Formel 1: Toto Wolff gibt Vorschau auf den GP Brasilien
Toto Wolff blickt auf den 20. Lauf der Formel 1-Saison auf dem Autódromo José Carlos Pace in São Paulo (Brasilien) voraus.
Toto Wolff über Brasilien
In der vergangenen Woche hatten wir die Gelegenheit, die beiden WM-Titel mit allen Teammitgliedern in Brixworth und Brackley zu feiern, also den 1.500 Frauen und Männern, aus denen dieses fantastische Team besteht und die diesen außergewöhnlichen Erfolg überhaupt erst möglich gemacht haben. Das ist immer ein ganz besonderer Moment und in diesem Jahr umso mehr, da unser sechstes WM-Double in Folge eine neue Messlatte in unserem Sport gelegt hat. Aber trotz dieses Rekords spüre ich noch immer einen großen Hunger auf weitere Erfolge. Es gibt keine Selbstzufriedenheit, alle sind fest entschlossen, sich weiter zu verbessern. Es ist eine inspirierende Gruppe, die den Anspruch von Mercedes erfüllt, immer die Besten sein zu wollen.
Noch stehen zwei Rennen in diesem Jahr auf dem Programm und wir möchten die Saison positiv abschließen. Das nächste Rennwochenende führt uns nach Brasilien, woran wir aus dem Vorjahr noch schöne Erinnerungen haben, da wir dort nicht nur das Rennen, sondern auch die Konstrukteurs-Weltmeisterschaft gewonnen haben. Interlagos ist eine sehr kurze Strecke, weshalb das Qualifying eine besondere Herausforderung darstellt, weil die Abstände sehr gering ausfallen. Wir hatten seit der Sommerpause nicht das schnellste Auto am Samstag, aber wir konnten in Austin die Pole einfahren und wollen auch in São Paulo wieder um einen Startplatz in der ersten Reihe kämpfen.
Der Große Preis von Brasilien wird das erste Rennen seit 2013, bei dem ich nicht an der Strecke sein werde. Nachdem wir beide WM-Titel gewonnen haben, gibt mir das mehr Zeit, um mich in Europa anderen Themen zu widmen. Es ist großartig, dass ich das machen kann und weiß, dass das Team den Stern sowohl auf als auch abseits der Strecke bestmöglich vertreten wird.
Brasilien Grand Prix: Zahlen & Fakten
Strecke: Das Autódromo José Carlos Pace ist mit einer Länge von 4,309 km die drittkürzeste Strecke im Formel 1-Rennkalender - nur Monaco und Mexiko sind noch kürzer.
Rundenzeiten: In Interlagos erleben wir die zweitschnellsten Rundenzeiten der gesamten Saison. Derzeit liegt der Rundenrekord im Rennen bei 1:10.540 Minuten (erzielt von Valtteri in der Saison 2018), der absolute Rundenrekord liegt bei 1:07.281 Minuten (Lewis im Q3 2018). Nur in Spielberg sind die Rundenzeiten noch schneller.
Vollgasabschnitt: Im ersten und dritten Sektor werden mehr als 75% der Rundenzeit unter Volllast gefahren, im Mittelsektor sind es hingegen weniger als 50%. Vom Kurvenausgang in Kurve 12 bis zur Bremszone für Kurve 1 folgt ein 1,2 km langer Vollgasabschnitt und ein Anstieg um 40 Meter im Vergleich zum höchsten Punkt der Strecke.
Luftwiderstand: Im ersten und dritten Sektor kommt es auf niedrigen Luftwiderstand an, im Mittelsektor ist hingegen maximaler Abtrieb am schnellsten. In der Vergangenheit führte dieser Kompromiss in Interlagos zu einer Reihe an verschiedenen Abtriebs-Einstellungen an den Fahrzeugen. Aber seit der Einführung der zweiten DRS-Zone tendieren mehr Teams zu einem höheren Abtriebs-Niveau, da dies einen Rundenzeit-Vorteil im Qualifying verspricht.
Streckenhöhe: Die Strecke in Interlagos liegt 800 m über dem Meeresspiegel, womit sie der zweithöchste Kurs des Jahres ist - wobei das Autódromo Hermanos Rodríguez in 2.200 m Höhe deutlich höher gelegen ist.
Kurven: Das Anbremsen der ersten Kurve ist ungewöhnlich, da sie außen stark überhöht ist. Das führt häufig zu stehenden Vorderrädern, da die Strecke abfällt und das linke vordere Rad dadurch weniger belastet wird. Es ist jedoch eine der wenigen Kurven, in der man sich verbremsen kann, ohne Zeit zu verlieren. Da der Reifen nur wenig belastet wird, führt es normalerweise nicht zwangsläufig zu einem Bremsplatten.
Bremsen: Die Bremsen werden in Interlagos normalerweise nicht stark belastet, nur an fünf Stellen werden beim Bremsen mehr als 2G gemessen, davon ein starker Bremspunkt mit mehr als 4G für über 0,4 Sekunden.
Temperatur-Fenster: Eine der Herausforderungen für die Ingenieure auf dieser Strecke ist, den linken Vorderreifen im Temperatur-Fenster zu behalten. Vom Ausgang von Kurve 10 bis zum Eingang von Kurve 6 verrichtet er über eine Distanz von 3,5 km nur sehr wenig Arbeit und kühlt deswegen schnell ab.
Überholen: In Brasilien ist das Überholen einfacher als auf anderen Strecken, besonders seit der Einführung der zweiten DRS-Zone. Das Management der Batterie-Ladung kann beim Verteidigen der Position jedoch schwierig sein, da es zwischen den beiden längsten Geraden nur eine starke Bremszone gibt, in der Energie zurückgewonnen wird.
Wetter: Das Wetter kann am Rennwochenende wechselhaft und unbeständig sein. Es ist nicht ungewöhnlich, dass die Temperaturen sich vom Training bis zum Rennen um 30°C verändern. Dadurch ist es schwer vorherzusagen, wie sich die Reifen verhalten werden.
Aquaplaning: Der Regen kann in Brasilien eine besondere Herausforderung darstellen. Obwohl es Drainagen im Asphalt gibt, kann bei starkem Regen an mehreren Stellen Wasser über die Strecke rinnen.