöhte das Renault F1-Testteam die diesjährige Fahrleistung auf mehr als 40.000 Kilometer. |
Autosieger.de - Das Automagazin |
https://www.autosieger.de
|